Unterhalt Sonderbedarf
Fragestellung
Hallo,
die Exfrau meines Mannes fordert für die Studienfahrt seiner Tochter (17), die jedes Jahr durchgeführt wird, die Hälfte der Kosten. Nach meinen Recherchen ist dieser Sonderbedarf über den Unterhalt (398,00 €) doch abgedeckt. Nach mehreren Schreiben hin und her wollte der Anwalt nur noch die Anzahlung der Fahrt.
Als wir uns geweigert haben dies zu zahlen, kam wiederum ein Schreiben mit der Aufforderung er müsse die letzten zwölf Verdienstbescheinigungen vorlegen, da er aufgrund des höheren Einkommens mehr als die Hälfte zahlen müsse. Zudem hat er sich auf dieses Urteil OLG Hamm FamRZ 2003 1585 (Entscheidung vom 28.10.2002 Az. 8 WF 271/02) berufen.
Ich habe jedoch dieses gefunden, OLG Hamm 21.12.2010 Az. II-2 WF 285/10 und BGH vom 15.2.2006, XII ZR 4/04, FamRZ 2006, 612 ff. Hier ist doch definiert, dass die Kosten über den Unterhalt abgedeckt sind.
Lieg ich hier richtig?
Zudem fordert sie auch die hälftige Begleichung einer Brillenrechnung, die sie bei einem sehr teuren Optiker ohne sein Wissen oder Einverständnis gekauft hat. Die Tochter ist seit mehreren Jahren kurzsichtig. Ist dies nicht auch über den Unterhalt abgedeckt und kann sie irgendeine überteuerte Brille kaufen?
Zudem würde sie den Fall abschließen, wenn wir die hälftigen Brillenkosten und die Anzahlung der Studienfahrt überweisen.
Sie belästigt uns alle paar Monate mit irgendwelchen Forderungen, kann man hier nicht eine Unterlassungsklage anstreben?
Die Zeit drängt, da er die Zahlung bis zum 29.11.2014 fordert
Wenn es erforderlich ist, würde ich sie auch telefonisch kontaktieren.
Vielen lieben Dank
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Antwort von Rechtsanwältin Martina Hülsemann
Sehr geehrte Rechtssuchende,
vielen Dank für Ihre Interesse an meiner Rechtsberatung. Sie haben sich da ein sehr umstrittenes Thema in der Rechtsprechung ausgesucht.
Zum Thema Klassenfahrt gibt es eine Menge Gerichtsentscheidungen, die zum Teil die Klassenfahrten als Sonderbedarf klassifizieren zum Teil aber auch nicht. Insoweit wird es hier, da ich auch nicht weiß, in welchem Gerichtsbezirk das Kind wohnt, keine eindeutige Antwort geben können.
In Ihrem Fall spricht gegen den Sonderbedarf, dass die Klassenfahrt jedes Jahr durchgeführt wird, es somit weit im Voraus fest steht, dass ein entsprechender Bedarf anfallen wird und somit Rücklagen aus dem laufenden Unterhalt gebildet werden können. Auf der anderen Seite wird vertreten, dass Klassenfahrten gerade nicht in den Tabellenbeträgen der Düsseldorfer Tabelle enthalten sind. Vertreten wird auch, dass es darauf ankommt, nach welcher Tabellengrurppe Unterhalt gezahlt wird. Ihr Ehemann zahlt nach Ihren Angaben 115% des Mindestunterhalts, was eher dafür spricht, dass von diesem Betrag keine Rücklagen gebildet werden können.
Sich an der Anzahlung für die Klassenfahrt zu beteiligen, könnte sicherlich ein gangbarer Mittelweg sein.
Bei den Kosten für eine Brille muss die kostenverursachende Maßnahme sachlich begründet und wirtschaftlich zumutbar sein. D.h. ein sehr teueres Brillenmodell dürfte sicherlich schwierig zu rechtfertigen sein. Auch muss hier geprüft werden, welche Kosten von der Krankenkasse übernommen werden. Welchen Grund gab es eine neue Brille anzuschaffen?
Hier bedürfte es noch konkreterer Angaben.
Vertreten werden kann hier sicherlich auch, dass eine Sehschärfenkorrektur bei Kindern nicht überraschend ist und somit die Anschaffung einer Brille keinen zusätzlichen Bedarf bedeutet.
Ich hoffe, dass Sie hiermit einen Anhaltspunkt für Ihr weiteres Vorgehen bekommen haben.
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Vielen Dank
Ich bitte zu berücksichtigen, dass das Oberlandesgericht Hamm zum Thema Klassenfahrt unterschiedliche Entscheidungen getroffen hat.
Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls an. Diese Umstände sind mir nicht vollständig bekannt, wie teuer ist z.B. die Klassenfahrt? Wann wurde über den Preis informiert..
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Sie können sich sicherlich auf das von Ihnen genannte Urteil des OLG Hamm berufen, indem gesagt worden ist, dass die Klassenfahrt jedes Jahr an der Schule stattfindet und damit die Kosten nicht überraschend waren.
Auf der anderen Seite hat das OLG Hamm in einer anderen Entscheidung entschieden, dass trotz dieses Umstandes, die Kosten als Sonderbedarf zu klassifizieren sind.
Die Klassenfahrt war hier zwar längerfristig angekündigt und insoweit voraussehbar, Sonderbedarf kann aber nicht allein nach den Kriterien der Voraussehbarkeit und Planbarkeit abgegrenzt werden. Vielmehr ist zusätzlich zu prüfen, ob aus dem verfügbaren Einkommen überhaupt Rücklagen für den fraglichen Zweck zu bilden gewesen wären oder vorausschauend gebildet werden können (OLG Hamm FamRZ 1993, 996; OLG Bremen v. 30.10.2002 - 4 WF 100/02, OLGReport Bremen 2003, 61 = FamRB 2003, 74; OLG Hamm v. 1.8.2003 - 11 UF 243/02, OLGReport Hamm 2004, 9). Eine solche Rücklagenbildung aus den laufenden Unterhaltszahlungen war und ist hier nicht möglich. Für die Kinder ist nach dem Beschluss des AG vom 4.2.2004 Unterhalt nach Einkommensgruppe 4 zu zahlen. Einschließlich des Kindergelds verbleibt daher für den Unterhalt der Kinder nicht mehr als das Existenzminimum von 135 % des Regelbetrages. Daraus können zwar die normalen Bedürfnisse (Wohnen, Nahrung, Kleidung, Freizeit, Bildung) befriedigt, nicht aber zusätzliche Kosten für Klassenfahrten angespart werden. So hat es das AG zutreffend schon wegen der hälftigen Kosten einer Klassenfahrt entschieden, die die ältere Tochter R. Anfang des Jahres 2004 gemacht hat (Beschl. v. 23.12.2003, Bl. 55 GA).
(OLG Hamm, Beschluss vom 05. April 2004 – 11 WF 62/04 –, juris)
Auf welche Entscheidung sich ein Richter bei einem Gerichtsprozess in Ihrem Fall berufen wird, kann ich nicht vorhersagen. Um Unwägbarkeiten zu vermeiden, hatte ich Ihnen eine Empfehlung gegeben, die Anzahlung hälftig zu übernehmen.
Entscheiden müssen Sie dies aber.