Steuerrecht: Gemeinsame Steuererklärung bei Zuzug aus Ausland
Fragestellung
Werter Hr. Thomas,
ich habe folgende steuerrechtliche Frage:
Sachverhalt:
- Meine zukünftige Frau wohnt derzeit in Polen.
- Unser gemeinsames Kind wurde am 15.09. in Polen geboren.
- Die Heirat ist im November 2018 geplant.
- Ich selbst bin derzeit wohnhaft in München.
- Meine Frau wird im Dezember 2018 nach Deutschland ziehen, muss aber platzbedingt vorerst bei Ihrer Schwester und deren Mann einziehen. Diese wohnen in der Nähe von Hannover.
Der Bezug einer gemeinsamen Wohnung ist für Februar 2019 geplant.
Sie wird sich in Deutschland um unseren Sohn kümmern und keine Einkünfte erzielen.
Meine Fragen:
Gibt es eine Frist bis zu der wir verheiratet sein müssen und bis zu der sie nach Deutschland gezogen sein muss, damit ich für 2018 die Steuerklasse III geltend machen kann?
Müssen wir in einer gemeinsamen Wohnung wohnen, um unsere Steuern gemeinsam zu veranlagen?
Wie verhält es sich mit den Einkünften, die meine Zukünftige 2018 in Polen erzielt hat? Werden diese in Deutschland sterblich geltend gemacht oder spielen diese Einahmen keine Rolle bzgl. der gemeinsamen Steuererklärung? Falls diese Einnahmen keine Rolle spielen, belaufen sich dann ihre Einkünfte auf 0.-€. Könnte meine Frau in Steuerklasse V und ich Steuerklasse III gehen.
Und nun noch eine Frage zu den Lohnsteuerrechnern im Internet. Kann ich hier einfach mein Jahresbrutto eingeben und dann einmal Lohnsteuerklasse I und einmal Lohnsteuerklasse III auswählen, im zu sehen wie sich die Heirat auf meine Steuerrückzahlung auswirkt ?
Vielen Dank,
Fabian Franke
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Bernd Thomas
Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage aufgrund Ihrer Angaben im Rahmen einer Erstberatung auf yourXpert. Die Beantwortung erfolgt gemäß der von Ihnen gemachten Sachverhaltsangaben. Fehlende oder fehlerhafte Angaben können das rechtliche Ergebnis beeinflussen.
Eine gemeinsame Veranlagung zur EInkommensteuer (und die Anwendung der Steuerklasse III) ist im Regelfall nur möglich, wenn auch Ihre Frau unbeschränkt steuerpflichtig ist. Die unbeschränkte Steuerpflicht entsteht mit Begründung des Wohnsitzes in Deutschland. Eine gemeinsame Veranlagung ist dann möglich, wenn Sie nicht dauernd getrennt leben. Zwar leben Sie zu Beginn der Ehe noch getrennt, da dies aber nicht dauerhaft beabsichtigt ist, sollte eine gemeinsame Veranlagung möglich sein. Die Voraussetzungen müssen an mindestens einem Tag im Jahr bestehen, damit eine gemeinsame Veranlagung möglich ist. Das heißt, eine Heirat im Dezember ist dafür ausreichend.
Ein dauerndes Getrenntleben ist nach Auffassung der Finanzverwaltung anzunehmen, wenn die zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nach dem Gesamtbild der Verhältnisse auf die Dauer nicht mehr besteht. Dabei ist unter Lebensgemeinschaft die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten, unter Wirtschaftsgemeinschaft die gemeinsame Erledigung der die Ehegatten gemeinsam berührenden wirtschaftlichen Fragen ihres Zusammenlebens zu verstehen.
Die polnischen Einkünfte Ihrer Ehefrau sind nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zuzuordnen. Für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die in Polen ausgeübt wird, liegt das Besteuerungsrecht in der Regel in Polen. Im Rahmen der gemeinsamen Steuererklärung sind diese Einkünfte jedoch anzugeben, da sie bei der Ermittlúng des Steuersatzes berücksichtigt werden (der sogenannte Progressionsvorbehalt).
Die Ergebnisse eines Lohnsteuerrechners im Internet ermöglichen keine Ermittlung der Einkommensteuer, sie dienen lediglich der Abschätzung des Nettolohns beim Lohnsteuerverfahren des Arbeitgebers. Insbesondere für Ihre Frage der Besteuerung im Eheschließungsjahr sind die Ergebnisse fast vollkommen nutzlos.
Gerne stehe ich Ihnen für eine Rückfrage zur Verfügung und im Übrigen würde ich mich, für den Fall, dass Sie mit meiner Beratung zufrieden waren, über eine positive Bewertung hier auf yourXpert sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Thomas
Steuerberater
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Hallo Hr. Thomas,
viel Dank für die Antwort.
Ich habe noch Fragen dazu. Sie schreiben, bei der Absicht zusammen zu ziehen „sollte eine gemeinsame Veranlagung möglich sein“. Warum können Sie hier nicht konkreter antworten ? Es ist essentiell zu wissen, ob eine gemeinsame Veranlagung in unserem Fall möglich ist oder nicht. Gibt es hier keine Grundsatzurteile o.ä.?
Zudem schreiben sie, dass die Brutto-Netto Rechner fast nicht zu gebrauchen sind. Ich brauche jedoch vorerst nur einen groben Daumenwert. Wenn ich zum Bespiel auf folgender Seite https://www.lohnsteuer-kompakt.de/rechner/veranlagungsrechner die beiden Jahreslöhne kann ich dann sehen wie hoch die Ersparnis ungefähr sind.
Spielt das Einkommen meiner Frau auch eine Rolle wenn ich das Gehalt überschreite, dass zum Spitzensteuersatz führt (angenommen ich alleine verdiene > 110.000 €).
Danke,
Che Franke
die konkrete Rechtsfrage, ob bei vor einem Beginn des ehelichen Zusammenlebens bestehenden getrennten Haushalten bereits eine gemeinsame Veranlagung möglich ist, ist in den Einkommensteuerrichtlinien nicht eindeutig geklärt. Jedoch halte ich das für möglich, unter sinngemäßer Auslegung der Richtlinien, wenn die zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nach dem Gesamtbild der Verhältnisse anzunehmen ist. Dabei ist unter Lebensgemeinschaft die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten, unter Wirtschaftsgemeinschaft die gemeinsame Erledigung der die Ehegatten gemeinsam berührenden wirtschaftlichen Fragen ihres Zusammenlebens zu verstehen. Eine verbindliche Aussage kann ich jedoch hier nicht treffen.
Die Lohnsteuerrechner sind für Ihren Fall insofern unbrauchbar, da hier kein Progressionsvorbehalt in Bezug auf die ausländischen Einkünfte der Ehefrau berechnet werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Thomas
Steuerberater