Universitäre Fortbildung als erste Tätigkeitsstätte
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Thomas,
unser Sohn studiert Wirtschaftswissenschaften an der London School of Economics an Political Science (LSE). Er hat in seiner Steuererklärung, neben den Studiengebühren, auch die Wohnheimkosten und - für drei Monate - den Verpflegungsmehraufwand als Werbungskosten angegeben. Nunmehr hat er vom FA eine Anhörung gemäß §91 AO erhalten, wohnach diese Kosten (Wohnheim 7.651 € für vier Monate und Verpflegungsmehraufwand 7.109 €) nicht anerkannt werden sollen, weil die LSE "erste Tätigkeitsstätte" sei. Ich habe mir die seit 2014 geänderte Rechtslage des § 9 EStG erschlossen. Die dort genannten Tatbestandsmerkmale (Vollzeitstudium, kein Dienstverhältnis, kein eigener, zweiter Hausstand außerhalb des elterlichen Haushalts) treffen objektiv zu.
Ich habe das so verstanden, dass Vollzeitstudenten seit 2014 Arbeitnehmern gleichgestellt werden, weil sie in Ihrer Entscheidung über die Aufnahme des Studiums flexibel und keinem Direktionsrecht unterworfen sind.
Dennoch hoffe ich, das FA von der Außergewöhnichkeit dieses Falls überzeugen zu können: Die LSE gilt als eine der angesehensten, forschungsstärksten und vor allem selektivsten Universitäten der Welt. In ihrem Kernbereich, den Sozial-, Politik- und Wirtschaftswissenschaften, rangiert sie auf Platz 2 der Weltspitze, nach Harvard und vor Oxford oder Cambridge.Die Kosten belaufen sich auf überschlägig > 60.000 € p. a. für Studiengebühren und Wohnung / Lebenshaltung. Die Anwartschaft auf herausragende berufliche Perspektiven liegt auf der Hand. Von daher stellt sich mir die Frage, ob mit Erreichung der Zulassung zum dortigen Masterstudiengang nicht eine Sondersituation eingetreten ist, welche einen Verzicht nachvollziehbar ausschließt?
Oder sehen Sie noch sonstige Möglichkeiten, diese Kosten (mit dem ausschließlichen Ziel eines Verlustvortrags) doch noch geltend machen zu können?
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Antwort von Steuerberater Bernd Thomas
Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage aufgrund Ihrer Angaben im Rahmen einer Erstberatung auf yourXpert. Die Beantwortung erfolgt gemäß der von Ihnen gemachten Sachverhaltsangaben. Fehlende oder fehlerhafte Angaben können das rechtliche Ergebnis beeinflussen.
Nach erfolgter Gesetzesänderung (§ 9 Abs. 4 Satz 8 EStG) gelten die Regelungen zr ersten Tätigkeitsstätte auh bei Vollzeitstudenten, ebenso die Regelugen zu Verpflegungsmehraufwendungen und zur doppelten Haushaltsführung.
Somit wird in der Regel eine Anerkennung eines Auslandssemesters als Auswärtstätigkeit höchstens zu erreichen sein, wenn es eine zeitweise Unterbrechung eines Studiums darstellt, nicht, wenn ein ganzes Studium im Ausland absolviert wird.
Ob das Studium an einer renommierten Hochschule erfolgt, ist für die Beurteilung unwesentlich, es kommt lediglich auf den Vollzeitcharakter an.
Angesetzt werden können gegebenfalls allerdings Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung (einschließlich Verpflungsmehraufand für die ersten drei Monate). Dies erfordert jedoch das bestehen eines eigenen Haushalts am Lebensmittelpunkt. Ein Zimmer im Haushalt der Eltern reicht dafür in der Regel nicht aus.
Die Studiengebühren, ebenso wie weitere Kosten des Studiums ohne die Kosten der privaten Lebensführung (insbesondere Unterkunft am Studienort), Umzugskosten usw. sind jedoch abziehbar. Sollte es sich um eine Erstausbildung handeln, als Sonderausgaben, in Fällen einer Zweitausbildung (hier offensichtlich vorliegend, da Masterstudium) als Werbungskosten oder gegebenenfalls Betriebsausgaben mit der Möglichkeit der Beantragung eines Verlustvortrages.
Solange Ihr Sohn noch als Kind berücksichtigungsfähig ist, können Sie als Eltern den Pauschbetrag für auswärtige Unterbringung zu Ausbildungszwecken in der Anlage Kind beantragen.
Gerne stehe ich Ihnen für eine Rückfrage zur Verfügung und im Übrigen würde ich mich, für den Fall, dass Sie mit meiner Beratung zufrieden waren, über eine positive Bewertung hier auf yourXpert sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Thomas
Steuerberater
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