ungewollte Vertragsverlängerung wegen Versäumnis einer Kündigungsfrist
Fragestellung
Hallo Herr Schröter,
ich möchte Rechtsrat von Ihnen bekommen, wie ich reagieren soll auf einer ungewollten Vertragsverlängerung wegen Versäumnis einer Kündigungsfrist.
Rechtslage:
Ich habe in Februar bei Parship Mitgliedschaft gekauft für halbes Jahr. Bis Ende August habe ich nicht fristgemäß gekündigt und der Vertrag wurde für ein Jahr verlängert, und zwar mit einem höheren Tarif. Bis jetzt war die Zahlung noch nicht erfolgt, weil Parship konnte durch meine Kreditkarte das Geld (über 800 EUR) nicht ziehen, aber einen Mahnung geschickt. Ich habe auf dem Internet ein paar Fälle dazu gesehen und die Verlängerung von Parship solle unrecht sein (https://www.anwalt.de/rechtstipps/parship-und-co_103799.html / http://oliver.drobnik.com/2015/01/sieg-uber-parship/). Ich möchte fragen bei meinem Fall, was ich machen soll, statt brav zu zahlen. (Bis jetzt habe ich nur bei Parship Telefondienst Bescheid gegeben, dass ich eigentlich kündigen wollte und habe die Zahlungserinnerung erst jetzt gesehen. Und Parship hat eine 14 Tage Zahlungsfrist gegeben.)
Vielen Dank und beste Grüße
Q. T.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Marcus Schröter
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich nachfolgend auf Grundlage Ihrer Angaben beantworte:
Die automatische Vertragsverlängerung einer Mitgliedschaft bei Verstreichen der Kündigungsfrist ist immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Leider fallen die Urteile nicht einheitlich aus.
Eine Verpflichtung des Anbieters wie in Österreich auf den Kündigungszeitpunkt hinzuweisen, gibt es in Deutschland nicht.
Der Ansatzpunkt ist hierbei ein anderer. In Ihrem Fall erfolgt die Verlängerung zu einem höheren Tarif. Aus meiner Sicht handelt es sich hier um eine unwirksame Klausel, da diese überraschend ist und ggfs. über die Verlängerung in den AGBs nur versteckt informiert wird. Insoweit ist ein Ansatzpunkt, auf die Unwirksamkeit der Klausel hinzuweisen, § 305c Abs. 1 BGB
Eine weitere Möglichkeit besteht daraus, dass eine Onlinepartnervermittlung Dienste höherer Art anbietet. Dies ist dann der Fall, wenn sich die Tätigkeit nicht nur im Betrieb einer Onlineplattform besteht, sondern auch Persönlichkeitsanalysen und konkrete Partnervorschläge erfolgen, was in der Regel der Fall ist.
Aufgrund eines solchen besonderen Vertrauensverhältnisses ist der Vertrag als Dienstvertrag höherer Art gemäß § 627 Abs. 1 BGB anzusehen (so das OLG Dresden, Urteil v. 19.08.2014, Az. 14 U 603/14, LG Traunstein, Urteil v. 10.4.2014, Az. 1 S 3750/13).
Ein drittes Argument besteht darin, dass ein Vertrag über eine Partnervermittlung kein Zahlungsanspruch nach § 656 BGB zur Folge hat.
Bei einem Dienstverhältnis höherer Art ist dies jederzeit kündbar.
Zur weiteren Vorgehensweise empfehle ich daher den Vertrag sofort zu kündigen unter Verweis auf § 627 BGB. Eine Zahlung sollte nicht erfolgen.
Aufgrund der nicht einheitlichen Rechtslage empfehle ich, zunächst eine weitere Zahlung abzuweisen. Unterbreitet die Gegenseite einen wirtschaftlich sinnvollen Vergleichsvorschlag sollte ein Vergleich gegen eine geringere Zahlung in Betracht gezogen werden.
Ich hoffe ich konnte Ihnen weiterhelfen und einen hilfreichen Überblick verschaffen.
Mit besten Grüßen
Marcus Schröter
Rechtsanwalt
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