Steuerklasse nach Heirat
Beantwortet
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
nach unserer Heirat denken mein Mann und ich über den Wechsel in neue Steuerklassen nach. Momentan sind wir beide in der Steuerklasse 1 gemeldet. Da mein Mann jedoch mehr verdient als ich (etwa 70 % des Gesamtbruttoeinkommens), denken wir, dass ein Wechsel für uns finanziell besser sein könnte.
Vermeiden möchten wir auf jeden Fall, dass wir nach einem etwaigen Wechsel zwar jeden Monat unterm Strich mehr Geld "rausbekommen", dann jedoch bei der nächsten Einkommenssteuererklärung in 2015 für 2014 eine Nachzahlungsaufforderung erhalten. Im Internet lasen wir an mehreren Stellen, dass dies bei dem Wechsel in die Klassen 3/5 oft vorkommt, wenn einer der beiden Eheleute sehr viel mehr als der andere verdient.
Wir planen zudem, zeitnah mit der Nachwuchsplanung zu beginnen. Wenn dies wie gewünscht klappt, würde ich dann für 12 Monate in Elternzeit gehen und entsprechend Elterngeld beziehen wollen. In dieser Richtung wollen wir uns natürlich auch möglichst klug verhalten. Wenn wir also recht schnell Nachwuchs erwarten würden, sollte mein Mann dann etwa weiterhin in der günstigeren Steuerklasse (sollte ein Wechsel von 1 bzw. 4 ratsam sein) bleiben oder wäre in diesem Fall dann bei der ersten Lohnsteuerklärung für das Jahr, in dem ich keinen Verdienst hätte, mit einer sehr hohen Nachzahlungsaufforderung durch das Finanzamt zu rechnen?
Uns stellt sich nun die Frage, was am sinnvollsten für uns wäre? Wie sollen wir uns verhalten, um steuerlich am besten gestellt zu sein und nachträglich keine Nachforderungen zahlen zu müssen?
Wir freuen uns auf eine hilfreiche und kompetente Antwort.
Freundliche Grüße aus Berlin
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort des Experten
Sehr geehrte Ratsuchende,
Steuerklassenwechsel
Nach einer Heirat ist es immer erforderlich, die Steuerklasse zu ändern. Dies gilt unabhängig davon, ob die beiden Ehepartner bisher in die Steuerklasse 1 oder eine andere Steuerklasse eingeordnet waren.
Die Steuerklasse nach der Heirat können die Ehepartner selbst festlegen.
Je nachdem, ob beide Ehepartner in etwa gleich viel verdienen oder ob sich Ihre Bruttoverdienst erheblich voneinander unterscheiden, stellt sich die Frage nach der günstigsten Lohnsteuerklasse.
Steuerklasse 3 und 5 - was beachten?
Eine Faustformel besagt, dass soweit der besser verdienende Ehepartner 60 % des Gesamtbruttoeinkommens verdient, die Steuerklassen Kombination 3 und 5 finanziell die beste Kombination ist.
Sofern der gut verdienende Ehepartner die Steuerklasse 3 nutzt, führt diese in der Regel dazu, dass das Ehepaar deutlich mehr Geld monatlich zur Verfügung hat, als dies in der Steuerklasse 4 der Fall wäre. Der andere Ehepartner muss in diesem Fall zwingend die Steuerklasse 5 wählen und hat deutlich höhere Lohnabzüge hinzunehmen. Insgesamt ist das Haushaltseinkommen monatlich höher als bei der Kombination der Steuerklasse 4 und 4.
Steuernachzahlung möglich
Bei Kombination (Steuerklasse 3 und 5) kommt es aber oft vor, dass es im Rahmen der Einkommensteuererklärung zu einer Nachzahlung kommen kann. Diese ist umso höher, desto weiter die beiden Einkommen sich unterscheiden.
Modell: Steuerklasse 4 und 4
Die Steuerklasse 4 und 4 ist nur sinnvoll, wenn beide Ehepartner ungefähr gleichviel verdienen.
Wenn Sie die Steuerklassenkombination 4 und 4 wählen würden, führt dies dazu, dass Sie monatlich weniger Geld zur Verfügung hätten, als bei der Steuerklassenkombination 3 und 5. Allerdings würden Sie bei dieser Kombination im Rahmen der Einkommensteuererklärung eine Erstattung erhalten.
Tatsächliche Lohnsteuerzahlungen
Die Wahl der Lohnsteuerklasse hat nur eine Auswirkung auf die Höhe der Einkommensteuervorauszahlungen im Rahmen Lohnabzuges. Die tatsächliche Einkommensteuerbelastung wird erst im Rahmen der Einkommensteuererklärung festgesetzt.
