Steuern bei Erbschaft
Fragestellung
Meine Mutter ist am 02.01.17 verstorben und hat meinem Bruder und mir ihr Haus (2 Wohnungen + ausgebautes Dachgeschoss) in Berlin vererbt. Zuvor bewohnte sie die Wohnung im 1. Stock, die Wohnung im Erdgeschoss war an mich vermietet und das Dachgeschoss an einen Studenten. Der Verkehrswert beträgt ca. 430.000 EUR. Im Grundbuch ist noch immer mein im Februar 1995 vorverstorbener Vater eingetragen, dessen Alleinerbin meine Mutter war. Alle Erbscheine liegen vor. Erbschaftsteuer ist für meinen Bruder und mich nicht angefallen. In notarieller Urkunde will mein Bruder jetzt seinen Erbteil für € 200.000,00 an mich veräußern, wobei die Zahlung in monatlichen Raten zu 1.200,00 EUR erfolgen soll. Zinsen sollen nicht anfallen. Ich finanziere die Raten durch Vermietung der oberen Wohnung und die weitere Vermietung des Dachgeschosses.
Es ergeben sich folgende Fragen:
1. Kann die Grundstücksüberschreibung direkt an mich erfolgen und fällt dafür Grunderwerbsteuer an?
2. Muss mein Bruder die monatlichen Ratenzahlungen als Einkommen versteuern und wenn ja, unter welcher Position seiner Einkommensteuererklärung sind die Zahlungen anzugeben?
3. Kann ich von den zu versteuernden Mieterträgen, die ich ja auch aus dem erworbenen Erbteil erwirtschafte, anteilig die an meinen Bruder gezahlten Raten abziehen und wenn ja, unter welcher Position meiner Einkommensteuererklärung?
4. Ergeben sich aus dem dargestellten Sachverhalt noch weitere steuerlich relevante Umstände, die zu beachten sind?
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Antwort von Steuerberater, vBP Ingo Kneisel
Sehr geehrte Fragestellerin,
im Rahmen einer Erstberatung, Ihres Einsatzes und den von Ihnen gemachten Sachverhaltsangaben, möchte ich Ihre Fragen gerne im Nachstehenden wie folgt beantworten, ich gehe davon aus, dass Sie die Schwester sind:
Die Eckdaten:
Mutter verstorben am 02.01.2017
Nachlass der Mutter war ihr Haus (2 Wohnungen + ausgebautes Dachgeschoss), welches zunächst vom zuvor verstorbenen Ehemann geerbt hatte.
Der vorverstorben Ehemann hatte 2017 das gegenständliche Haus bereits länger als 10 Jahre im Besitz.
Die nun verstorbene Mutter bewohnte die Wohnung im 1. Stock.
Die EG Wohnung war an Sie vermietet. DG ebenfalls fremdvermietet.
Der Verkehrswert liegt derzeit bei ca. 430.000 EUR.
Ihr Bruder will seinen Erbteil für € 200.000,00 an Sie veräußern.
Ihr Bruder gewährt Ihnen ein zinsloses Darlehn, Tilgungsraten monatlichen 1.200,00 €
Nun zu Ihren Fragen:
1. Kann die Grundstücksüberschreibung direkt an mich erfolgen und fällt dafür Grunderwerbsteuer an?
Antwort:
Grundsätzlich müssen sich gemeinsame Erben einer Immobilie darüber einig sein, wie mit dem Nachlassgegenstand verfahren werden soll. Zunächst sollte das Grundbuch berichtigt werden. Denn hier ist noch der Erblasser oder sogar der Vorerblasser als Eigentümer des Hauses oder Grundstücks eingetragen. Um die Grundbucheintragung der Erbengemeinschaft für das Haus kostenlos vorzunehmen, bleibt dieser bis zu zwei Jahre nach dem Erbfall Zeit. Später könnten Kosten anfallen.
Jeder Erbe kann die Erbengemeinschaft ins Grundbuch eintragen lassen. Dafür muss er einen entsprechenden Antrag stellen, § 13 Grundbuchordnung (GBO), und einen Nachweis der Erbschaft erbringen. Dies ist in der Regel der Erbschein. Auch eine Bescheinigung der Testamentseröffnung durch das Nachlassgericht kann ausreichen.
