Verhalten nach Mängelanzeige wg. Lärm durch Mieter
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Migge,
Folgende Frage aus dem Umfeld Mietrecht: ich besitze seit 2009 eine Eigentumswohnung in Nürnberg, die ich damals kernsaniert erworben habe (4 Zimmer, 125m², sehr hochwertig ausgestattet). Während der ersten 4 Jahre habe ich die Wohnung selbst bewohnt, danach vermietet.
Mein aktueller Mieter (seit Mitte Februar in der Wohnung) hat nun die unten in die Mail kopierte Beschwerde eingereicht.
Ich bin über diese Mangelanzeige überrascht, da ich selbst in der Wohnung gelebt habe, und den Lärm in dieser extremen Form nicht wahrgenommen habe. Zudem haben sich die Mieter zuvor nie über Lärm beschwert. Die Hausgemeinschaft besteht zu 90% aus Eigentümern, die die Wohnung selbst bewohnen. Mieter sind die Ausnahme. Es gibt meines Wissens keine größeren Beschwerden über Lärm.
Es mag nach meinem Auszug möglicheweise etwas lebhafter geworden sein, was aber primär daran liegt, das eine Reihe von Parteien Kinder bekommen haben. Ich habe gestern andere Bewohner des Hauses gefragt, die mir bestätigten, dass sich in unserem Hause die Lärmbelästigung absolut in Grenzen hielte für ein Haus mit Innenstadtlage, bzw. sogar überdurchschnittlich ruhig sei.
Aus dem Ausbau 2009 sind mir keine Mängel diesbezüglich bekannt, es wurde eine Trittschalldämmung verbaut, die Wände zu den Nachbarn sind eine Kombination aus Betonwänden (Bestand) und Trockenbau.
Meine Frage: wie reagiere ich darauf? Ich würde den Mieter um ein Lärmprotokoll bitten. Selbstverständlich werde ich selbst die beiden Nachbarn nochmals darauf ansprechen, bzw. den Sachverhalt auch in der Eigentümerversammlung vorbringen. Was muss ich rechtlich fürchten bzw. welche Aktionen machen nun aus Ihrer Sicht Sinn? Ich möchte keine längere Mietminderung akzeptieren, bzw. sollte der Mieter dies doch tun, ihn schnellstmöglichst zum Auszug zu bewegen (kündigen?), um nicht langfristig Mieteinbußen zu haben. Besten Dank!
Mit freundlichen Grüßen
A. R.
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Mail des Mieters:
Sehr geehrter Herr R.,
hiermit teile ich Ihnen mit, dass in unserer Wohnung Feldgasse 18c folgender Mangel vorliegt:
Eine aktustische Dämmung zu den Nachbarn im Haus ist unserer Meinung nach nicht gegeben. Man hört alle Geräusche aus den Nebenwohnungen, z.B. wenn sich Personen bewegen (Schrittgeräusche), diese Geräusche sind aus der Wohung im Übergeschoss und aus der Wohnung (neben dem Schlafzimmer) immer zu hören. Folgendes Beispiel. Heute Ostermontag, ab ca 7:55 Uhr ist extremer Lärm aus der Wohnung neben dem Schlafzimmer zu hören. Diese aktustitsche Belastung ist aber nicht nur heute sondern seit unserem Einzug zu hören. Unter der Woche beginnt dieser Lärm meistens um kurz nach 7:00 Uhr und endet mit Trittgeräuschen gegen 24:00 Uhr.
Der beschriebene Zustand macht ein entspanntes wohnen unmöglich!!!!
Durch diese Situatuion schlafen wir momentan bereits nicht mehr im Schlafzimmer sondern sind in das Zimmer neben dem Essbereich umgezogen. Leider hat dies keine Besserung gebraucht, da wie oben beschrieben alle Geräusche auch dort zu hören sind.
Ich habe die Nachbarn bereits angesprochen, leider hat dies zu keiner Besserung geführt.
Laut § 535 BGB sind Sie verpflichtet, die Mietsache während der Mietzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Ich fordere Sie deshalb dazu auf, sich bis spätestens 09.04.2019 bei uns zu zum den oben genannten Mängeln zu melden um weitere Schritte zur Lösung des Problems zu besprechen.
Bis zur Beseitigung der Mängel werde ich die Miete unter Vorbehalt zahlen.
Mit freundlichen Grüßen
xxx
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Antwort von Rechtsanwalt Ray Migge
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, welche ich auf Grundlage des geschilderten Sachverhalts wie folgt beantworten möchte.
Wie Sie schon selbst erkannt haben, liegen weder Ihnen noch dem Mieter genügend Informationen vor, um abschätzen zu können, ob die Lärmbelästigung so erheblich ist, dass tatsächlich ein Mangel vorliegt.
Daher gilt es nun vor allem, den Sachverhalt vollständig zu erforschen. Entscheidend ist nämlich nicht, ob eine Lärmbelästigung vorliegt, sondern ob diese Lärmbelästigung erheblich ist.
Dabei kommt es nicht nur auf den Lautstärkepegel an, sondern auch auf die Art des Lärms, die Frequenz, den Tageszeitpunkt und letztlich die Ursache des Lärms.