Somit ist von Ihnen eher eine Wahl zu treffen, ob Sie zum einen monatlich mehr Einkommen haben möchten und dafür im Rahmen der Einkommensteuererklärung ggf. etwas nachzahlen müssen oder ob Sie monatlich weniger Einkommen haben möchten und dafür ggf. eine Erstattung im Rahmen der Einkommensteuererklärung erhalten.
Wahl der Steuerklasse und Elterngeld
Bei der Wahl der Steuerklasse nach der Heirat sollten man immer Weitblick walten lassen, da ein Wechsel der Steuerklasse nur einmal im Jahr möglich ist.
Ist wie in Ihrem Fall absehbar, dass Sie in nächster Zeit Elterngeld beziehen werden, sollte auch dies bei der Wahl der Steuerklasse nach der Heirat berücksichtigt werden. Elterngeld sowie andere Lohnersatzleistungen (Arbeitslosengeld) berechnen sich nach dem letzten Nettoeinkommen. Da häufig die Ehefrau nach der Geburt in Elternzeit geht und Elterngeld für die zwölf Monate nach der Geburt beantragt, sollte sie vor der Geburt in die Steuerklasse 3 wechseln, um später möglichst viel Elterngeld zu bekommen. Wechselt die Frau vor der Geburt des Kindes in die Steuerklasse 3, obwohl sie erheblich weniger als ihr Mann verdient, hat das Paar zwar in der vorgeburtlichen Zeit weniger netto zum Leben. Aber dieser steuerliche Nachteil wird mit der Einkommensteuererklärung wieder ausgeglichen.
Gesetzliche Bestimmungen: Elterngeld und Steuerklasse
Das Bundessozialgericht hat bereits im Jahr 2009 einen Steuerklassenwechsel zum Zwecke der Elterngelderhöhung erlaubt. Seit Anfang 2013 gilt jedoch das "Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzuges". Diese Gesetzesänderung hat für Ehepaaren den legalen Steuerklassentrick erheblich erschwert. Paare, die erst nach Bekanntwerden der Schwangerschaft die Steuerklassenwechsel wollen, müssen jetzt sehr schnell sein, wenn sie vom Steuerrecht profitieren wollen.
Änderung der Steuerklasse
Für Arbeitnehmerinnen gilt die Grundregel, dass der Antrag auf den Wechsel in die Steuerklasse 3 spätestens 7 Kalendermonate vor dem Monat gestellt werden muss, in dem der Mutterschutz beginnt. Sollten Sie Beamtin oder Soldatin sein, muss der Antrag auf Wechsel in die Steuerklasse 3 abweichend spätestens 7 Kalendermonate vor dem tatsächlichen Geburtsmonat gestellt werden, da Beamtinnen und Soldatinnen kein Mutterschaftsgeld bekommen.
Fazit/ Empfehlung
Da Ihr zukünftiger Ehemann nach Ihrer Aussage 70 % des Gesamtbruttoeinkommens verdient ist für die Sie Lohnsteuerklassenwahl 3 und 5 am sinnvollsten. Um das Elterngeld zu erhöhen sollten Sie - wie vorgenannt - vorgehen und die Lohnsteuerklasse frühzeitig ändern.
Ich hoffe meine Ausführungen sind für Sie hilfreich.
Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Damm
Steuerberater
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herzlichen Dank für Ihre Ausführungen und die Beantwortung unserer Frage.
Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie uns die folgenden zwei Nachfragen ebenfalls noch beantworten könnten:
1) Nicht ganz klar ist uns trotz Ihrer Erklärungen die folgende Überlegung:
Angenommen, mein Ehemann (70 % des Bruttoeinkommens) würde in der Steuerklasse 3 eine fiktive Lohnsteuer von 1.500 Euro und ich (30 % des Bruttoeinkommens) würde 1.000 Euro in der Steuerklasse 5 zahlen müssen; wir würden uns nun jedoch trotzdem für die Steuerklasse 4 für uns beide entscheiden und hätten monatlich eine fiktive Lohnsteuer von 3.000 Euro (Ehemann) und 500 Euro (Ehefrau) zu zahlen. Wir hätten dann in 2014 eine Vorleistungvon insgesamt 42.000 Euro geleistet. Was wird dann das Finanzamt bei der nachträglichen Berechnung in 2015 für das Jahr 2014 tun? Berechnet es dann unsere Gesamtsteuerschuld ebenfalls auf Basis der Steuerklasse 4 oder errechnet es für uns dann die für uns beste Variante - also nachträglich auf Grundlage der Klassen 3/5, d. h. eine Gesamtsteuerschuld von 30.000 Euro (in unserem fiktiven Beispiel)? Würden wir dann, wenn wir uns in 2014 für die für uns monatlich ungünstigeren Lohnsteuerklassen 4/4 entscheiden, in 2015 eine entsprechend hohe Rückzahlung vom Finanzamt erhalten? Oder müssen wir in 2014 in die Klassen 3/5 wechseln, um überhaupt in den Genuss einer Steuerentlastung nach der Hochzeit zu kommen?