Wollen Sie nun als Miterbe das Haus der Erbengemeinschaft als Wohnsitz nutzen, so können Sie sich mit Ihrem Bruder einigen und ihn auszahlen. Eine solche Vereinbarung muss in einem notariell beglaubigten Auflösungsvertrag festgehalten werden, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden und Rechtssicherheit zu schaffen.
Wenn mehrere Erben vorhanden sind, entsteht mit dem Erbfall eine Erbengemeinschaft. Die Miterben verwalten den Nachlass gemeinsam und können über Nachlassgegenstände nur gemeinschaftlich verfügen.
Das Gesamthandsvermögen wird im Wege der Erbauseinandersetzung in das Vermögen der einzelnen Miterben überführt. Die Auseinandersetzung erfolgt durch einen obligatorischen Vertrag unter den Miterben und durch die dinglich wirkende Teilung des Vertrags. Erst wenn alle dinglichen Erfüllungsakte erfüllt und die Nachlassgegenstände bzw. ihr Erlös real unter die Miterben aufgeteilt ist, ist die Miterbengemeinschaft aufgelöst und die Erbauseinandersetzung vollzogen.
Sie sind derzeit also noch Mitglied einer 2 köpfigen Erbengemeinschaft, bestehend aus 2 Geschwistern. Die Grundstücksübertragung ist somit grunderwerbsteuerfrei.
Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG)
§ 3 Allgemeine Ausnahmen von der Besteuerung
Von der Besteuerung sind ausgenommen:
………
Abs. 3.der Erwerb eines zum Nachlass gehörigen Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses.
……..
2.Muss mein Bruder die monatlichen Ratenzahlungen als Einkommen versteuern und wenn ja, unter welcher Position seiner Einkommensteuererklärung sind die Zahlungen anzugeben?
Antwort:
Nein, es handelt sich bei den Tilgungsraten nicht um Einkünfte die zu versteuern wären. Um allerdings eine weitere Schenkungssteuer zu vermeiden, das FA unterstellt ersparte Zinsen bei Gewährung eines zinslosen Darlehn mit 5,5 % hochgerechnet auf viele Jahre, wäre es sinnvoll einen Minizins v. z. B. 0,25 % zu verabreden.
Gewährt Ihr Bruder Ihnen nämlich ein zinsloses Darlehen, ohne dafür eine anderweitige angemessene Gegenleistung zu erhalten, kann schon das Schenkungsteuer auslösen. Denn jede Bereicherung, die er ohne Gegenleistung erhält, unterliegt grundsätzlich der Schenkungsteuer.
Bei einem zinslosen Darlehen haben Sie als Schwester einen Vermögensvorteil in Höhe der ersparten Zinsen im Vergleich zu einer marktüblichen Darlehensaufnahme bei einer Bank. Schenkungsteuer wird danach auf den Barwert der nicht zu leistenden Zinszahlungen fällig. Dabei wird grundsätzlich ein Zinssatz von 5,5 % angesetzt. Betroffene Steuerzahler können jedoch auch einen niedrigeren Satz zugrunde legen, wenn sie nachweisen, dass bei gleicher Darlehenssumme und Laufzeit und ohne Sicherheiten der marktübliche Zins unter 5,5 % liegt (BFH-Urteil vom 27.11.2013, II R 25/12 ). Welcher Zinssatz durch eine Kapitalanlage erzielt werden kann, spielt dagegen keine Rolle.
Möglicherweise sind die o. g. Minizinsen auf Grund des Sparefreibetrages bei Ihrem Bruder nicht zu versteuern. Schenkungssteuerrechtlich sind zwischen Geschwistern leider nur 20.000 € steuerfrei. Die Zinsen müssen fließen, Sie sollten einen Darlehnsvertrag abschließen und tatsächlich durchführen.
3.Kann ich von den zu versteuernden Mieterträgen, die ich ja auch aus dem erworbenen Erbteil erwirtschafte, anteilig die an meinen Bruder gezahlten Raten abziehen und wenn ja, unter welcher Position meiner Einkommensteuererklärung?
