Werbung per Briefpost
Beantwortet von Berater Marketing-Vertrieb Andreas Prass
Fragestellung
Guten Tag,
ich möchte an Unternehmen Werbung per Briefpost verschicken. Hierbei handelt es sich um einen persönlich gehaltenen Brief in dem ein Sachverhalt erläutert wird. Der Brief wird von mir handschriftlich adressiert, auf der Rückseite des Briefumschlages drücke ich unseren Firmenstempel auf. Der Brief wird aber von mir an eine bestimmte Person im Unternehmen adressiert, die Namen dieser Personen habe ich aus beruflichen Netzwerken (Xing/LinkedIn). Beispiel: Firma XY, Herr XY, Adresse
Ist das rechtlich unbedenklich?
Danke für eine Einschätzung Ihrerseits.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Berater Marketing-Vertrieb Andreas Prass
Sehr geehrter Ratsuchender,
tatsächlich stellen Sie hier eine berechtigte, aber auch nicht klar zu beantwortende Frage. Handelskammern (IHK) und auch Datenschutzbeauftragte der verschiedenen sozialen Netzwerken geben zu dem Themenkreis Ihrer Frage unterschiedliche und auch widersprüchliche Stellungnahmen ab.
Nahfolgend Informationen zu dem Thema und eine dringende Empfehlung:
Dieser Text ersetzt keine Rechtsberatung!
Als zentrale Pflicht wird über die DSGVO die sog. Rechenschaftspflicht eingeführt. Dies bedeutet, dass Unternehmen in der Lage sein müssen, gegenüber Aufsichtsbehörden nachzuweisen, dass sie alle Vorgaben des Datenschutzes einhalten. Hierzu gehören auch die Datenschutzgrundsätze:
Rechtmäßigkeit
Erarbeitung von Daten auf Basis einer Rechtsgrundlage (Einwilligung oder gesetzliche Ermächtigung)
Verarbeitung nach Treu und Glauben
Zweckgebundene und verhältnismäßige Datenverarbeitung, keine Verwendung verborgener Techniken
Transparenz
Keine „heimliche“ Verarbeitung, Gewährleistung der Wahrnehmung der Betroffenenrechte
Zweckbindung
Zweckfestlegung, d. h. Verarbeitung nur für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke.
Zweckbindung ieS: Verbot der Verarbeitung personenbezogener Daten in einer Weise, die mit dem Erhebungszweck nicht mehr zu vereinbaren ist.
Datenminimierung
Beschränkung auf das für den Zweck der Verarbeitung angemessene, sachlich relevante und notwendige Maß
Richtigkeit der Daten
Verbot der Erhebung oder Speicherung von falschen Daten
Gebot der Aktualisierung unrichtig gewordener Daten und
Gebot der Löschung oder Berichtigung solcher Daten.
Speicherbegrenzung
Konkretisiert Datensparsamkeit in zeitlicher Hinsicht, d. h. eine Speicherdauer ist auf das „unbedingt erforderliche Mindestmaß“ zu beschränken.
Regelmäßige Prüfung der Zweckerreichung!
Integrität und Vertraulichkeit
Schutz der Unversehrtheit der Daten
Schutz der Daten vor unbefugter Kenntnisnahme/Verarbeitung
Verarbeitung personenbezogener Daten für Werbung
Keine Detailregelung für Werbung.
Mit der DS-GVO fallen alle detaillierten Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) zur Verarbeitung personenbezogener Daten für werbliche Zwecke weg.
Werbung nach Interessenabwägung
Grundlage für die Beurteilung der Zulässigkeit von Werbung ist in Zukunft, abgesehen von einer Einwilligung, eine Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO. Ausgangspunkt für die zu treffende Abwägungsentscheidung ist Erwägungsgrund (ErwGr.) 47 DS-GVO, der u. a. ausführt: „Die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung kann als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden.“
Ferner gibt ErwGr. 47 DS-GVO im Rahmen der durchzuführenden Interessenabwägung vor, die „vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person“, die auf ihrer Beziehung zu dem Verantwortlichen beruhen, in den Abwägungsprozess einzubeziehen.
Wann diese Voraussetzungen vorliegen, ist derzeit noch nicht abschließend geklärt. Dem Working Paper der Art. 29 Datenschutzgruppe (WP 217, S. 51), das sich allerdings auf die Datenschutzrichtlinie 95/46/EG bezieht, können insoweit erste Interpretationshinweise entnommen werden.
Die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person werden bei Maßnahmen zur werblichen Ansprache maßgebend durch die Informationen nach Art. 13, 14 DS-GVO zu den Zwecken der Datenverarbeitung bestimmt werden.
Informiert der Verantwortliche transparent und umfassend über eine vorgesehene werbliche Nutzung der Daten, geht die Erwartung der betroffenen Person in aller Regel auch dahin, dass ihre Kundendaten entsprechend genutzt werden.