Erster Schritt wäre es in jedem Fall, vom Mieter ein Lärmprotokoll zu fordern. Ohne ein solches wird es dem Mieter schwer fallen, eine erhebliche Lärmbelästigung zu beweisen. Alternativ sind natürlich auch Mitschnitte vom Lärm denkbar oder auch Zeugenaussagen. Letztlich ist es der Mieter, die Belästigung zu beweisen, denn er ist es, der sich auf einen Anspruch auf Mietminderung beruft.
Aus der Mail des Mieters erkennt man, dass er auch an der richtigen Schalldichtung der Wohnung zweifelt. Hier gilt es zu beachten, dass der BGH eine Mietminderung in solchen Fällen ablehnt, wenn die Schalldämfung der Wohnung den Standards entspochen zum Zeitpunkt des Baus der Wohnung entsprochen hat. In Ihrem Fälle ist also zu ergründen, ob die Schalldämpfung den Standards zum Zeitpunkt der Kernsanierung entsprochen hat. Ggf. muss dies ein Gutachter prüfen.
Zweiter Schritt ist es, mit den Nachbarn zu sprechen und darauf hinzuweisen, dass eine Lärmbelästigung durch Ihre Mieter angezeigt wurde. Bei der Entscheidung, ob Sie die Nachbarn sofort ansprechen ist folgendes abzuwägen: Ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass tatsächlich unberechtigt großer Lärm durch die Nachbarn verursacht wird, dann kann das Gespräch sofort gesucht werden. Die Nachbarn machen sich nämlich in einem solchen Fall Ihnen gegenüber für die Mietminderungen haftbar, da diese Schäden aufgrund der unrechtmäßigen Lärmverursachung darstellen. Ihnen steht dann also ggf. Schadensersatz zu. Dagegen ist dies nicht der Fall, wenn der Lärm der Nachbarn unerheblich ist und damit zum allgemeinen Lebensrisiko gehört. In diesem letzterem Fall wären eine Mietminderung nur dann rechtens, wenn ein Mangel bei der Schalldämpfung vorliegt.
Helfen würde möglicherweise auch ein persönlicher Termin mit dem Mieter, um vor Ort die Begebenheiten zu begutachten. Sie könnten den Mieter zum Beispiel nach typischen Zeiten der Lärmverursachung fragen und mit ihm genau dann einen Termin vereinbaren.
Über diese beiden Schritte hinaus ist derzeit von Ihnen eigentlich nichts zu veranlassen, da Ihnen insofern ja auch die Hände gebunden sind. Erst wenn der Sachverhalt vollständig erforscht ist, können Sie die nächsten Schritte überdenken.
Rechtlich ist ein Mietminderung unter den oben genannten Voraussetzungen möglich (entweder erhebliche Lärmverursachung oder mangelhafte Schalldämpfung). Aber auch dann ist der Grad der konkreten Lärmbelästigung entscheidend für die Höhe der Mietminderung. Hier werden auch unterschiedliche Bewertungen etwa bei Kinderlärm oder von allgemeinem Haushaltslärm vorgenommen. Nach dem von Ihnen beschriebenen Sachverhalt dürfte hier wohl höchstens mit einer Mietminderung von etwa 10 % gerechnet werden, wobei aufgrund der unkonkreten Beschreibung des Lärms durch den Mieter dies nur eine vage Abschätzung ist.
Der Mieter ist hier in jedem Fall beweisbelastet und dies sollte ihm auch freundlich aber bestimmt mitgeteilt werden.
Keine Hoffnung kann ich Ihnen hinsichtlich einer Kündigung machen. Diese ist nicht ganz so einfach durchzusetzen. Eine Kündigung wäre in erster Linie wegen Eigenbedarf denkbar (den Sie aber anscheinend gar nicht haben) oder - sobald der Mieter tatsächlich anfängt zu mindern - sobald die Gesamthöhe der Mietminderungen zwei Monatsmieten erreicht. Stellt sich dann nämlich heraus, dass die Mietminderung unrechtmäßig war, so könnten Sie wegen Verzug bei der Entrichtung der Miete außerordentlich fristlos kündigen, § 543 BGB.
All diese Optionen führen aber fast unweigerlich zu Rechtsstreitigkeiten, welche dadurch vermieden werden können, dass man bereits jetzt bemüht miteinander kommuniziert um eine Lösung hierfür zu finden.
Die Erfahrung zeigt jedoch, dass ein Mieter, der sich einmal von Lärm gestört fühlt, sich davon nicht mehr abbringen lässt und dies das Mietverhältnis - vorbehaltlich der Änderung der Verhaltensweisen der Nachbarn - dauerhaft zerrüttet. Sinnvoller ist dann immer ein Auszug.
In der Gesamtschau lässt sich festhalten, dass Sie den Mieter morgen mit der Bitte um ein Lärmprotokoll kontaktieren und ihm gleichzeitig versichern, dass Sie um Sachverhaltsaufklärung - am besten gemeinesam mit ihm - bemüht sind. Sobald Sie dann wissen, um welchen Lärm es sich handelt, kann dann eine Entscheidung getroffen werden, ob Sie die Mietminderung hinnehmen sollten oder nicht.
Bei Rückfragen stehe ich bis 24:00 Uhr auch kurzfristig noch zur Verfügung.
Mit bestem Gruß
Ray Migge
-Rechtsanwalt-
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