Verheimlichter Verzicht auf Akteneinsicht
Fragestellung
Sachverhalt
Ich wurde von meiner damaligen Lebenspartnerin beim Polizeipräsidium beschuldigt.
Da diese Beschuldigung dreist gelogen war, habe ich mich entschlossen Strafanzeige gegen meine ehemaligen Lebenspartnerin zu stellen.
Ich suchte eine ortsansässige Rechtsanwältin auf um Akteneinsicht zu bekommen. Die Rechtsanwältin hat auch die Akteneinsicht angefordert. Sie bekam dann einen Anruf des Polizeibeamten, der die Aussagen meiner damaligen Lebenspartnerin aufgenommen hat und der aus irgendeinen Grund nicht möchte, das die Angelegenheit weiter verfolgt wird. Meine Rechtsanwältin hat sich zum Verzicht auf Akteneinsicht überreden lassen. Sie hat mir dieses Gespräch verheimlicht und mir geschrieben, das es zum streitbefangen Fall keine Akte beim Polizeipräsidium angelegt wurde und sie mir somit keine Unterlagen zur Verfügung stellen könnte.
Ich habe gegen meine damaligen Lebenspartnerin trotzdem eine Strafanzeige gemacht, da ich mir solche Beschuldigung nicht gefallen lasse, was aber ohne Aktengrundlage nicht erfolgreich war, nicht sein konnte. Bei der Akteneinsicht zu dieser Strafanzeige kam heraus, das meine Rechtsanwältin das heimliche Telefonat geführt hat und einen Aktenverzicht ausgesprochen hat.
Dieses hat der Polizeibeamte auch dokumentiert.
Ich habe daraufhin Strafanzeige gegen meine Rechtsanwältin erstattet.
In meiner Strafanzeige gegen diese Rechtsanwältin habe ich allgemein geschrieben
„Ich fühle mich von der Rechtsanwältin betrogen“
Antwort der Staatsanwaltschaft:
Der Staatsanwalt schreibt, das bei der Vorgehensweise meiner Rechtsanwältin kein
objektiver als auch der subjektiver Tatbestand einer Strafnorm erfüllt sind. Der § 263 StGB sei auch nicht erfüllt. Es wurde hier weder vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich, das die Staatsanwaltschaft tätig werden müsste.
Der Staatsanwalt führt weiter aus, das damalige Rechtsanwältin Akteneinsicht beim Polizeipräsidium beantragt hat und somit zu Recht diese Tätigkeit in Rechnung gestellt hat.
Zum Punkt Beantragung und Rechnungsstellung komme ich zur gleichen Auffassung wie der Staatsanwalt, aber darum geht es gar nicht.
Es geht darum,
das meine Rechtsanwältin nach der Anforderung der Akteneinsicht, heimlich diese Anforderung wieder rückgängig gemacht hat und einen Aktenverzicht ausgesprochen hat.
Sie hat mich anschießend belogen, in dem sie schriftlich behauptet hat, das es keine Unterlagen beim Polizeipräsidium gäbe.
Sie hat mir wichtige Unterlagen unterschlagen, die Grundlage zur meiner späteren Strafanzeige gegen meine damaligen Lebenspartnerin waren.
Die eindeutigen Beweise, das meine Rechtsanwältin so vorgegangen ist, habe ich mit offizielle Dokumente der Staatsanwaltschaft zu meiner Strafanzeige gegen meine Rechtsanwältin beigefügt.
Da ist alles sehr eindeutig dokumentiert, auch die schriftliche Darlegung des Polizeibeamten, das er mit der Rechtsanwältin telefoniert hat und das diese Rechtsanwältin auf Akteneinsicht verzichtet hat. Auch das Schreiben das meine Rechtsanwältin mir geschickt hat, worin sie behauptet, das es keine Unterlagen beim Polizeipräsidium gäbe. Für mich ist das Betrug und Unterschlagung von von Beweismittel.
Ich möchte diese Angelegenheit nicht von der Rechtsanwaltskammer behandeln lassen, sondern ich werde jetzt Einspruch bei der Generalstaatsanwalt einleiten.
In diesem Einspruch möchte ich alle in Frage kommende Paragraphen aufführen.
Welche Paragraphen sind das im Einzelnen?
Mit freundlichen Grüßen
J. H.
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Antwort von Rechtsanwalt Reinhard Otto
Guten Morgen,
ich habe inzwischen den von Ihnen geschilderten Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht geprüft auf die Frage hin, welche Straftatbestände das Verhalten der Rechtsanwältin verwirklicht haben könnte.
Grundsätzlich muss gesagt werden, dass der Staatsanwaltschaft Recht zu geben ist, wenn sie Straftaten wie Betrug und Unterschlagung als nicht gegeben ansieht.
