Verkauf Wohnung Spekulationssteuer
Beantwortet von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Uhlig,
ich beabsichtige meine Eigentumswohnung zu verkaufen und habe dazu auch bereits die Kaufzusage eines Interessenten vorliegen.
Nun bin ich zwar der Meinung, dass der Verkaufserlös nicht unter die sogenannte Spekulationssteuer fallen dürfte, möchte mir dazu aber gerne Ihre Experten-Antwort einholen.
Meine jetzige Wohnung habe ich im Jahr 2010 durch eine Schenkung von meinem Vater erhalten. Im Zuge der Schenkung hat sich mein Vater einen "bedingten Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums" ins Grundbuch eintragen lassen. Meiner angestrebten Veräußerung hat mein Vater bereits mündlich zugestimmt.
Im Jahr 2001 hat mein Vater wiederum die Wohnung durch eine Schenkung seiner Mutter erhalten.
Im Zeitraum 2007 bis 2010 (bis zur Schenkung an mich) habe ich die Wohnung zusammen mit meinem Freund ununterbrochen selbst bewohnt und es lag dazu ein Mietvertag vor. Seit 2010 wohne ich nun zusammen mit meinem Freund als Eigentümerin ebenfalls ohne Unterbrechung in der Wohnung.
Fällt in meinem Fall bei der Veräußerung der Wohnung die Spekulationssteuer an? Wenn ja, aus welchen Gründen und wonach richtet sich die Besteuerung?
Im Voraus vielen Dank für Ihre Antwort.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
ehr geehrter Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ich möchte Ihnen nachfolgend im Rahmen einer Erstberatung einen Überblick über die steuerlichen Besonderheiten Ihres vorgetragenen Sachverhalts geben:
Als privates Veräußerungsgeschäft wird ein Vorgang bezeichnet, bei dem Wirtschaftsgüter des Privatvermögens innerhalb kurzer Zeit (bei Immobilien zehn Jahre) nach der Anschaffung wieder verkauft werden. (§ 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 EStG).
Gewinne aus den privaten Veräußerungsgeschäften innerhalb der sog. Spekulationsfrist unterliegen grundsätzlich der Einkommensteuer.
Voraussetzung für die Verwirklichung des Veräußerungsgewinns sind die Anschaffung und Veräußerung eines Wirtschaftsgutes.
Der Grundsatz zum Begriff der Veräußerung ist: nur die entgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern mit dinglicher Wirkung auf eine andere Person stellt eine Veräußerung dar. Laut Sachverhalt liegt eine Veräußerung der Eigentumswohnung in naher Zukunft vor.
Vom Kalenderjahr 2001 bis zum Kalenderjahr 2010 war es im Eigentum Ihres Vaters. Seit dem Kalenderjahr 2010 bis heute ist es durch eine Schenkung Ihres Vaters in Ihrem Eigentum.
Der Grundsatz zum Begriff der Anschaffung ist; nur der entgeltliche Erwerb eines Wirtschaftsgutes (mit dinglicher Wirkung) von einem Dritten kann nur eine Anschaffung sein.
Die Schenkung ist als unentgeltlicher Erwerb keine Anschaffung.
Die vorweggenommene Erbfolge ist ein Sonderfall der Schenkung. Unproblematisch ist die Schenkung ohne Auflagen.
Kritisch kann unter Umständen die Auflage Ihres Vaters "bedingten Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums" sein: Da über die Schenkung hinaus zum Beispiel Abstandszahlungen an den Vermögensübergeber usw. sowie die Übernahme von Verbindlichkeiten grds. zu entgeltlichen Anschaffungs- und Veräußerungsvorgängen führen. Hier müßte man die Frage der möglichen Bewertung der Auflage beantworten können, die ich bei wirklicher Diskussion zu dieser Fragestellung als sehr komplex erachte.
Sie nutzen seit dem Kalenderjahr 2010 bis heute die Eigentumswohnung zu eigenen Wohnzwecken.
Nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG sind von den privaten Veräußerungsgeschäften ausgenommen, Wirtschaftsgüter, die im Jahr der Veräußerung (2015) und in den beiden vorangegangenen (vollen) Kalenderjahren (2013 und 2014) zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.
Eigene Wohnzwecke setzen persönliche Nutzung als Eigentümer voraus; die vorangegangene Nutzung als Mieter reicht dazu nicht aus.
Ein Diskussionspunkt kann die Mitnutzung der Wohnung durch Ihren Freund sein: Die unentgeltliche Aufnahme von Angehörigen und sonstigen Dritten in die eigene Wohnung ist grundsätzlich unschädlich, dies wird aber auch kritisch angesehen. Die Vermietung - auch kurzfristig - ist schädlich.
Das heißt, dass schon durch die Nutzung Ihrer Eigentumswohnung zu eigenen Wohnzwecken, über drei Kalenderjahre hinaus die Veräußerung dieser Eigentumswohnung nicht unter ein privates Veräußerungsgeschäft nach § 22 Nr. 2 EStG fällt und somit auch nicht der Besteuerung unterliegt.
Aufgrund der dargestellten Begründung gehe ich bei diesem Sachverhalt nicht von einem privaten Veräußerungsgeschäft nach § 22 Abs. 1 Nr. 2 EStG aus, das der Besteuerung als Spekulationsgeschäft unterliegt.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen und konnte Ihnen einen Überblick über die Problematik verschaffen.
Mit freundlichen Grüßen
Jeannette Uhlig, Steuerberaterin
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