Wegerecht/Gewohnheitsrecht?
Fragestellung
Ich besitze ein Ferienhaus in einer Gartenanlage, welches durch eine gemeinsame Wasserleitung und Stromleitung (privat) erschlossen ist. Die Gartenanlage wurde noch in der DDR Mitte der 1970-er Jahre errichtet und alle Grundstücke sind im Eigentum der Besitzer. Als Zuwegung dient ein Weg, der lediglich bis zur Grenze der Gartenanlage im Grundbuch eingetragen ist. Er führt aber weiter quer durch die Gartenanlage und die Grundstücke liegen jeweils rechts und links des Weges.
Damals haben alle Anlieger einen Teil Ihrer Grundstücke abgegeben, um eine Zufahrtsmöglichkeit zu den Grundstücken zu haben, sodass die Anliegergrundstücke lt. Grundbuch eigentlich jeweils bis zur Mitte des Weges reichen. Begrenzt ist der Weg seit den 1970-er Jahren mit Zäunen. Mein Grundstück liegt am Ende des Weges, sodass ich auf die Überfahrt über die Grundstücksteile der vorliegenden Grundstücke angewiesen bin.
Von Anbeginn wurde der Weg auch tatsächlich durch die Anlieger mit ihren PKW's genutzt.
Ca. 1993 haben wir in das Ferienhaus eine Ölheizung und ein WC eingebaut,, sodass seit diesem Zeitpunkt auch eine jährliche Anlieferung von Öl bzw. Entsorgung der Sammelgrube erfolgt.
Zwischenzeitlich haben bei den vorliegenden Grundstücken altersbedingt einige Eigentümerwechsel stattgefunden und vereinzelt wird von den neuen Eigentümern die Meinung geäußert, dass sie auch das Befahren des Weges unterbinden können, da er Ihnen ja zur Hälfte gehört und sie nur den Zaun versetzen müssten.
Da die Nutzung des Ferienhauses altersbedingt für mich nur bei weiterer Zufahrt und Gewährleistung der o. g. Ver- bzw. Entsorgung möglich ist, mache ich mir schon Sorgen, da für das Wegerecht keine Grunddienstbarkeiten eingetragen sind. Vermutlich hätte ein solches Ansinnen auch keine Aussicht auf Erfolg...zumindest nicht bei allen Anliegern.
Meine Frage ist nun, ob hier aufgrund der langen Übung bereits Gewohnheitsrecht (eigene Zufahrt mit PKW und Zufahrt Ver- und Entsorgung) bestehen kann.
Vielen Dank!
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt beantworte:
Leider könnte dieses in der Tat zu einem Problem werden.
Eine sogenannte Ersitzung scheidet nämlich ebenso aus wie ein Gewohnheitsrecht kraft so genannter unvordenklicher Verjährung, wobei nach letzterer die Inhaberschaft eines Recht als bestehend angenommen werden kann, wenn kein anderer Erwerbstatbestand mehr festgestellt werden kann.
Hier lässt sich allerdings die Rechtslage klar im Grundbuch erkennen, was die Anliegergrundstücke betrifft und damit auch das Miteigentum an der Wegefläche.
Einen Rechtserwerb durch Zeitablauf kennt allerdings auch das BGB im Rechtsinstitut der vorerwähnten Ersitzung.
Allerdings gilt dieses nur für bewegliche Sachen, nicht für unbewegliche Sachen wie hier, vgl. § 937 BGB.
Das Rechtsinstitut der Verwirkung nach Maßgabe von 2 BGB scheidet aus, da dieses für die Geltendmachung von Einwendung durch die Nachbarn nicht nur ein sogenanntes Zeitmoment, sondern auch ein Umstandsmoment erfordert, also ein schlüssiges Verhalten , dass dieser Zustand der Wege nutzen geduldet wird. Das überträgt sich aber nicht auf neue Eigentümer, kommt also hier nicht in Betracht.
Vgl. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 917 Notweg
“(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.
(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen.“
Das wäre also nicht die Zustimmung der Nachbarn erforderlich, allerdings müsste der Fall des Notwegerechts hier auch vorliegen, was gesondert zu prüfen wäre.
Wenn Ihr Grundstück allerdings am Ende des Weges liegt, scheint es hier durchaus möglich und prüfenswert.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt
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