Steuerklasse bei ALG 1 und Elterngeld
Beantwortet von Dipl.-Finanzwirt Steuerberater Michael Mertens
Fragestellung
Sehr geehrte/r Dame/Herr,
ich habe ein Anliegen zur Wahl der richtigen Steuerklassen bezüglich folgend anstehender Veränderungen: Ich habe meinen jetziges festes Arbeitsverhältnis gekündigt und werde den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Mein Arbeitsvertrag läuft bei meinem jetzigen Arbeitgeber am 28. Februar 2017 aus. Nach der Sperrzeit von drei Monaten (März-Mai 2017) werde ich ab Juni 2017 vorerst Arbeitslosengeld beziehen.
Meine Verlobte ist schwanger (5. SSW) und erwartet Ende August unser Baby und wird ab dann Elterngeld beziehen. Durch eine anstehende Arbeitslosigkeit und der Bezug von Arbeitslosigkeit sowie die Schwangerschaft mit anstehendem Bezug von Elterngeld überlegen wir, zu wann eine Hochzeit aus Steuerrechtlichen Gründen vorteilhaft ist.
Aktuell verdienen wir:
• Bruttomonatsgehalt Mann: ca. 6.600 + ca.10.500 Bonus im Februar
• Bruttomonatsgehalt Frau: 4.500 Brutto + 13. Gehalt im Dezember
Weitere Einkünfte oder finanzielle Leistungen (Kredit, Eigentumswohnung, etc.) haben wir nicht.
Folgende Fragen möchten wir beantwortet wissen:
- Ist eine Hochzeit bzw. der Wechsel von Steuerklassen für uns vorteilhaft?
- Zu wann wäre ein Wechsel vorteilhaft?
- Wie wirkt sich eine Ehe steuerrechtlich auf das Arbeitslosengeld und auf das Elterngeld aus?
- Was empfehlen Sie uns um steuerrechtlich die größten Ersparnisse zu erzielen?
- Wie hoch wären die Ersparnisse?
- Welche Fristen sind zu berücksichtigen?
Mit freundlichen Grüßen
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Dipl.-Finanzwirt Steuerberater Michael Mertens
Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
vielen Dank für Ihre Anfrage, welche ich im Nachfolgenden gerne beantworten möchte.
Zurzeit sind Sie noch nicht verheiratet, so dass bei Ihnen nur die Einzelveranlagung für das Jahr 2016 in Betracht kommt. In 2017 wäre es möglich, dass Sie eine Zusammenveranlagung vornehmen, sofern Sie noch in 2017 heiraten (hier wäre es sogar möglich am 30.12.2017 zu heiraten), so dass Sie die Zusammenveranlagung wählen könnten. -
Ein Vorteil für Verheiratete gegenüber Unverheirateten: Sie haben die Wahl zwischen drei Steuerklassen-Kombinationen, nämlich entweder IV und IV, IV und IV mit Faktor oder III und V. Wann sich welche Kombination lohnt, hängt davon ab, wie viel beide Ehepartner jeweils verdienen:
Erhalten beide in etwa das gleiche Gehalt, eignet sich Kombination IV und IV mit oder ohne Faktor.
Verdient einer der beiden viel und der andere wenig bzw. gar nichts, lohnt sich die Kombination III und V.
Demnach wäre es bei Ihnen am besten die Steuerklasse III für Ihre Frau und die Steuerklasse V für Sie zu wählen. Zur Zeit sind Sie beide in Steuerklasse I.
Ein Wechsel zu III/V ist jedoch erst möglich, wenn Sie heiraten.
Im Rahmen der Steuerklasse III wird Ihr Grundfreibetrag Ihrer Frau angerechnet. In der Steuerklasse V gibt es keinen Grundfreibetrag, so dass ab dem ersten Euro eine Besteuerung anfällt.
Die Steuerklassen haben allerdings nur Einfluss auf die Höhe Ihrer Vorauszahlungen zur Einkommensteuer. Die endgültige Steuer wird so dann im Rahmen der Einkommensteuererklärung/-festsetzung ermittelt.
