Umsatzsteuer International
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich stehe kurz davor eine App für Windows 8 und Mac OS X fertigzustellen. Die App wird über die App Stores von Apple und Microsoft and jedermann weltweit verteilt. Die App erlaubt es dem Nutzer eine PDF Datei auszuwählen und als richtigen Brief drucken, kuvertieren, frankieren und verschicken zu lassen. Darüber hinaus kann der Kunde dem Brief mit einer passenden Smartphone App seine Unterschrift hinzufügen.
Die Nutzer zahlen per Kreditkarte an mich. Ich schlage einen fixen Betrag auf (später evtl. auch dynamisch, z.B. je nach Höhe der Vermittlung) und vermittle das Anliegen automatisch über meinen Server an einen anderen Vermittler. Dieser andere Vermittler gibt den Gegenstand letzten Endes bei einem von 23 auf der Welt verteilten Leistungserbringern in Auftrag. Ein Brief, der in die USA geschickt wird, wird in Denver gedruckt und erreicht sein Ziel dadurch schneller als mit der Deutschen Post. Später möchte ich manche Aufträge auch direkt an verschiedene Leistungserbringer vermitteln.
Der Vermittler sitzt in Australien. Die Leistungserbringer sitzen teilweise innerhalb der EU, teilweise außerhalb.
Für den Nutzer ist klar erkennbar (z.B. wird verlangt meine sowie die AGB des Vermittlers zu bestätigen), dass es sich um eine Vermittlung handelt.
Von meinen Nutzern verlange ich die Rechnungsdaten und schicke ihnen dann per Email eine Rechnung. Die Nutzer können dabei einen Firmennamen angeben. Darauf basierend könnte ich herausfinden ob es sich um eine Firma oder um eine Privatperson handelt. Es wäre vermutlich auch möglich dies über die Kreditkartenfirma herauszufinden.
Ein Beispiel der Preisgestaltung für einen einseitigen Brief nach Deutschland über den australischen Vermittler:
+ Kosten für Briefdruck, Kuvertierung, Versand und Porto beim Vermittler: 1,40€
+ Kosten der Kreditkartenfirma 0,35€
+ Mein Aufschlag: 1,00€
+ Netto Gesamtpreis: 2,75€
Geplant ist, dass ich die App als Einzelunternehmer ohne Eintrag im Handelsregister betreibe. Auf die Art und Weise betreibe ich auch andere IT Dienstleistungen. Ich bin nicht Kleinunternehmer.
Ich vermute, dass die Gesamteinnahmen mit dieser App bei maximal 10000€ jährlich liegen.
Nach Möglichkeit möchte ich es vermeiden Umsatzsteuer zu zahlen. Vor allem für Geschäfte mit ausländischen Kunden.
Einige Schlupflöcher habe ich bereits “entdeckt”. Beispielsweise das agieren als Vermittler, Gründung einer GbR mit einem Partner als Kleingewerbe, Anmeldung der Firma im Ausland z.B. Luxemburg, evtl. Auftritt als Postdienstleister, etc.
Meine Frage an sie ist ob Sie irgendwelche Schlupflöcher sehen, die in diesem Fall anwendbar wären bzw. welche.
Wie muss ich die Umsatzsteuer bei Geschäften mit Privat-/Geschäftskunden aus Deutschland/EU-Ländern/Drittländern ausstellen im Falle eines Schlupflochs und ohne Schlupfloch?
Ist es korrekt über die Rechnungsadresse zu bestimmen ob es sich um eine Firma/Privatperson handelt und ob es sich um eine deutsche/europäische/oder drittländische Person/Firma handelt?
Außerdem: Sollte der australische Vermittler mit VAT in Rechnung stellen. Kann ich diese geltend machen?
Vielen Dank für Ihre Hilfe!
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Steuerberater/Dipl.-BW (FH) Sascha Blum
Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
Ihre Leistung besteht in der zur Verfügungstellung der App.
Sie sprechen von einem Netto-Gesamtpreis im Beispiel von 2,75 €.
Nach meiner Einschätzung ist das eine unteilbare Leistung, die einheitlich zu beurteilen ist.
Es handelt sich um eine sonstige Leistung.
Ort der sonstigen Leistung ist bei deutschen Konsumenten in Deutschland, also mit 19% USt steuerbar und steuerpflichtig.
Bei Konsumenten aus dem EU-Ausland ist zu unterscheiden zwischen Unternehmern und Privatpersonen.
Unternehmer haben eine sog. USt-ID, die ist von Ihnen immer zu prüfen. Hierzu benötigen Sie ebenfalls eine USt-ID.
http://evatr.bff-online.de/eVatR/
Nur wenn diese Nummer noch gültig ist dürfen Sie die Rechnung ohne USt ausstellen.
Die Leistungen an EU-Privatpersonen ist mit 19% steuerpflichtig.
Für Leistungen an Konsumenten im Drittland fällt keine Umsatzsteuer an, weil der Ort der sonstigen Leistung im Drittland (Bestimmungslandprinzip) liegt.