Antwort:
Nein, die Tilgungsraten sind keine Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung. Allerdings können sie alle anderen Ausgaben, inkl. der Darlehnszinsen anteilig als Werbungskosten in einer Anlage V geltend machen. Anteilig im Verhältnis zwischen entgeltlicher Vermietung und der Selbstnutzung. (Verhältnis der Wohnflächen zueinander)
4.Ergeben sich aus dem dargestellten Sachverhalt noch weitere steuerlich relevante Umstände, die zu beachten sind?
Antwort:
Der Erbfall selbst ist ein unentgeltlicher Vorgang, der noch keine einkommensteuerrechtlichen Folgen hat. Auch bei der Erbauseinandersetzung führt eine Teilung ohne Abfindungszahlungen nicht zur Entstehung von Anschaffungskosten oder Veräußerungserlösen. Ein entgeltlicher Erwerb liegt aber vor, wenn Sie für den Erwerb des Hauses eigene Vermögenswerte außerhalb der Erbmasse einsetzen. Die Abfindungszahlungen an Ihren Bruder im Rahmen der Erbauseinandersetzung und Ihre Aufwendungen für den Erwerb des Erbteils Ihres Bruders führen beim Ihnen grundsätzlich zu Anschaffungskosten. Es wäre eine Abschreibung auf diesen Teil im Rahmen Ihrer Einkommensterererklärung anzusetzen. In gleicher Höhe entsteht bei Ihrem Bruder ein Veräußerungserlös. Der Veräußerungsgewinn ist aber nur steuerpflichtig, wenn die Voraussetzungen des § 23 EStG vorliegen, was aber nicht der Fall ist.
Der Erbfall ist kein entgeltlicher Erwerb und damit auch keine Anschaffung i. S. d. § 23 EStG; § 23 EStG ist jedoch dann erfüllt, wenn zwischen Anschaffung durch den Erblasser und Veräußerung durch den oder die Erben die Spekulationsfrist noch nicht abgelaufen ist. Davon gehe ich aber aus, dass Ihr verstorbener Vater die Immobilie bereits vor mehr als 10 Jahren erworben hat
Ich hoffe Ihre Anfrage richtig verstanden- und ausreichend beantwortet zu haben. Sollten Rückfragen bestehen, nutzen Sie bitte gerne die Nachfragefunktion.
Sollte meine Antwort zu Ihrer Zufriedenheit ausgefallen sein, würde ich mich sehr über eine Bewertung freuen.
Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuerberater
vereidigter Buchprüfer
Potsdamer Str. 148a, 33719 Bielefeld
Telefon (0521) 92420-0
E-mail: info@ingo-kneisel.de
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Antwort des Experten: Vielen Dank für Ihre Bewertung, gerne wieder bei weiteren Fragen....
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuerberater, vBP
zunächst einmal vielen Dank für Ihre detaillierte Antwort!
Ich bin zwar nicht "die Schwester", sondern wir sind 2 Brüder, was aber nichts ändern dürfte ... Vielleicht hätte ich auch erwähnen sollen, dass ich Jurist bin, um Ihnen zu allgemeine Ausführungen zu ersparen.
Ihr Hinweis auf eine Verzinsung ist sehr hilfreich, wobei ich in diesem Zusammenhang vielleicht die Erforderlichkeit eines Darlehnsvertrags missverstehe. Ich gehe eigentlich davon aus, dass in der notariellen Erbauseinandersetzung, die zugleich den Kaufvertrag über den Grundstücksanteil darstellt, eine Regelung, wonach der vereinbarte Kaufpreis in monatlichen Raten zu 1.200,00 EUR auszugleichen ist, ausreichend wäre. Nach meinem Verständnis wäre dies eigentlich auch eine Fälligkeitsabrede, so dass eine Stundung und damit ein Darlehn, zinslos oder nicht, gar nicht im Raum stünde. Oder stellt sich das steuerrechtlich (nicht mein Fachgebiet ...) anders dar? Würde es dann nicht aber ausreichen, die Zinsabrede in den notariellen Kaufvertrag aufzunehmen oder muss tatsächlich daneben und zusätzlich noch ein Darlehnsvertrag abgeschlossen werden?
Und sind denn 0,25% für das Finanzamt akzeptabel? Ich kenne mich zwar mit derzeitigen Zinssätzen nicht aus, glaube aber, dass ein Nachweis, dass bei gleicher Darlehenssumme und Laufzeit und ohne Sicherheiten der marktübliche Zins unter 5,5 % liegt, eher nicht zu führen ist. Auf erzielbare Zinsen bei Kapitalanlage darf nach Ihrer Angabe ja ausdrücklich nicht abgestellt werden.
