Vertragsrecht (gewerblich) und Strafrecht / Antwort bis Freitag den 23.02.2018
Fragestellung
Folgender Fall ist eingetreten:
Meine Mutter hat mir 37,5 % an einer GmbH & Co. KG Übertragen. Sie selbst hält aber den Niesbrauch über Gewinn und Verlust. Sie ist mit meinem Onkel Geschäftsführer (allein Vertretungsbefugt). Eine Übertragung der Geschäftsführung ist im Geschäftsführervertrag jedoch nicht zulässig. Meine Mutter musste in Kur und hat mir eine Generalvollmacht ausgestellt, dass ich in Ihrem Auftrag handeln darf. Bevor meine Mutter in Kur gegangen ist hatten wir für die GmbH & Co. KG bei einem Rechtsanwalt die Ausarbeitung für eine Gesellschafterversammlung in Auftrag gegeben. Diese Verbindlichkeiten habe ich nach dem Kurantritt meiner Mutter mit Ihrem Wissen und Auftrag (privat) am 09.02.2018 mit Ihrer Bankkarte und Online-Banking Zugang im Namen der GmbH & Co. KG ausgeführt. Mein Onkel (37,5%) hat mich daraufhin heute angesprochen, dass er eine Rückbuchung und private Begleichung unsererseits erwartet, da er hiervon nicht wusste und dies nicht in seinem Interesse liegt. Ich sehe dies aber so, dass dies nicht in seinem, sondern im Interesse der Gesellschaft liegen muss und dies auch tut, und die Rechnung daher nicht durch uns zu tragen wäre.
Weiter wurde ich von meiner Mutter (37,5%) als Mitinhaberin einer Erbengemeinschaft damit beauftragt (privat) die Räumlichkeiten der Erbengemeinschaft zu betreten, an welchen auch mein Onkel (37,5%) und meine Oma (25%) beteiligt sind, und mit Fotos die Private und unentgeltliche Nutzung von Räumlichkeiten der Gemeinschaft (wurde so nicht vereinbart), durch meinen Onkel festzuhalten. Die Türen hierzu waren nicht verschlossen. Lediglich bei einer Tür hat die Türklinke gefehlt, welche aber daneben lag. Ich habe auch diesen Raum betreten und Fotos von den Gegenständen gemacht. Dies war im Dezember 2017. Vor ein paar Tagen kam er auf mich zu und beschwerte sich, dass es sich dabei um einen Einbruch handeln würde (eine Anzeige liegt nicht vor). Ich sehe dies aber so, dass die Türen 1. Unverschlossen waren und er 2. kein Recht hat darauf zu bestehen, dass durch Ihn nicht angemietete/nicht entgeltlich der Gemeinschaft gegenüber ausgeglichene Flächen, von Personen der Erbengemeinschaft, oder von den Personen aus der Erbengemeinschaft beauftragte/befugte Personen, betreten werden.
Weiter ist die Frage, ob bei einer Erbengemeinschaft ein Mehrheitsbeschluss oder ein Einstimmiger Beschluss vorliegen muss um dinge zu entscheiden und welche dinge diesem bedürfen.
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Antwort von Rechtsanwalt Marko Liebich
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
Ihre Frage beantworte ich aufgrund der von Ihnen zur Verfügung gestellten Informationen wie folgt. Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung Ihrer Frage vom zur Verfügung gestellten Sachverhalt abhängt und sich durch das Hinzufügen oder Weglassen von Informationen eine andere rechtliche Bewertung ergeben kann. Dies gilt hier insbesondere im Hinblick auf die gesellschaftsrechtliche Konstellation sowie den Inhalt des Gesellschaftsvertrages.
1.
Zu Ihrer ersten Frage ist das Folgende auszuführen.
Sofern Ihre Mutter allein vertretungsbefugt ist, kann Sie natürlich die Begründung von Verbindlichkeiten für die Gesellschaft veranlassen. Hierzu gehört auch die Beauftragung eines Rechtsanwalts für die Ausarbeitung eines Gesellschaftsvertrages (ich nehme an, dass Sie bei Ihrer Frage einen Vertrag und nicht die Vorbereitung einer Gesellschafter*versammlung meinten). Auch die Vertretung durch Sie bei der Bezahlung des Rechtsanwalts ist noch unproblematisch, sofern Ihre Mutter Sie hierzu ermächtigt hat.
Allerdings sieht § 115 Abs. 1 HGB folgendes vor:
„Steht die Geschäftsführung allen oder mehreren Gesellschaftern zu, so ist jeder von ihnen allein zu handeln berechtigt; widerspricht jedoch ein anderer geschäftsführender Gesellschafter der Vornahme einer Handlung, so muß diese unterbleiben.“
Da Ihr Onkel ebenfalls Geschäftsführer ist, kann er also dem Handeln Ihrer Mutter widersprechen, unabhängig davon, ob die Handlung aus Ihrer Sicht im Interesse der Gesellschaft liegt oder nicht. Wenn die Maßnahme trotz des Widerspruchs vollzogen wird, kann ihre Rückgängigmachung verlangt werden bzw. die anderen Geschäftsführer können (bzw. müssen) sie rückgängig machen, wenn dies noch möglich und für die Gesellschaft nicht mit mehr Nachteilen verbunden ist, als die Aufrechterhaltung (Beck Online-Kommentar zu § 115 HGB, Rn. 15). In jedem Fall muss der pflichtwidrig handelnde Gesellschafter der Gesellschaft etwaige Schäden aus der Vornahme bzw. Rückgängigmachung der Maßnahme ersetzen (vgl. MüKo HGB/Rawert Rn. 31 ff.).
Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn der Widerspruch pflichtwidrig war, insbes. weil sich das Widerspruchsermessen des Berechtigten insoweit auf Null reduziert hat und er den Widerspruch deshalb unterlassen musste (Beck Online-Kommentar zu § 115 HGB, Rn. 11). Ein pflichtwidriger Widerspruch ist unwirksam und muss (bzw. darf) von dem Geschäftsführer nicht beachtet werden (BGH NJW 1986, S. 844).
In Ihrem Fall gilt daher das Folgende. Ihre Mutter hätte Ihren Onkel als Geschäftsführer in die Entscheidung bzgl. der Beauftragung eines Rechtsanwalts für die Erstellung des Gesellschaftervertrages einbinden und ihm die Möglichkeit zum Widerspruch geben müssen. Das dies unterlassen wurde, stellt eine Pflichtverletzung dar. Die Handlung wurde zudem bereits vollzogen und kann nicht mehr ohne erhebliche Nachteile rückgängig gemacht werden (eine Kündigung des Vertrags mit dem beauftragten Rechtsanwalt führt nicht zu einem Anspruch auf Rückzahlung des Honorars). Der Widerspruch ist meines Erachtens auch nicht pflichtwidrig. Ihre Mutter müsste also der Gesellschaft im Rahmen eines Schadenersatzanspruchs etwaige Schäden aus der Beauftragung des Rechtsanwalts ersetzen.
Ein solcher Schaden ist jedoch aus meiner Sicht vorliegend nicht erkennbar, so dass zwar ein Schadenersatzanspruch besteht, welcher sich aber im Ergebnis auf 0,00 Euro beläuft. Dies wäre anders, wenn der mit der Erstellung des Vertrags beauftragte RA zum Beispiel besonders teuer war oder seinerseits eine Schlechtleistung vorliegt. Sofern dies nicht der Fall ist, sehe ich keinen Grund, wieso Sie bzw. Ihre Mutter diese Rechnung übernehmen sollten.
2.
Bezüglich Ihrer Frage, ob ein „Einbruch“ in die Räume Ihres Onkels / der Erbengemeinschaft vorliegt, ist das Folgende auszuführen.
Der Begriff des Einbruchs existiert als Straftatbestand im deutschen Strafrecht nicht. Der sog. Wohnungseinbruchsdiebstahl ist als besonders schwerer Fall des Diebstahls gem. § 244 StGB strafbar, kommt in diesem Fall aber nicht in Betracht, da Sie ja nichts entwendet haben und es sich nach Ihren Ausführungen auch nicht um eine Wohnung handelte.
Auch eine Strafbarkeit wegen Sachbeschädigung (§ 303 StGB) ist hier nicht erkennbar.
In Betracht käme lediglich noch eine Strafbarkeit wegen Hausfriedensbruch, § 123 StGB. Eine solche ist gegeben, wenn jemand in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt. Die Strafe beträgt Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. Zudem wird die Tat nur auf Antrag verfolgt, d.h. Ihr Onkel müsste eine Strafanzeige erstatten.
Hierfür sehe ich vorliegend jedoch keinen Anlass, da Sie von Ihrer Mutter beauftragt wurden und diese ebenfalls Miterbin ist. Jeder Miterbe ist berechtigt, Maßnahmen zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses durchzuführen. Hierzu gehört auch die Bestandsaufnahme und Besichtigung des Nachlasses. Dementsprechend hatten Sie durchaus das Recht, die Räumlichkeiten der Erbengemeinschaft zu betreten. Eine strafrechtliche Relevanz dieses Vorgehens besteht nicht.
3.
Zur Beschlussfassung im Rahmen einer Erbengemeinschaft gilt das Folgende.
Eine Miterbengemeinschaft entscheidet grundsätzlich durch formlosen Beschluss. Bei Maßnahmen der ordnungsmäßen Verwaltung entscheidet die Stimmenmehrheit der Anteile, vgl. §§ 2038, 745 BGB. Hierzu zählen zum Beispiel Reparatur- und Instandsetzungsmaßnahmen.
Im Übrigen weise ich darauf hin, dass Ihr Onkel zwar – so wie alle anderen Miterben auch – zur Nutzung der Räumlichkeiten / Gegenstände im Nachlass berechtigt ist, sofern keine anderweitige Nutzungsvereinbarung getroffen wurde. Allerdings kann die Erbengemeinschaft hierfür einen angemessenen Nutzungsersatz verlangen.
4.
Ich hoffe, Ihre Fragen verständlich und ausführlich genug beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie gern die Nachfragefunktion benutzen. Sollten Sie in dieser Angelegenheit weitere Unterstützung durch einen Rechtsanwalt benötigen, so stehe ich hierfür ebenfalls gern zur Verfügung. Meine Kanzlei ist auch auf bundesweite Mandate ausgerichtet, so dass Ihnen hierdurch keine Mehrkosten entstehen.
Ansonsten wünsche ich noch ein angenehmes Wochenende.
Mit freundlichen Grüßen
Liebich
Rechtsanwalt
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