Streichen nach dem Auszug
Fragestellung
Hallo,
ich bin am September 2015 in eine Mietwohnung gezogen. Aufgrund der Dringlichkeit (neuer Arbeitsbeginn und Umzug von Nord- nach Süddeutschland) haben wir die Wohnung ungestrichen übernommen. Jetzt nach etwas mehr als 2 Jahren haben wir die Wohnung zum 30.11.2017 gekündigt. Aus gutem Willen haben wir die Wohnung einmal durchgestrichen. Dem Vermieter ist dies aber nicht gut genug, weshalb er die Wohnung nochmal streichen lassen und mir die Kosten übertragen möchte.
In meinem Mietvertrag steht unter §10 Schönheitsreparaturen folgendes:
---
Der Mieter stellt den Vermieter von allen Ansprüchen auf Durchführung von Schönheitsreparaturen frei. Die fachmännische Ausführung von Schönheitsreparaturen während der Mietzeit übernimmt der Mieter auf eigene Kosten. Hierzu gehören das Anstreichen von Wänden und Decken in neutralen Farbtönen, das Pflegen der Fußböden (Laminat- und Parkettfußböden dürfen nur nebenfeucht gewischt werden). Der Mieter verpflochtet sich, die Schönheitsreparaturen an Wänden und Decken der Küche, des Bades, der Wohn- und Schlafräume und des Flures im Allgemeinen alle 5 Jahre , der sonstigen Räume im Allgemeinen alle 7 Jahre , jeweils vom Beginn der Mietverhältnisses, fachgerecht auszuführen. Im allegemeinen bedeuted, dass es sich bei den angegebenen Fristen nur um flexible Erfahrungssätze handelt, die der tatsächlichen Abnutzung anzupassen sind.
Die Wohnung wird frischgestrichen übergeben. Der genaue Zustand der Wände und Decken wird im Übergabeprotokoll zur Wohnugn dokumentiert. Sind beim Auszug des Mieters die Schönheitsteparaturen gem. genannten Fristenplan noch nicht fällig, zahlt der Mieter an den Vermieter eine Entschädigung nach dem tatsächlichen Grad der Abnutzung der Wände und Decken.
----
Jetzt meine Frage, muss ich die Rechnung für die Malerarbeiten übernehmen oder ist die Forderung unberechtigt?
Danke und VG
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
09005 5555 13 * anrufen
Antwort von Rechtsanwältin Silvana Grass
Sehr geehrter Ratsuchender,
grundsätzlich geht das Gesetz in § 535 BGB von der Pflicht des Vermieters aus, die Schönheitsreparaturen zu erledigen. Allerdings ist der Vermieter berechtigt, diese Verpflichtung dem Mieter aufzuerlegen. Dies kann durch individuelle Vereinbarung erfolgen, was immer rechtlich bindend wäre, oder auch durch Klauseln in einem Formularvertrag, wobei diese Klausel dann wirksam sein muss.
In Ihrem Fall ist eine solche Klausel vorhanden, wobei es im Grunde zwei sind, nämlich einmal die grundsätzliche Pflicht zur Durchführung der Arbeiten und zum anderen die Entschädigungszahlung.
Die erste Klausel ist insofern entsprechend der herrschenden Rechtsprechung wirksam, weil sie die Renovierungspflicht vom Grad der „tatsächlichen Abnutzung“ abhängig macht. In Ihrem konkreten Fall führt dies aber nicht zu einer grundsätzlich Pflicht Ihrerseits, denn Sie haben – so Ihre Ausführungen – die Wohnung ja unrenoviert übernommen. Der BGH hat in solchen Fällen entschieden, dass eine Renovierungspflicht bei Übernahme einer unrenovierten Wohnung am Ende des Mietverhältnisses zu einer sog. unangemessenen Benachteiligung des Mieters führt, der Mieter somit von seiner Pflicht frei ist.
Unverständlich und möglicherweise Anlass für Streitigkeiten ist der Umstand, dass offensichtlich der Mietvertrag die Formulierung enthält, dass die Wohnung renoviert übernommen wurde. Im Streitfall müssten Sie beweisen, dass dies nicht der Fall ist bzw. war.
Da wegen der unrenovierten Wohnung keine Renovierungspflicht am Ende des Mietverhältnisses bestand, kann auch keine Entschädigung verlangt werden. Im Übrigen wäre diese Entschädigungsklauseln insgesamt unwirksam. Der Vermieter könnte also allenfalls nach den normalen Schadensersatzgesichtspunkten die anteiligen Renovierungskosten – wäre eine nicht erfüllte Pflicht vorhanden gewesen – verlangen.
Es kommt hinzu, dass der Vermieter Ihnen zudem die Möglichkeit hätte einräumen müssen, versäumte Handlungen nachzuholen. Sollte auch dies nicht geschehen sein, würde dies – bei unterstellter grundsätzlicher Pflicht – auch gegen den Anspruch des Vermieters sprechen.
Ich hoffe, Sie haben eine verständlichen und umfangreichen Überblick bekommen. Bitte fragen Sie bei Unklarheiten nach. Vielen Dank !
Mit freundlichen Grüßen
RA Grass
Sie haben eine Frage im Bereich Mietrecht?
Raten Sie nicht weiter!
Unsere Rechtsanwält*innen geben Ihnen gerne eine kostenlose
Ersteinschätzung zu Ihrem Anliegen.
Jetzt kostenlose Ersteinschätzung einholen