Verhältnis gemeinnütziger Verein zu freiberuflichem Projektleiter
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich arbeite aktuell als freiberuflicher Projektleiter für einen gemeinnützigen Verein, mit Honoraren um die 20.000 Euro/Jahr, bei steigender Tendenz. Für die Zukunft ergeben sich hieraus einige Fragen, die Sie vermutlich relativ schnell beantworten können (v.a. 2 und 3):
1) Bislang stelle ich Rechnungen ohne Mehrwertsteuer, betrachte mich dabei als "Kleinunternehmer". Gibt es einen Weg ausserhalb dieser Variante, wie ich die Mehrwertsteuer bei höheren Einkommen vermeiden kann? Ich möchte v.a. dem Verein die Zahlung der MWSt. ersparen. Höchst relevant wäre hier wohl die diskutierte Anhebung der Grenze - gibt es hier schon konkrete Aussagen der Behörden? Nächstes Jahr könnte ich z.B. noch mit 22.000 klar kommen, danach wird es schwierig.
2) Wäre die Gründung einer gUG/gGmbH ein möglicher Weg? Hier stellt sich z.B. die Frage, ob ich dem Verein gegenüber ohne weiteres die Rechnungen dann im Namen der gUG stellen kann, anstatt als Freiberufler. Diese ist ja nicht beauftragt.
3) Ab wann laufe ich Gefahr, als Scheinselbständiger zu gelten? Aktuell beschäftigt mich die Tätigkeit zu etwa 50%, und ich suche eine weitere Halbtags-Tätigkeit, aber das zieht sich hin. Beginn der Tätigkeit war im Herbst 2019. Ich arbeite zwar weitgehend autonom, aber aktuell ausschließlich für den Verein.
Vorab besten Dank für Ihre Unterstützung!
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Antwort von Steuerberater Knut Christiansen
Guten Tag und vielen Dank für die Nutzung von yourXpert!
Ihre Fragen möchte ich Ihnen gerne im Rahmen einer Erstberatung beantworten.
1) Eine Vermeidung der Umsatzsteuer ist eigentlich nur dann möglich, wenn die Leistungen von mehreren Geschäftspartnern erbracht werden und deren Umsatz dann den Betrag von 22.000 EUR p.a. nicht überschreitet. Eine weitere geplante Anhebung der Kleinunternehmergrenze ist mir nicht bekannt, zumal diese Grenze ja gerade erst zum 01.01.2020 von 17.500 EUR auf 22.000 EUR angehoben wurde.
2) Grundsätzlich besteht auch bei der gGmbH/gUG die Kleinunternehmergrenze von 22.000 EUR. Abgesehen davon müsste die gGmbH erst einmal steuerlich als gemeinnützig anerkannt werden, was dann Vorteile bei der Gewerbesteuer und Körperschaftsteuer mit sich bringen würde. Ansonsten ist aber die Verwaltung wesentlich intensiver und aufwändiger, so dass hier ggfs. unnötige Kosten für Sie anfallen.
Die Leistungen, die die gGmbH erbringt, sind aber aus meiner Sicht so nicht gemeinnützig, so dass ich starke Zweifel habe, dass diese Rechtsform Ihnen hier weiterhilft die Umsatzsteuerproblematik in den Griff zu bekommen. Eine Beauftragung durch den Verein ließe sich ansonsten hinbekommen, wenn der Vorstand des Vereins kontaktiert wird. Letztendlich würde die Leistung ja von Ihnen als Person erbracht werden.
3) Aus meiner Sicht besteht schon jetzt die Gefahr eine Scheinselbständigkeit, weil Sie nur für einen Auftraggeber tätig sind und mehr als 5/6 Ihrer Einkünfte durch diesen erzielen. Dabei ist es unerheblich, dass Sie noch Zeit für andere Aufträge hätten. Maßgeblich ist, für wen Sie (ausschließlich) tätig werden und ob Sie hier wie ein Arbeitnehmer weisungsgebunden sind bzw. abhängig sind vom Auftraggeber.
Weitere Punkte, die für eine Scheinselbständigkeit sprechen sind:
- Sie beschäftigen selbst keine sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer
- Sie sind in die Arbeitsorganisation eingebunden
Um Klarheit zu bekommen, sollten Sie im Zweifel die Clearingstelle der dt. Rentenversicherung Bund beauftragen ein Statusfeststellungsverfahren durchzuführen. Hierbei wird das Verhältnis aufgrund konkreter Fragen/Vertragsunterlagen geprüft und sozialversicherungsrechtlich beurteilt.