Der deutsche Unternehmer erhält die in Rechnung gestellte USt wieder erstattet.
Über die Adresse können Sie nur bestimmen, in welchem Land der Empfänger Sitzt!
Die Unterscheidung ob es sich um einen Unternehmer oder eine Privatperson handelt ist nur im EU-Ausland wichtig und immer zu prüfen.
Die GbR
Wenn Sie die Umsatzsteuer auf Leistungen im Inland und EU-Privatpersonen vermeiden wollen, besteht die Möglichkeit einer GbR, die einen Jahresumsatz von unter 17.500,00 € hat und als Kleinunternehmer behandelt werden kann.
Das ist aber kein Schlupfloch, diese Steuerbefreiung wird erkauft mit dem Verzicht auf den Vorsteuerabzug aus Einkaufsrechnungen.
Ihre Dienstleister
Die anderen Dienstleister stellen Rechnungen an Sie. Wenn Sie eine USt.ID haben wird Ihnen aus dem EU-Ausland keine Umsatzsteuer berechnet und auch aus dem Drittland berechnet keiner Umsatzsteuer.
Von einer Anmeldung der Firma in einem Land, in dem keine Betriebsstätte geplant ist rate ich ab, weil dann das Steuerrecht von beiden Ländern zu beachten ist und faktisch doch deutsches Recht anzuwenden ist. Und im Nachgang alles zu berichtigen wird in der Regel teurer als der Umsatzsteueraufwand. Bitte bedenken Sie auch, dass die Umsatzsteuer bei der Gewinnermittlung als Betriebsausgabe abzugsfähig ist.
Mit besten Grüßen
Sascha Blum
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danke für die superschnelle Beantwortung der Frage!
Ein paar Dinge habe ich noch nicht verstanden:
Woran mache ich nun fest ob es sich um einen Kunden aus Deutschland/dem EU-Ausland/einem Drittland handelt. An der Adresse, die die Person als Rechnungsadresse angibt?
Oder sollte ich das über den Kreditkartenanbieter prüfen?
Unter welchen Umständen würde es sich um eine teilbare Leistung handeln?
Vielen Dank!
ja Sie müssen sich schon auf die Richtigkeit der Adressdaten verlassen dürfen, die Ihnen die Kunden angeben. Auch die Ergänzung in der E-Mail-Adresse kann ein Indiz für die Herkunft sein. z. B. .nl für Niederlande usw.
Teilbar ist eine Leistung dann, wenn sie angeboten werden kann ohne dass die andere Leistung zwingend erforderlich ist, wie z. B. der Druck und das Porto.
Nach Ansicht der OFD Frankfurt a. M. kann das Porto nur als durchlaufender Posten behandelt werden, wenn der Kunde in Rechtsbeziehungen zur Deutschen Post AG tritt. Dies setzt voraus, dass der Kunde als Absender auf dem Brief vermerkt ist.
Die Weiterbelastung des Portos ist damit als durchlaufender Posten zu behandeln (ohne USt), wenn
•das Unternehmen Briefe für den Auftraggeber versendet,
•das Porto verauslagt und
•der Auftraggeber als Absender auf den Briefen genannt ist.
Auch dann, wenn der Auftraggeber
•sich als Großkunde bei der Deutschen Post AG anmeldet,
•die Briefe dort einliefert und
•als Absender angegeben wird.
Verwenden Sie ihren eigenen Freistempler, so stellt die Weiterbelastung des Portos einen durchlaufenden Posten dar, WENN Sie in den Stempel das sogenannte „Klischee“ des Auftraggebers einsetzen oder auf andere Weise den Kunden, z.B. durch Absenderaufkleber oder Aufdruck des Absenders auf den Umschlag, als eigentlichen Absender kennzeichnet.
Konsequenz
Seitdem die generelle Steuerbefreiung der Post mit Wirkung vom 1.7.2010 entfallen ist, unterliegen Geschäftsbriefe regelmäßig der Umsatzsteuer. Wird der Bruttobetrag nun weiterbelastet und handelt es sich hierbei um einen durchlaufenden Posten, darf die in diesem Betrag enthaltene Umsatzsteuer nicht gesondert ausgewiesen werden. Wird dies nicht beachtet, so schuldet das versendende Unternehmen diese Umsatzsteuer, zusätzlich zu der Umsatzsteuer, die für die eigene Dienstleistung fällig wird. Den Kunden kann der Vorsteuerabzug aus der Rechnung der Post ermöglicht werden, indem ihnen die Originalrechnung der Post ebenfalls weitergeleitet wird.
Hinweis
Die Differenzierung als Leistung oder durchlaufenden Posten ist weiterhin wichtig, um die Umsatzsteuer korrekt abzurechnen. Die Verfügung nimmt ferner zur umsatzsteuerlichen Behandlung postvorbereitender Leistungen durch sog. Konsolidierer Stellung. Hier werden auch Rechnungsmuster vorgestellt, die beachtet werden sollten.
(OFD Frankfurt a. M., Verfügung v. 26.7.2011, S-7200 A – 180 – St 111)
Mit besten Grüßen
Sascha Blum