Es ist zwar im umgangssprachlichen Sinne durchaus von einer „Unterschlagung von Beweismitteln“ und auch von „Betrug“ die Rede, allerdings sind die entsprechenden Straftatbestände im rechtlichen Sinne nicht erfüllt.
Der Betrug in § 263 BGB ist ein Vermögensdelikt, das als eine der Tatbestandsvorausset-zungen zwingend erfordert, dass der Täter „in der Absicht (handelt), sich oder einem Drit-ten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen.“
Dass die Anwältin in einer solchen Absicht gehandelt hat, kann ich aus Ihrer Sachver-haltsschilderung nicht entnehmen.
Es wäre allenfalls denkbar, wenn durch den Ihnen verheimlichten Akteneinsichtsverzicht versucht werden sollte, eine Vermögensstraftat Ihrer damaligen Lebensgefährtin zu ver-decken. In diesem Falle wäre durchaus eine strafbare Handlung in Form einer Beihilfe zu einer Straftat Ihrer Ex-Lebensgefährtin denkbar, setzt allerdings entsprechenden Vortrag und natürlich entsprechende Fakten voraus.
Die Unterschlagung im strafrechtlichen Sinne scheitert allein schon daran, dass die Rechtsanwältin sich keine fremde Sache zugeeignet hat. Sie hat ja überhaupt keine Akten erhalten, folglich konnte sie auch nichts (im strafrechtlich relevanten Sinne) unterschlagen.
Die Lüge, es sei keine Akte bei der Polizei angelegt worden, ist strafrechtlich nicht von Bedeutung.
Ich sehe ein denkbares strafrechtlich relevantes Verhalten der Anwältin in der Urkunden-unterdrückung, § 274 StGB, denn sie hat (je nach Inhalt der Akte) möglicherweise eine Urkunde, welche ihr entweder überhaupt nicht oder nicht ausschließlich gehört, in der Absicht, einem anderen Nachteil zuzufügen, … unterdrückt.
Der BGH hat zu der erforderlichen Nachteilsabsicht in seinem Urteil vom 25.11.2009, Az.: 2 StR 430/09 ausgeführt:
„Ohne Rechtsfehler geht die Kammer zwar davon aus, dass ein Nachteil in jeder Beeinträchtigung des Beweisführungsrechts eines Dritten liegen kann … und darunter vor allem die Vereitelung der Nutzung des gedanklichen Inhalts einer Urkunde in einer aktuellen Beweissituation zu verstehen ist. … Bei der Prüfung, ob die für die Tatbestandsverwirklichung erforderliche, auf einen entsprechenden Nachteil bezogene Absicht gegeben ist, verkennt das Landgericht nämlich, dass es hierfür nicht darauf ankommt, ob der Nachteil … tatsächlich eingetreten ist; ausreichend ist es, dass es dem Täter auf die Verwirklichung des Nachteils ankommt oder ihm zumindest bewusst ist, dass seine Tat einen Nachteil zur Folge haben.“
Hier muss die Staatsanwaltschaft sicher weiter ermitteln.
Ein zweiter, möglicherweise erfüllter Straftatbestand liegt in § 356 StGB, dem Parteiverrat.
Danach macht sich ein ein Anwalt strafbar, welcher in derselben Rechtssache beiden Par-teien durch Rat oder Beistand pflichtwidrig dient.
Der Begriff derselben Rechtssache umfasst alle Angelegenheiten, die zwischen mehreren Beteiligten mit jedenfalls möglicherweise entgegengesetzten rechtlichen Interessen nach Rechtsgrundsätzen behandelt und erledigt werden sollen.
Durch den Verzicht, Ihnen die Akten zu besorgen, wurde zu Ihrem Nachteil und zum Vor-teil Ihrer Exfreundin gehandelt.
Auch insoweit muss die Staatsanwaltschaft weiter ermitteln.
Damit ist allerdings der Umfang der strafrechtlich denkbaren Vorschriften erschöpft.
Sie sollten angesichts der sehr krassen Berufspflichtverletzungen auch über die Einschal-tung der zuständigen Rechtsanwaltskammer nachdenken.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Otto
Rechtsanwalt
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Klare und verständliche Darlegung,danke.
ich werde Ihren Vorgang gerne prüfen und Ihnen die in Frage kommenden Vorschriften benennen.
Eine Antwort lasse ich Ihnen im Laufe des Freitag zukommen.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Otto
Rechtsanwalt
zivilrechtlich ist da wohl auch nichts zu machen, oder?
Mit freundlichen Grüßen
in zivilrechtlicher Hinsicht sind etwaige Gebühren, die Sie doppelt aufwenden mussten, um Akteneinsicht zu bekommen, von der Anwältin zu erstatten.
Darüber hinaus sehe ich keinen materiellen Schaden, der Ihnen entstanden sein könnte.
Sie können sich aber gerne deswegen an mich wenden, wenn Sie weitere Fragen dazu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Otto
Rechtsanwalt
raottobielefeld@aol.de