Umgang mit der Erbmasse, wenn ein Miterbe nicht auffindbar ist
Fragestellung
Guten Tag,
unsere Mutter ist im November 2017 verstorben und hinterlässt zwei Töchter und einen Sohn. Das Testament ist bereits Mitte Januar 2018 den beiden Töchtern eröffnet worden. Der Sohn konnte bisher vom Nachlassgericht wegen eines Sperrvermerks beim Einwohnermeldeamt noch nicht ermittelt werden. Auch die Töchter wissen nichts vom Verbleib des Bruders, weil seit 35 Jahren kein Kontakt zu ihm besteht.
Die gesamte Erbmasse (Bargeldvermögen im Wert von ca. 60000€) ist den Töchtern bekannt. Zunächst die eine Frage:
Wie kann es sein, dass selbst ein Nachlassgericht beim Einwohnermeldeamt keine Auskunft bekommt?
Das Testament beinhaltet, dass jeder der drei Kinder ein Drittel bekommen soll. Wie gehen wir jetzt mit der Erbmasse um, wenn der 3. Erbe noch fehlt?
Können wir das Erbe schon entsprechend aufteilen und den Anteil des Bruders auf ein gesondertes Bankkonto "parken". Wenn ja, wer verwaltet seinen Anteil, denn wir möchten keinesfalls mit dem Bruder in Kontakt treten. Das Elternhaus wurde vor 12 Jahren meiner Schwester überschrieben mit eingetragenem lebenslangen Nießbrauchrecht für unsere Mutter. Kann der Bruder, wenn er dann doch auftauchen sollte, Ansprüche an meine Schwester stellen z. B. mit einem weiteren von ihm vorgelegten Testament neuerem Datums? Nun zur letzten Frage:
Welches Risiko gehen wir bei einer Annahme der Erbschaft ein, wenn der Bruder verschuldet ist und eine Bürgschaft über seine Schulden von unserer Mutter erhalten hat?
Mit freundlichem Gruß
S. R.
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Antwort von Rechtsanwalt Patrick Hermes
Sehr geehrter Ratsuchender,
ich gehe davon aus, dass der Sohn noch lebt, also nicht vorverstorben ist, sondern nur derzeit unbekannten Aufenthaltes. Es wird soweit der Sohn nicht auffindbar ist, eine Teilnachlaßpflegschaft angeordnet nach § 1960 BGB. Die übrigen zwei Miterben können (noch) nicht über den Nachlaß verfügen; Sie können allerdings einen sog. Teilerbschein beantragen.
Falls Sie die Erbschaft schon angenommen haben und nachträglich herauskommt, dass der Nachlaß aufgrund einer etwaigen Bürgschaft überschuldet ist, können Sie die Annahme der Erbschaft anfechten, so dass diese nicht angefallen ist.
Ein neueres Testament kann immer vorgelegt werden, welches ältere Testamente aufhebt. Dies ist immer möglich.
Das Nachlaßgericht muss weiter von Amts wegen ermitteln. Ein sog. Sperrvermerk kann auch das Nachlaßgericht nicht aushebeln. Wenn der Sohn allerdings arbeitet und man sein Geburtsdatum hat, findet man leicht heraus, ob er in Deutschland wohnhaft ist.
Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit besten Grüßen
RA Hermes
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