Tschechischer Unternehmer stellt Rechnung an deutschen Kleinunternehmer
Fragestellung
Ein in Tschechien ansässiges Unternehmen führt für ein in Deutschland ansässiges Unternehmen online Dienstleistungen (Suchmaschinenoptmierung, Webseitenerstellung, Kundenakquise usw) aus.
Das in Deutschland ansässige Unternehmen nimmt die Kleinunternehmerregelung in Anspruch und besitzt KEINE USt-ID bzw. VAT Nummer.
Frage 1: Muss der in Tschechien ansässige Rechnungssteller in seinem Land Umsatzsteuer für die in Rechnung gestellte Dienstleistung abführen? Bitte beziehen Sie sich hier auf das tschechische Umsatzsteuerrecht.
Frage 2: Muss der Kleinunternehmer als Rechnungsempfänger Umsatzsteuer in Deutschland abführen? Bitte beziehen Sie sich hier auf das deutsche Umsatzsteuerrecht.
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Antwort von Steuerberater Patrick Peiker
Sehr geehrter Ratsuchender,
ich danke Ihnen für die Erteilung Ihres Auftrags. Gerne kann ich Ihnen Ihre Fragen zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der an Sie erbrachten Leistung beantworten.
Vorab:
Eine getrennte Betrachtung nach deutschem und tschechischem Umsatzsteuerrecht ist hier nicht erforderlich, da umsatzsteuerrechtliche Vorgänge zwischen EU-Mitgliedsstaaten umsatzsteuerrechtlich harmonisiert wurden. Somit bestehen EU-weit einheitliche Regelungen.
Das in Tschechien ansässige Unternehmen erbringt an Sie eine sonstige Leistung. Für die Frage wo Umsatzsteuer hierfür abgerechnet werden muss, ist entscheidend wo die sonstige Leistung als Erbracht gilt. Da Sie als Leistungsempfänger selbst Unternehmer im umsatzsteuerrechtlichen Sinne sind, gilt die sonstige Leistung nach 3 Abs.2 UStG als in Deutschland erbracht. Somit ist in Deutschland Umsatzsteuer abzuführen.
Es gilt hier die Besonderheit, dass nach §13b Abs.1 UStG der Emfpfänger und nicht das leistende Unternehmen die Umsatzsteuer in Deutschland anmelden und an das Finanzamt abführen muss. Das an Sie leistende tschechische Unternehmen darf deshalb in seiner Rechnung weder tschechische noch deutsche Umsatzsteuer ausweisen. Sie müssen auf den in Rechnung gestellten Rechnungsbetrag 19% Umsatzteuer berechnen und diesen dann an das Finanzamt abführen.
Dass Sie in Deutschland Kleinunternehmer sind und keine Umsatzsteuer-ID besitzen, spielt bei diesem Besteuerungsverfahren keine Rolle. Sie haben deshalb in Höhe der für das tschechische Unternehmen abzuführenden Umsatzsteuer keinen Vorsteuerabzug.
Ich hoffe Ihre Fragen zusfriedenstellend beantwortet haben zu können. Bei weiteren Unklarheiten können Sie sich sehr gerne über die Kommentarfunktion bei mir melden. Über eine positive Bewertung von Ihnen würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Patrick Peiker | Steuerberater
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vielen Dank für Ihre Ausführungen.
Meines Wissens gibt es bei Reverse Charge innerhalb der EU eine Prüfpflicht des leistenden Unternehmens, dass der Rechnungsempfänger umsatzsteuerlich gemeldet ist. Was muss der tschechische Unternehmer tun, wenn der Rechnungsempfänger gemäß Fragestellung keine USt-ID bzw. VAT Nummer besitzt?
In Deutschland kann ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer Reverse Charge nicht anwenden, wenn der Rechnungsempfänger im EU Ausland nicht über eine VAT Nummer verfügt. Ist das in Tschechien genauso?
dass bei einer Leistungserbringung eines deutschen Unternehmers im EU-Ausland die USt-ID sowohl des Leistungserbringers als auch des Leistungsempfängers auf der Rechnung aufgeführt werden muss, haben Sie richtig erkannt.
Das tschechische Umsatszteuerrecht könnte hiervon abweichen, jedoch ist dies aus meiner Sicht unwahrscheinlich, da, wie bereits ewähnt, das internationale Umsatzsteuerrecht EU-weit harmonisiert ist.
Auch wenn die Aufführung der USt-ID nach tschechischem Recht nicht erforderlich wäre, so wäre es dem tschechischen Leistungserbringer anzuraten diese vom Leistungsempfänger in Erfahrung zu bringen, um sicherzustellen, dass die Voraussetzungen für das Reverse-Charge-Verfahren vorliegen. Sollte dies nämlich nicht der Fall sein, würde für die erbrachte Leistung tschechische Umsatzsteuer anfallen, für die der Leistungserbringer haftet.
Mit freundlichen Grüßen
Patrick Peiker | Steuerberater
offen gesagt bin ich mit den "ungefähren Ausführungen" in Bezug auf das tschechische Umsatzsteuerrecht nicht zufrieden. Ich hatte spezifisch nach den tschechischen Regelungen gefragt.
Sie schreiben "Das tschechische Umsatszteuerrecht könnte hiervon abweichen, jedoch ist dies aus meiner Sicht unwahrscheinlich, da, wie bereits ewähnt, das internationale Umsatzsteuerrecht EU-weit harmonisiert ist."
Es könnte also so oder so sein. Letztlich treffen Sie hier eine Annahme und ziehen sich auf EU Regelungen zurück unter der Annahme, dass diese genau so für Tschechien gelten wie für Deutschland.
Das kann so sein, aber genau diese Unwägbarkeit wollte ich mit meiner Fragestellung ausmerzen. Nun bin ich genauso schlau wie vorher.
die Kernaussage meiner Ausführungen ist, dass zur Sicherstellung der Anwendbarkeit des Reverse-Charge-Verfahrens die USt-ID vom leistenden Unternehmer immer eingeholt werden sollte. Unabhängig davon ob dies nach tschechischem Recht so vorgeschrieben ist oder nicht.
Fakt ist, dass dieses Verfahren EU-weit gilt, also auch in Tschechien. Damit das Verfahren funktioniert sind deshalb alle EU-Staaten dazu verpflichtet diese Regelung in gleicher Form umzusetzen. Wenn also nach deutschem Recht die Einholung der USt-ID erforderlich ist, dann kann dies nach tschechischem Recht systembedingt nicht anders sein.
Auch wenn ich kein tschechischer Jurist bin, so kann ich durch Anwendung dieser juristisch logischen Schlussfolgerung sagen, dass der tscheschische Unternehmer in Ihrem Fall die USt-ID des deutschen Leistungsempfängers einholen muss. Er setzt sich sonst der Gefahr aus nachträglich für die tschechische USt haften zu müssen.
So ist die Sachlage. Wenn der Leistungsempfänger Unternehmer ist, dann sollte er ja eine USt-ID haben oder diese einfach beantragen können. Also wäre es kein Problem vom Leistungserbringer diese einzuholen.
Mit freundlichen Grüßen
Patrick Peiker