Testamentsvollstrecker - Vermächtnisnehmer
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Grass,
ich wurde von meiner verstorbenen Tante als Testamentsvollstrecker bestimmt und ich habe das Amt angenommen.
Meine Tante hat testamentarisch eine Geldzuwendung an ihre Nichte in Italien vermacht. Dieser Nichte habe ich geschrieben, aber keine Antwort erhalten. Unter der mir bekannten Telefonnummer kann ich sie auch nicht erreichen - kein Anschluss unter dieser Nummer.
Muss ich nun kostspielige Nachforschungen darüber anstellen, wo die Nichte heute wohnt bzw. ob sie überhaupt noch lebt? Ich kann kein Italienisch und die Menschen dort iin Sizilien sicherlich auch kein Deutsch oder Englisch.
Meine Tante hat obendrein noch die Abkömmlinge der Nichte als Ersatzvermächtnisnehmer bestimmt.
Was muss ich also unternehmen, damit ich meiner Pflicht als Testamentsvollstrecker genüge tue?
Mit freundlichen Grüßen
Hans R.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin Silvana Grass
Sehr geehrter Ratsuchender,
die Aufgaben des Testamentsvollstrecker sind in § 2203 BGB geregelt und ergeben sich ggf. ergänzend aus dem Testament.
Der Erblasser hat in dem Testament seiner Nichte ein Vermächtnis ausgesetzt und Sie sind verpflichtet, diesen Erblasserwillen durchzusetzen. Dabei müssen Sie zumutbare Recherchen anstellen, um die Umsetzung des Willen zu erreichen. Damit sind Sie verpflichtet, im zumutbaren Rahmen Nachforschungen anzustellen.
Als zumutbar wird man hier einstufen können, die Nachforschung, ob die Nichte noch an der Ihnen bekannten Anschrift lebt und falls nicht, wohin sie verzogen ist. Dies kann durch eine Anfrage bei der Stadt- oder Gemeindeverwaltung in Italien (auch in englischer Sprache) erfolgen. Hierzu kann man sich sicher zur Unterstützung auch eines der italienischen Konsulate – sind in vielen Bundesländern vorhanden – oder an die italienische Botschaft in Berlin wenden. Umgekehrt kann man sich bei der Deutschen Botschaft in Italien erkundigen, ob man dort Informationen zu der Nichte hat.
Auch Recherchen über das Internet, bei Facebook, Instagram usw. wird man als „unerlässlich“ einstufen.
Ist Ihnen eine letzte deutsche Adresse der Nichte bekannt, kann man auch von dieser Stadt oder Gemeinde eine Meldeauskunft verlangen können.
Auch wird man sich an das Standesamt wenden können, um herauszufinden, ob diese Nichte ggf. verstorben ist. Wenn sie nach Ihrem Kenntnisstand zuletzt im Ausland gelebt hat, dann wäre hierfür das Standesamt in Berlin zuständig. Auch könnte man ggf. das Rote Kreuz einschalten, die auch eine Vermisstensuche durchführen.
Diese Recherchen sind zwar sicher etwas langwierig und lösen auch Kosten aus, aber weder Kosten noch Verfahren wird man hier als unzumutbar einschätzen können.
Weitere Maßnahmen sind allerdings nicht zumutbar. Keinesfalls ausreichend ist jedoch, jegliche Recherchen abzulehnen und den betreffenden Teil des Nachlassvermögens gleich an die Ersatzvermächtnisnehmer zu verteilen.
Ich hoffe, Ihnen verständlich einen Überblick im Rahmen des Auftrages erteilt zu haben. Falls es weitere Fragen geben sollte, teilen Sie dies bitte mit.
Mit freundlichen Grüßen
RA Grass
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vielen Dank für die ausführliche Antwort!
Vielleicht können Sie mir noch eine Frage in diesem Zusammenhang beantworten. Selbstverständlich würde ich dies, wenn gewünscht, extra honorieren.
Meine Tante hat im ersten (notariellen) Testament ihre Nichte als Alleinerbin eingesetzt. Im Wege eines Vorausvermächtnisses hat sie ihr dann einen Geldbetrag vermacht und zusätzlich als Ersatzvermächtnisnehmer deren Abkömmlinge nach ges. dt. Erbfolge bestimmt.
In ihrem 2. (handschriftlichem und letztem) Testament hat sie diese Nichte als Alleinerbin gestrichen und wörtlich geschrieben: "Sie soll xxx Euro erhalten".
Weiter unten hat sie ausgeführt: "Alle anderen Vermächtnisanordnungen bleiben wie im 1. Testament festgelegt."
Meine Frage dazu: Falls diese Nichte nun nicht auffindbar oder gestorben sein sollte, was gilt dann? Soll nur sie diesen Geldbetrag erhalten oder gilt der Passus mit den Abkömmlingen weiter?
Sie hatte im 1. Testament nämlich im selben Paragraphen ausgeführt: "Dieses Vermächtnis geht den übrigen Vermächtnissen im Range vor. (Dies soll sicherstellen, dass der Alleinerbin im Falle einer Vermögensminderung dieser Betrag vor Erfüllung der Geldvermächtnisse der weiteren Vermächtnisnehmer verbleibt.)"
Jetzt ist diese Nichte aber gar nicht mehr Alleinerbin.
Mit freundlichen Grüßen
Hans R.
gern möchte ich Ihnen auf Ihre Anfrage antworten. Nur um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: können Sie mit die beiden Testamente zukommen lassen ?
Mit freundlichen Grüßen
RA Grass
https://www.uposso.de/nextcloud/index.php/s/XEBD83yjKPAmKen
Bitte rufen Sie mich an, dann teile ich Ihnen das Passwort mit. Alternativ kann ich es Ihnen per SMS schicken. Dazu müssten Sie mir eine Telefonnummer mitteilen.
MfG Hans R.
laden Sie bitte die Dokumente hier hoch. Vielen Dank !
Mit freundlichen Grüßen
RA Grass
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MfG H.R.