Insoweit ist im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass die von Werbung betroffenen Personen ein jederzeitiges und umfassendes Widerspruchsrecht haben (Art. 21 Abs. 2 DS-GV0), auf das sie ausdrücklich hinzuweisen sind (Art. 21 Abs. 4 DS-GVO). Der Werbewiderspruch hat nach Art. 21 Abs. 3 DS-GVO zur Folge, dass personenbezogene Daten für Werbezwecke nicht mehr verarbeitet, insbes. verwendet werden dürfen. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, ob die betroffene Person bereits Kunde des Verantwortlichen ist oder dessen Dienste nutzt (ErwGr. 47 DS-GVO). Ferner sind bei der Interessenabwägung auch die allgemeinen Grundsätze aus Art. 5 Abs. 1
DS-GVO zu berücksichtigen, also insbesondere:
• faire Verfahrensweise
• dem Verarbeitungszweck angemessen
• in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise (insbesondere Nennung der Quelle der Daten)
Diese Grundsätze sprechen jedenfalls dagegen, Profile zur werblichen Ansprache (Werbescores) zu erstellen, die z. B. Informationen aus sozialen Netzwerken berücksichtigen. Eingriffsintensivere Maßnahmen wie Profilbildung sprechen eher dafür, dass ein Interesse der betroffenen Person am Ausschluss der Datenverarbeitung überwiegt.
Unabhängig von der Interessenabwägung müssen die Informationspflichten nach den Art. 13, 14 DS- GVO eingehalten werden.
Ohne Einwilligung keine werbliche Nutzung besonderer Datenkategorien Art. 9 DS-GVO enthält keine Erlaubnisnorm für die Verarbeitung besonderer Kategorien personenberzogener Daten für Zwecke der Werbung. Dies ist nur bei Vorliegen einer ausdrücklichen Einwilligung der betroffenen Person zulässig.
Von Relevanz ist dies z. B. für Unternehmen und Berufe des Gesundheitswesens (Apotheken, Sanitätshäuser, Optiker, Orthopäden usw.).
Besondere Grenzen aus § 7 UWG
Auch nach neuem Recht wird die Interessenabwägung bei der Nutzung der Kontaktdaten von Verbrauchern für Telefon- und Faxwerbung dazu führen, dass diese weiterhin nur mit einer vorherigen ausdrücklichen Einwilligung erlaubt ist. Alles andere wäre im Hinblick auf die klaren Regelungen in § 7 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) mit den vernünftigen Erwartungen der Betroffenen (ErwGr. 47 DS-GVO) nicht zu vereinbaren. Ebenso ist eine Kontaktdatennutzung für E-Mail- und SMS-Werbung außerhalb einer Einwilligung nur im Fall der Eigenwerbung bei Bestandskunden unter den Maßgaben von § 7 Abs. 3 UWG zulässig.
Im Übrigen bleibt abzuwarten, inwieweit die geplante neue ePrivacy-Verordnung im Bereich der elektronischen Werbung konkrete Regelungen für werbliche Ansprachen enthalten wird.
Fortgeltung von Einwilligungen
Bisher erteilte Einwilligungen wirken nach Erwägungsgrund 171 der DS-GVO fort, sofern sie der Art nach den Bedingungen der Datenschutz- Grundverordnung entsprechen. Die im Wirtschafts- leben EU-weit vorhandenen Einwilligungen sind auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen. Dabei ist u.a. von Bedeutung, ob auf Grundlage der neuen Anforderungen nach Art. 7 Abs. 4 der DS-GVO eine frei- willige Erklärung abgegeben und dass die Alters- grenze für die Einwilligungsfähigkeit bei Inanspruchnahme von Diensten der Informationsgesellschaft nach Art. 8 Abs. 1 der DS-GVO berücksichtigt wurde.
„Koppelungsverbot“ bei Einwilligungen für Werbung
Das bisher schon bestehende Koppelungsverbot für Werbung findet sich auch in der DS-GVO wieder, ist aber nicht mehr davon abhängig, ob ein anderer Zugang zu gleichwertigen vertraglichen Leistungen möglich ist. Bei der Beurteilung, ob die Einwilligung freiwillig erteilt wurde, ist dem Umstand in größt- möglichem Umfang Rechnung zu tragen, ob unter anderem die Erfüllung eines Vertrags, einschließlich der Erbringung einer Dienstleistung, von der Einwilligung zu einer Verarbeitung von personenbezogenen Daten abhängig ist, die für die Erfüllung des Vertrages nicht erforderlich ist (Art. 7 Abs. 4 DS- GVO).
Bei „kostenlosen“ Dienstleistungsangeboten, die die Nutzer mit der Zustimmung für eine werbliche Nutzung ihrer Daten „bezahlen“ (z. B. kostenloser E- Mail-Account gegen Zustimmung für Newsletter- Zusendung als „Gegenfinanzierung“), muss diese vertraglich ausbedungene Gegenleistung des Nutzers bei Vertragsabschluss klar und verständlich dargestellt werden. Nur dann besteht keine Notwendigkeit mehr für eine Einwilligung.
Wichtig! o.g. Ausführungen ersetzen keine Rechtsberatung!
Sie erkennen durch die o.g. Ausführungen das „Chaos“ was die neue DS-GVO anrichtet. Ich kann Ihnen die Empfehlung aussprechen, den entsprechenden Referatsleiter der Datenschutzaufsicht (z. Bsp. in Bayern, Herrn Ilgenfritz, Telefonnummer: 0981-531301), zum Thema Direktwerbung anzusprechen. Er muss Ihnen ein Ja oder Nein sagen können!
Ich hoffe sehr Ihnen geholfen zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
AP
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