Wir hätten kein Problem damit, wenn unsere monatliche Lohnsteuer wie bisher bleibt. Möchten dann jedoch natürlich bei der "Jahresabrechnung" mit einem höheren Plus rausgehen. Monatlich weniger Steuern bezahlen zu müssen, mit dem Wissen, dass dann bei der Jahresabrechnung eine dicke Nachzahlung kommen wird, möchten wir vermeiden.
Vielleicht war das erneut unverständlich. :) Schaut sich das Finanzamt 2015 an, wie hoch unser Gesamtbruttoeinkommen in 2014 war und legt aufgrunddessen die Höhe der geschuldeten Lohnsteuer fest, ohne dabei auf eine getroffene Lohnsteuerklasse zu schauen? Also wird die zu zahlende Lohnsteuer, die nachträglich ermittelt wird, dieselbe sein, egal, welche Lohnsteuerklassen wir jetzt wählen?
2) Zur Elterngeld-Thematik: Angenommen, wir würden jetzt die Steuerklassen 4/4 wählen, dann sollte ich (als Verdienerin von dem sehr viel geringerem Einkommen) im Falle einer Schwangerschaft sofort in die Klasse 3 wechseln, richtig? Die höhere Lohnsteuer, die mein Mann dadurch in den Monaten vor der Geburt zu leisten hätte, würde dann jedoch wieder bei der darauffolgenden Steuererklärung "ausgeglichen" werden. Haben wir dies so richtig verstanden? Ist ein Steuerklassenwechsel dann zum Beispiel 2015 in 3/5 und dann 2016 in die 4/4 möglich, auch wenn ich in 2016 noch kein Einkommen haben werde, sondern (zu Beginn des Jahres) lediglich Elterngeld beziehen würde?
Vielen Dank und freundliche Grüße
Wie bereits erläutert ist der monatlichen Steuerabzug im Rahmen des Lohnsteuerabzugs nur eine Vorauszahlung auf die insgesamt für das entsprechende Jahr zu zahlende Einkommensteuer. Mit der Wahl der Lohnsteuerklasse können Sie nur die Höhe der Vorauszahlung bestimmen.
Zahlen Sie mit der Kombination 3/5 monatlich weniger Steuern, werden Sie wahrscheinlich etwas nachzahlen müssen.
Und bei der Kombination 4/4 zahlen Sie monatlich mehr Steuern (in etwa soviel wie vor der Hochzeit) und erhalten wahrscheinlich eine Steuererstattung.
Das Finanzamt berechnet nun im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2014 die gesamte Steuerlast des Jahres 2014 anhand Ihres gesamten Einkommens abzüglich Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen und wendet, da Sie verheiratet sind den Splittingtarif an.
Von dieser vom Finanzamt berechneten Steuer wird nun der Betrag abgezogen, der von Ihnen monatlich als Lohnsteuer vorausgezahlt wurde abgezogen und führt zu einer Nachzahlung 3/5 oder Erstattung 4/4.
Also ist insgesamt die Steuerlast gleich, egal welche Lonhsteuerklasse Sie unterjährig wählen.
Zu 2)
Ja, Ihr Verständnis ist korrekt.
Sobald Sie in Elternzeit sind und Elterngeld beziehen können Sie - wenn geschehen - die Steuerklassenkombination 3/5 beibehalten oder zu 4/4 wechseln. Die Auswirkungen siehe oben.
Es ist somit möglich im Jahr 2014 zur Hochzeit die Lohnsteuerklassenkombination 4/4 zu wählen, in 2015 spätestens 7 Monate vor dem Monat des Beginns des Mutterschutz die Lohnsteuerklassenkombination 3/5 und wenn Sie wieder Arbeiten gehen in 2016 wieder die Lohnsteuerklassenkombination 4/4 wählen oder 3/5 beibehalten.
Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Damm
Steuerberater