Vereinfachtes Ertragswertverfahren im Scheidungsprozess
Fragestellung
Mein Noch-Ehemann führt zusammen mit seinem Kompagnon einen erfolgreichen Handwerksbetrieb in der Gesellschaftsform einer GmbH & Co. KG. Der Umsatz liegt gemäß den mir vorliegenden Bilanzen der vergangenen Jahre bei durchschnittlich 2 - 2,5 Millionen Euro und Gewinne werden im Bereich von 450.000 - 650.000 Euro pro Jahr ausgewiesen. Die Mitarbeiteranzahl ist unter 10, da viel mit Subunternehmern gearbeitet wird.
Die beiden Chefs sind nicht angestellt, entnehmen sich aber beide (!) - das heißt jeder für sich (!) aus der Firma jährlich Geld im Bereich von 200.000 - 280.000 Euro. Auch dies ist den Bilanzen zu entnehmen.
Im Zusammenhang mit unserer Scheidung liegt mir nun ein Formular zum vereinfachten Ertragswertverfahren vor. Fälschlichere Weise über 5, statt der korrekten 3 Jahre und auch die Jahre sind falsch, da das Jahr 2017 ebenso mit einbezogen werden müsste. Aber egal - hier geht es auch nur um eine grobe Einschäzung.
Mir sind im Wesentlichen 2 Dinge unschlüssig, bzw. bedürfen einer kurzen Erklärung:
1. Kann es tatsächlich möglich sein, dass der ermittelte Ertragswert des Unternehmens in der Nähe eines einzigen Jahresgewinns angesiedelt ist und somit in Höhe von 520.000 Euro ausgewiesen wird? Müsste es nicht ein Vielfaches davon sein? Dies führt gemäß den Berechnungen des Steuerberaters meines Mannes nämlich schlussendlich dazu, dass sein Anteil am Ertragswert der Firma nach Steuern nur noch bei 164.000 € liegt.
Im Detail können Sie dies dem Anhang entnehmen.
2. In Zeile 20 "Angemessener Unternehmerlohn" wurde für alle Jahre pauschal 400.000 Euro und in Zeile 27 "Sonstige Abzüge" wurde für alle Jahre pauschal 100.000 € eingetragen. Meine Recherchen im Internet haben allerdings ergeben, dass der angemessene Unternehmerlohn der Lohn ist, den man üblicherweise einem angestellten Geschäftsführer bezahlen würde. Richtwerte lägen hier laut Informationen im Internet bei 102.000 - 145.000 Euro für einen Betrieb dieser Größe, Konstellation und Branche.
Wenn man diese beiden Zeilen verändert, schnellt der Ertragswert in die Höhe und entspricht eher meinen Vorstellungen.
Kann mir jemand zu diesen beiden Fragen Auskunft erteilen?
Vielen Dank im Voraus!
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Antwort von Steuerberater Björn Balluff
Sehr geehrte Ratsuchende,
das vereinfachte Ertragswertverfahren soll anhand der letzten drei Jahresergebnisse vorgenommen werden. Wenn der Steuerberater von 5 Jahren ausgeht, muss jedoch begründet werden, warum die Ergebnisse vor vier bzw. vor fünf Jahren wesentlich für die Bestimmung des Ertragswertes sind. Warum folglich die Berücksichtigung von nur drei Jahren zu unzutreffenden Ergebnisses führen würde.
Der Kapitalisierungsfaktor, der auf den durchschnittlichen Jahresertrag angewendet wird, liegt aktuell bei 18,62. Im Gesetz steht wohl noch ein Faktor von 13,75. Jedoch hat das Bundesfinanzministerium bereits den Faktor an neue Zinsstrukturdaten angepasst.
Nach dem im Ertragswertverfahren bereits Ertragsteueraufwand pauschal mit 30 % berücksichtigt wird, kann der Steuerberater nicht nochmals einen Abzug in Höhe des persönlichen Steuersatzes vornehmen. Weiterhin würde ich den angesetzten Unternehmerlohn in Höhe von 400.000,-- in Frage stellen. 200-250.000 € wären eher als angemessen anzusehen, wenn den Lohn von zwei Geschäftsführern berücksichtigt wird. Die sonstigen Abzüge in Höhe von 100.000 € / Jahr sind m.E. auch eher fragwürdig.
Um Ihre 1. Frage zu beantworten: Ein einziger Jahresgewinn als Ertragswert ist schon eher ungewöhnlich, da das durchschnittliche Betriebsergebnis (bzw. modifiziertes Ergebnis = sogen. Jahresertrag) mit 18,62 zu mulitplizieren ist. Dies ist hier nur geschafft worden, in dem ein 1) überzogener Unternehmerlohn, 2) sonstige nicht begründete Abzüge angesetzt werden und 3) Ertragssteuern doppelt berücksichtigt werden.
In Ihrer 2. Frage haben Sie meine Ausführungen zu einem angemessenen Unternehmerlohn bereits vorweggenommen. Ich stimme Ihnen völlig zu.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Ausführungen weiterhelfen konnte. Für weitere Rückfragen stehe ich Ihnen gerne per Kommentarfunktion zur Verfügung. Über eine positive Bewertung würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen,
Björn Balluff
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Äußerst interessant war für mich vor Allem auch der Hinweis, dass der Abzug der 42% ESt. am Schluss aufgrund der bereits in Abzug gebrachten Ertragssteuer nicht zulässig ist. Das ist eine Unsumme, die sich mein Mann mit diesem Trick "erschummeln" wollte... Nochmals DANKE