Urlaubsanspruch bei Kündigung mit Ablauf der Probezeit
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Ordemann,
ich bin Inhaberin einer Logopädiepraxis und habe im Januar eine neue Mitarbeiterin eingestellt. Das Arbeitsverhältnis begann laut dem geschlossenen Arbeitsvertrag am 8.1.2018. Die vertraglich vereinbarte Probezeit beträgt sechs Monate. Es wurden bei einer vier-Tage Woche 20 Tage Jahresurlaub vereinbart, von denen bereits drei Tage genommen wurden. Nun hat diese Mitarbeiterin mir am 25.6.2018 zum 9.7.2018 gekündigt (laut Kündigungsschreiben: " Hiermit kündige ich am heutigen Tag den bestehenden Arbeitsvertrag ordentlich und fristgerecht innerhalb der Probezeit, sodass das Arbeitsverhältnis bei Ihnen mit dem Ablauf des 9.7.2018 endet."). Nun ist meine Frage wie viele Tage Urlaub dieser Mitarbeiterin noch zustehen? Ist es wegen der Kündigung nach dem 30.6 der komplette Restjahresurlaub oder nur anteilig für die sechs Monate, die die Mitarbeiterin dann bei mir war? Diese Mitarbeiterin wird ein neues Arbeitsverhältnis beginnen. Für den Fall, dass ihr der komplette Jahres Urlaub zusteht und ich diesen dann auszahle, vermute ich, dass es zu einem Doppelurlaubsanspruch kommen wird, da sie den ausgezahlten Urlaub dem neuen Arbeitgeber verschweigen würde. Gäbe es in diesem Fall eine Handhabe dies zu verhindern?
Ich bedanke mich vorab für Ihre Mühe und verbleibe mit freundlichen Grüßen.
S. G.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin Uta Ordemann
Sehr geehrte Mandantin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die wie folgt zu beantworten ist:
Der volle gesetzliche Urlaubsanspruch entsteht erst bei einem mehr als sechsmonatigem Bestehen des Beschäftigungsverhältnisses. Da das Arbeitsverhätlnis am 08.01.2018 begonnen hat, entsteht der volle gesetzliche Urlaubsanspruch nach Ablauf von 6 Monaten und somit nach dem 07.07.2018. Ab dem 08.07.2018 kann die Mitarbeiterin damit den vollen gesetzlichen Urlaubsanspruch geltend machen. Bei einer 5-Tage-Woche beträgt dieser 20 Tage und bei einer 4-Tage- Woche 16 Tage. Diesen Anspruch kann Sie in jedem Fall noch geltend machen am 08.07. oder 09.07.2018, sofern der Urlaub noch nicht gewährt worden ist.
Der darüber hinausgehende vertragliche Anspruch von 4 Tagen und somit insgesamt 20 Tagen, den Sie hier vertraglich vereinbart haben, kann vom Arbeitgeber aber insoweit begrenzt werden als die Mitarbeiterin bei einem Ausscheiden nach 6 Monaten dann bezogen auf die 4 zusätzlichen Tage nur einen anteiligen Anspruch pro Monate erwirbt. Dies setzt aber voraus, dass zwischem dem gesetzlichen Mindesturlaub und dem zusätzlichen vertraglichen Urlaub im Arbeitsvertrag differenziert und der zusätzliche vertragliche Urlaub für diesen Fall beschränkt worden ist. Das ist hier vermutlich nicht der Fall, so dass die Mitarbeiterin die vollen 20 Tage Urlaub ab dem 08.07. beanspruchen kann, sofern er noch nicht gewährt wurde.
Da die Mitarbeiterin aber bereits mit Ablauf des 09.07.2018 ausscheidet, kann der volle Urlaubsanspruch sicherlich nicht mehr ganz gewährt bzw. genommen werden. Grundsätzlich ist der Urlaub, der wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann, dann abzugelten (§ 7 Abs. 4 BUrlG).
Die gewährten bzw. genommenen Urlaubstage werden auf den Entgeltabrechnungen eingetragen. Gleichzeitig ist dem Arbeitnehmer zur Vermeidung von Doppelansprüchen gemäß § 6 Abs. 2 BUrlG eine Bescheinigung über den bereits gewährten bzw. abgegoltenen Urlaub auszuhändigen. Auf diese Weise wird vermieden, dass der Arbeitnehmer gegenüber seinem neuen Arbeitgeber nochmals neuen Urlaub beansprucht, obwohl ihm der volle Jahresurlaub schon gewährt bzw dieser abgegolten worden ist. § 6 Abs. 1 des BUrlG regelt insoweit, dass ein Anspruch auf Urlaub nicht besteht, sofern dieser Anspruch für das laufende Kalenderjahr schon gewährt bzw. erfüllt worden ist.
Falls Sie noch Fragen hierzu haben, melden Sie sich jederzeit gern.
Mit freundlichen Grüßen
Uta Ordemann
Rechtsanwältin
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