Sinnvoll wäre auf jeden Fall, wenn Sie weitere Auftraggeber hätten, damit sich Ihr Umsatz insgesamt anders verteilt und Sie keine wirtschaftliche Abhängkeit bei einem Auftraggeber haben.
Ich hoffe Ihre Frage damit beantwortet zu haben, sonst stellen Sie gerne kostenfreie Rückfragen ein.
Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass dieses Forum eine ausführliche und persönliche steuerliche Beratung nicht ersetzen kann, sondern vor allem dafür gedacht ist, eine erste steuerliche Einschätzung zu ermöglichen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen könnte die rechtliche Beurteilung Ihres Anliegens anders ausfallen.
Mit freundlichen Grüßen
Knut Christiansen
Steuerberater
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Antwort des Experten: Sehr gerne!
Danke für Ihre Erläuterungen - ich hätte nun noch folgende Fragen:
1) Gehe ich recht in der Annahme, dass eine halbtags-Anstellung das Thema Scheinselbständigkeit beenden würde? Wirtschaftliche Abhängigkeit liegt ja dann sicher nicht vor.
2) Spricht etwas gegen die Gründung einer gGmbH (eigene Projekte), und die parallele Tätigkeit als Kleinunternehmer (für Dritte)? D.h. kann ich für die freiberufliche Nebentätigkeit trotzdem die "Mehrwertsteuerbefreiung" in Anspruch nehmen?
In der Haupttätigkeit würde die gGmbH über Spenden arbeiten, und nicht über Honorare, d.h. hier hätte ich nur ein Geschäftsführergehalt.
3) Wo liegen die Mehraufwände bei der gGmbH gegenüber der "normalen" GmbH - v.a. solche, die man evtl. beim Einlesen übersieht?
Mit freundlichen Grüßen,
gerne nehme ich zu Ihren Rückfragen Stellung:
1) eine Halbtagsstelle würde aus meiner Sicht das Thema Scheinselbständigkeit nicht beseitigen, weil Sie diese Tätigkeit ja als Arbeitnehmer ausüben würden. Hinterfragt wird ja die konkrete Tätigkeit für den Verein bzw. die selbständige Tätigkeit an sich. Hier geht es also darum, ob Sie wirklich selbständig (nebenberuflich) sind, oder ob auch diese Tätigkeit wie ein zweiter Nebenjob/Teilzeitjob beurteilt werden muss.
2) Grundsätzlich spricht nichts gegen die Gründung einer gGmbH. Die gGmbH wäre als eigene juristische Person selbst unternehmerisch tätig und wäre dann abzugrenzen von Ihrer anderen Tätigkeit. Die Umsätze würden nicht zusammengerechnet werden, so dass Sie bei Unterschreitung der 22.000 EUR-Grenze dann weiter als Kleinunternehmer tätig werden können.
3) Im Vergleich zu einer normalen GmbH gibt es bei der gGmbH keinen nennenswerten Mehraufwand, wenn man mal davon absieht, dass man die Gemeinnützigkeit erreichen möchte. Aber ansonsten decken sich hier die Aufwände, insbesondere in verwaltungstechhnischer Sicht.
Viele Grüße!
Danke für die Infos!
An einem Punkt würde ich Sie um Präzisierung bitten, da die Aussagen für auf den ersten Blick widersprüchlich sind: In der ersten Antwort schrieben Sie bezüglich gGmbH "Ansonsten ist aber die Verwaltung wesentlich intensiver und aufwändiger, so dass hier ggfs. unnötige Kosten für Sie anfallen," in der zweiten sagen Sie, die Aufwände decken sich... da das nur als halbtags-Firma geplant ist, wären hohe Aufwände mit dem Finanzamt natürlich ein Totschlags-Argument.
Punkt 2) verstehe ich so, dass wenn ich eine gGmbH habe, das Thema "Scheinselbständigkeit" vom Tisch ist... richtig?
Mit freundlichen Grüßen,
mein erster Hinweis bzgl. des Mehraufwandes bezog sich auf den Vergleich gGmbH vs. freiberufliche Tätigkeit und nicht auf gGmbH vs. GmbH. Im Vergleich zu einer normalen GmbH decken sich die Aufwände in etwa. Im Vergleich zu einer freiberuflichen Tätigkeit steckt aber einiges an Mehraufwand in der Verwaltung einer gGMbH (bzw. GmbH).
Zu 2) Grundsätzlich würde ich nicht sagen, dass das Thema endgültig vom Tisch ist. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass das ein Thema wird, ist dann deutlich geringer.
Schöne Grüße!