Vielen Dank im Voraus auch für Ihre ergänzende Antwort!
Mit freundlichen Grüßen
R.S.
sorry zunächst für die „Schwester“, steuerlich ist das allerdings, wie Sie ja auch schon feststellten, natürlich vollkommen irrelevant.
Den Darlehnsvertrag hatte ich erwähnt, um den Fremdvergleich bedienen zu können, nach dem die Finanzverwaltung immer so gerne fragt. Ein Darlehn kann natürlich mündlich und ohne Vertrag verabredet sein, man hat nur dann eventuell Nachweisprobleme. Wenn das Darlehn aber sogar in der notariellen Urkunde geregelt ist, ist das auch in Ordnung, es bedarf dann keines zusätzlichen Darlehnsvertrages. Die ratenweise Tilgungsvereinbarung ist ja faktisch nichts anderes als ein Darlehnvertrag, der auch die Fälligkeit regelt.
Ich schrieb u. a. auch, dass wenn Ihr Bruder Ihnen ein zinsloses Darlehen gewährt, ohne dafür eine angemessene Gegenleistung zu erhalten, dass das möglicherweise Schenkungsteuer auslösen kann. Das können Sie in der Tat nur durch Verabredung eines Zinssatzes vermeiden.
Ein Beispiel: Bei Geschwistern liegt der steuerliche Freibetrag bei nur 20.000 €. Angenommen Ihr Bruder gewährt Ihnen ein zinsloses Darlehen über 200.000 €. Sie beiden vereinbaren eine Laufzeit von 10 Jahren. Dann beträgt der fiktive jährliche Zinsbetrag 11.000 €. (5,5%)
Für 10 Jahre Laufzeit kommen damit 110.000 € zusammen. Davon müssten sodann 90.000 € versteuert werden, und zwar mit dem Steuersatz, der für die Steuerklasse II (Geschwister) gilt. Und zwar sofort.
Es ist in der Rechtsprechung noch nicht geklärt, ab welchem Zinssatz die Gewährung eines niedrig verzinslichen Darlehens auch als Schenkung anzusehen ist. Mein Vorschlag wäre dann die Vereinbarung eines für Gebäudefinanzierungen derzeit üblichen Zinssatzes. (0,6-1,1 %). Aus Sicherheitsgründen würde ich somit derzeit von einem noch niedrigeren Zins in der Tat abraten. Gelesen habe ich aktuell von Zinsangeboten für 5 Jahre von 0,57% p.a.-0,60% p.a. und für 10 Jahre von 0,98% p.a. -1,01% p.a.
Ich hoffe Ihre Nachfrage richtig verstanden- und ausreichend beantwortet zu haben.
Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuerberater
vereidigter Buchprüfer
Potsdamer Str. 148a, 33719 Bielefeld
Telefon (0521) 92420-0
E-mail: info@ingo-kneisel.de
Der Darlehensvertrag muss zivilrechtlich wirksam geschlossen worden sein. Insbesondere bei Vertragskonstellationen zwischen Eltern und Kind ist die gesetzliche Vertretung durch die Eltern eingeschränkt (vgl. hierzu Schoor, NWB 2011, 2650). § 181 BGB verbietet sog. Insichgeschäfte. Die Vorschrift will verhindern, dass verschiedene und einander widersprechende Interessen durch ein und dieselbe Person vertreten werden, weil ein solches Auftreten stets die Gefahr eines Interessenkonflikts und damit einer Schädigung des einen oder anderen Teils mit sich bringt. Wollen die Eltern einen Vertrag mit ihrem Kind schließen, können sie das Kind hierbei nicht vertreten. Das Gesetz verbietet außerdem die Vertretung des Kindes durch den Vormund bei einem Rechtsgeschäft zwischen seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder einem seiner Verwandten in gerader Linie einerseits und dem Kind andererseits (§ 1629 Abs. 2 Satz 1, § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Schließt ein Elternteil mit seinem minderjährigen Kind einen Darlehensvertrag, ist zur Vertretung des Kindes ein Ergänzungspfleger zu bestellen (§ 1629 Abs. 2 Satz 1, § 1795 Abs. 2, § 181 BGB). Die Wirksamkeit des Darlehensvertrags hängt dann von der Genehmigung des Vertreters ab (§ 108 Abs. 1 BGB). Bis zur Genehmigung durch den Ergänzungspfleger ist der Darlehensvertrag wegen Formmangels zunächst schwebend unwirksam (§ 1629 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Allerdings führt die Nichtbeachtung zivilrechtlicher Formerfordernisse nicht mehr allein zwingend dazu, dass Vertragsverhältnisse steuerrechtlich nicht anerkannt werden, sondern nur als einzelnes Indiz. Vielmehr ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung mehrerer Beweisanzeichen eine abschließende Beurteilung vorzunehmen (vgl. vom 12.5.2009, BStBl II 2011, 24).