Der größte Vorteil ergibt sich für Eheleute und Lebenspartner aber durch das sogenannte Ehegattensplitting: Wenn Sie verheiratet sind, werden Sie automatisch – auch ohne Antrag – zusammen veranlagt. Das heißt, dass Sie und Ihr Ehepartner eine gemeinsame Steuererklärung abgeben und damit steuerlich wie eine Person behandelt werden. Wie funktioniert eine Zusammenveranlagung:
Je größer das Einkommen, desto mehr Steuern sind fällig. Bei Verheirateten, die gemeinsam eine Steuererklärung abgeben, funktioniert das ein bisschen anders. So geht es:
-Das Finanzamt zählt das Jahreseinkommen von Ehemann und Ehefrau zusammen. Steuerlich wird das Ehepaar jetzt in der Regel gemeinsam als ein Steuerpflichtiger behandelt.
-Die Beamten halbieren den Betrag und berechnen für diese eine Hälfte die Einkommensteuer.
-Die errechnete Einkommensteuer wird verdoppelt - das Ergebnis ist die Einkommensteuer, die ein Ehepaar zahlen muss.
Steuern spart vor allem das Ehepaar, bei dem der eine eher viel und der andere eher wenig verdient. Dies wäre bei Ihnen der Fall, da Sie in den kommenden Monaten arbeitslos wären und danach in der Existenzgründung möglicherweise auch noch nicht viel verdienen.
Demnach wäre eine Hochzeit und die Änderung der Steuerklassen für Sie sehr sinnvoll.
Für das Elterngeld wiederum sind die letzten 12 Nettogehälter Ihrer Freundin/Frau maßgebend.
Das Nettogehalt würde sich durch eine sofortige Hochzeit und die Änderung der Steuerklasse von Steuerklasse I auf Steuerklasse III erhöhen, so dass auch das Elterngeld höher ausfallen würde, da die kommenden Monate die Bemessungsgrundlage für das Elterngeld erhöhen werden. Ihre Frau verdient zurzeit in Steuerklasse I ca. 2.660 Euro netto. Demnach betrüge das Elterngeld 65 % v. 2.660,- Euro = 1.729,- Euro.
Der Höchstbetrag für das Elterngeld liegt bei 1.800,- Euro, so dass durch eine Hochzeit und dem Steuerklassenwechsel eine Erhöhung des Elterngeldes von ca. 70,- Euro erreicht werden könnte.
Für Sie berechnet sich das Elterngeld ebenfalls nach den letzten 12 Nettogehältern, wobei das Arbeitslosengeld nicht mitgerechnet wird, so dass Sie in diesen Monaten eine Anrechnung von 0,00 Euro haben. Dies ist natürlich sehr negativ. Umso wichtiger wäre es, dass Sie relativ zügig wieder Einkünfte erwirtschaften.
Meine Empfehlung: Nicht wg. des Geldes und der Steuern heiraten, sondern aus Liebe. Wenn die aber gegeben ist, dann gerne schnellstmöglich, damit Sie das beste für sich rausholen.
Bitte beachten Sie noch:
Das Arbeitslosgengeld unterliegt bei der Besteuerung dem sog. Progressionsvorbehalt.
Bestimmte Einkünfte sind zwar selbst steuerfrei, erhöhen aber durch den Progressionsvorbehalt Ihre Steuerlast. Viele staatliche Sozialleistungen sind steuerfrei. Sie können dennoch Ihre Steuerlast erhöhen. Das liegt am sogenannten Progressionsvorbehalt: Einnahmen, die ihm unterliegen, werden zur Berechnung Ihres Steuersatzes herangezogen, wobei die Einnahmen selbst nicht besteuert werden. Sie zahlen dann einen höheren Steuersatz auf die von Ihnen erzielten regulären Einnahmen, als Sie es ohne Progressionsvorbehalt tun müssten.
Ich hoffe ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen weiterhelfen.
Bei Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Über eine Bewertung von Ihnen würde ich mich sehr freuen.
Beste Grüße
Michael Mertens
Diol.-Finw. Steuerberater
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