Überprüfung der Anwaltsrechnung
Beantwortet von Rechtsanwalt Stefan Steininger
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen,
in der Rechnung vom 22.11.17 hat meine Anwältin eine 1,8 Geschäftsgebühr berechnet.
Nach meiner Kenntnis wird in Fällen mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad eine 1,3 Geschäftsgebühr berechnet.
In dem Erbstreit mit meiner Schwester war die Erbfolge nicht streitig, es gab kein Testament und keine anderen anspruchsberechtigten Personen. Auch die vor dem Tod unserer Mutter erhaltenen Schenkungen als Vorausempfänge waren nicht streitig. In dem Erbstreit ging es lediglich darum, dass meine Schwester einen zusätzlichen Geldbetrag für sich beanspruchen wollte und nicht damit einverstanden war, dass die Beerdigung unserer Mutter von der Erbmasse bezahlt wird; hier sollte ich alleine für die Kosten aufkommen.
In dem außergerichtlichen Verfahren fanden mehrere persönliche Gespräche mit meiner Anwältin statt, und sie hat mit dem Anwalt meiner Schwester telefoniert und E-Mails geschrieben.
Ein hoher Arbeitsaufwand oder eine besonders komplizierte Sachlage in dem außergerichtlichen Verfahren, der eine 1,8 Geschäftsgebühr rechtfertigen würde, kann von mir nicht nachvollzogen werden.
Ist es tatsächlich so, dass bereits ein Zeitaufwand von 4 Stunden die Überdurchschnittlichkeit begründet?
Und ist die 1,8 Geschäftsgebühr tatsächlich gerechtfertigt?
In der Rechnung vom 22.11.17 wurde von meiner Anwältin außerdem eine 1,2 Termingebühr berechnet. Hierbei hat sie einen Gegenstandswert von 410.000 € zugrunde gelegt.
Tatsächlich wurde aber vom Anwalt meiner Schwester lediglich mitgeteilt, dass er für eine Darlehensrückforderung in Höhe von 19.850 € von meiner Schwester einen Klageauftrag erteilt bekommen habe, im Falle, dass ich den Forderungen meiner Schwester nicht nachgeben würde. Es war aber kein Gerichtsverfahren anhängig.
Meine Anwältin hat noch angegeben, dass der Anwalt meiner Schwester auch einen Klageauftrag für die Einforderung des Wohnungsschlüssels erhalten habe. Auch hier war kein Gerichtsverfahren anhängig.
Kann die Anwältin in einem außergerichtlichen Verfahren - ohne dass ein Gerichtsverfahren anhängig ist - trotzdem eine Termingebühr verlangen?
Und würde sich die Termingebühr dann nicht nach dem Gegenstandswert für die Darlehensforderung (19.850 €) richten?
Wie hoch würde der Gegenstandswert sein, wenn im Falle der Wohnungsschlüsselübergabe eine Termingebühr gefordert werden darf? Würde sich der Gegenstandswert in dem Falle nicht nach meinem Erbanteil richten, also der Hälfte des geschätzten Immobilienwertes?
Es betrübt mich sehr, dass ich kein Vertrauen in meine Anwältin mehr haben kann. Aber ich habe bereits im Verlauf des außergerichtlichen Verfahrens immer mehr gemerkt, dass die Anwältin meine Interessen nicht gut vertreten hat, und dass es in der ganzen Zeit nicht zu der geringsten Annäherung geschweige denn zu einer Einigung gekommen ist. Letztendlich habe ich dann auch das Mandat beendet, ohne dass eine Einigung erreicht war. Zusätzlich hat mich irritiert, dass meine Anwältin in der Vorschussrechnung vom 14.9.17 lediglich einen Pauschalbetrag in Höhe von 6.000 € gefordert hat, ohne in der Rechnung den Gegenstandswert und die Geschäftsgebühr anzugeben, und dass sie erst auf mehrfache Nachfrage den Gegenstandswert mitgeteilt hat. Erst mit der Rechnung vom 22.11.17 habe ich dann erfahren, dass sie eine 1,8 Geschäftsgebühr berechnet hat.
Ich bedanke mich für Ihre Mühe und erwarte Ihre baldige Rückmeldung. Falls Sie noch Fragen haben, stehe ich Ihnen natürlich auch gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. med. S. F.
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Antwort von Rechtsanwalt Stefan Steininger
Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Vorab zur Klarstellung: Bislang sind lediglich VORSCHUSS-Rechnungen vorgelegt. Wenn Sie nun schreiben, dass Sie das Mandat beendet haben, müssen Sie eine abschließende Abrechnung erhalten. Wenn dies nicht der Fall ist, fordern Sie diese bitte an.
Sollten Sie in dieser Angelgenheit wieter Hilfe, insbesondere in einem evtl. Klageverfahren benötigen, teile ich gerne mit, dass ich biesbezüglich ebenfalls zur Vertretung bereit bin. Ein Auftreten vor dem Landgericht Heilbronn ist problemlos möglich, insbesondere auf Grund der räumlichen Nähe.
Leider kann ich nicht abschließend beurteilen, ob der Ansatz einer 1,8 Gebühr angemessen ist. Allerdings hege ich hieran anuch Zweifel nachdem, was Sie schildern. Ein höherer Ansatz ist nur dann zulässig, wenn die Angelegenheit umfangreich oder schwierig war. Besondere Schwierigkeiten sehe ich hier nun auch nicht, auch der Umfang erscheint nicht übermäßig. Wenn dieser Punkt in der Endrechnung unverändert beleibt, sollten Sie eine Begründung verlagen und diese ggf. weiter prüfen lassen).
Die in Ansatz gebrachte Terminsgebühr ( 3104 VV-RVG)entsteht nur im gerichtlichen Verfahren. Es kommt nicht darauf an, ob der gegenerische Anwalt Klageauftrag hat, sondern ob eine Klage anhängig ist. Nachdem dies nicht der Fall ist, kann diese nicht in Rechnung gestellt werden. Entsprechende Verhandlungen können, wenn Sie tatsächlich geführt werden allerdings einen gewissen höheren Umfang der außergerichtlichen Tätigkeit begründen. Aber dazu benötigen Sie Darlegungen des bisherigen Anwalts.
Sollten Sie auch in dieser Frage weietre Unterstützung benötigen, biete ich Ihnen gerne auch hier eine weitere Vertretung an.
Fordern Sie zunächjst die Schlussrechung und prüfen Sie diese an Hand des oben Gesagten.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen zunächst helfen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
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