Der Darlehensvertrag muss tatsächlich wie vereinbart durchgeführt werden.
Der Darlehensvertrag und dessen Durchführung müssen dem zwischen Fremden Üblichen (Fremdvergleich) entsprechen.
Der Darlehensvertrag und seine tatsächliche Durchführung müssen die Trennung der Vermögens- und Einkunftssphären der vertragsschließenden Angehörigen (z.B. Eltern und Kinder) gewährleisten. Eine klare, deutliche und einwandfreie Abgrenzung von einer Unterhaltsgewährung oder einer verschleierten Schenkung der Darlehenszinsen muss in jedem Einzelfall und während der gesamten Vertragsdauer möglich sein (vgl. BFH vom 7.11.1990, BStBl II 1991, 291), vom 4.6.1991 (BStBl II 1991, 838) und vom 25.1.2000 (BStBl II 2000, 393). Nimmt der Steuerpflichtige zur Finanzierung des Erwerbs eines Einfamilienhauses auch ein Darlehen von 50 000 DM zum Zinssatz von 5 % vom eigenen Vater auf, so ist der Darlehensvereinbarung nicht zwingend deshalb die einkommensteuerrechtliche Anerkennung zu versagen, weil weder eine Abrede über die Tilgung getroffen noch die vereinbarte Sicherheit bestellt wurde. Der Abzug der Darlehenszinsen als Werbungskosten hängt vielmehr im Wesentlichen davon ab, dass die Zinsen tatsächlich vertragsgemäß fortlaufend gezahlt wurden.
Beim Fremdvergleich dienen als Vergleichsmaßstab die Vertragsgestaltungen, die zwischen Darlehensnehmern und Kreditinstituten üblich sind. Insbesondere sollen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Es existiert eine Vereinbarung über die Laufzeit und über Art und Zeit der Rückzahlung des Darlehens.
Die Zinsen sind zu den Fälligkeitszeitpunkten zu entrichten.
Der Rückzahlungsanspruch ist ausreichend besichert. Als ausreichende Besicherung dienen bankübliche Sicherheiten wie Hypothek oder Grundschuld, Bankbürgschaften, Sicherungsübereignung von Wirtschaftsgütern, Forderungsabtretungen sowie Schuldmitübernahme oder Schuldbeitritt eines fremden Dritten oder eines Angehörigen, wenn dieser über entsprechend ausreichende Vermögenswerte verfügt.
Bei solchen Darlehensverträgen ist ein Fremdvergleich durchzuführen. So ist z.B. eine schenkweise begründete Darlehensforderung nicht anzuerkennen. Zinsen aus einem ertragsteuerlich nicht anzuerkennenden Darlehen unter nahen Angehörigen sind keine Betriebsausgaben; beim Empfänger sind sie keine Einnahmen aus Kapitalvermögen (H 4.8 [Darlehensverhältnisse zwischen Angehörigen] EStH).
Bei Darlehen zwischen nahen Angehörigen, die nach ihrem Anlass wie von einem Fremden gewährt worden sind, ist eine fehlende Besicherung als Kriterium des Fremdvergleichs zu berücksichtigen; ihr kommt aber für sich alleine genommen keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu.
Hilft vielleicht noch etwas weiter.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuerberater, vBP
unser Ruf lebt von Ihrer Meinung. Wenn Sie insoweit mit meiner Beratung zufrieden waren, würde ich mich sehr über eine Bewertung Ihrerseits freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuerberater, vBP