Steuerfragen bei Umzug von D in die Schweiz
Fragestellung
Ausgangssituation:
Ich möchte zum 1.1.2018 in die Schweiz ziehen. Arbeite seit 8 Monaten dort und war bisher Grenzgänger. Nun möchte ich meinen Wohnsitz in Deutschland auflösen und in die Schweiz ziehen.
Ich habe in Deutschland zwei Eigentumswohnungen die ich in den kommenden Jahren vermieten möchte aber nicht zwingend muss. (Die Entscheidung liegt daran, wie hoch die Steuern anfallen)
Ich bin in Deutschland geboren und habe bisher auch nur in Deutschland gewohnt. Seit September 2013 bin steuerpflichtig in Deutschland (Beginn meiner Ausbildung). Nach einer zweijährigen Ausbildung habe ich stets Vollzeit in Deutschland gearbeitet und meine Steuern bezahlt. Seit März 2017 arbeite ich in der Schweiz und zahle als ganz normaler Grenzgänger meine Steuern. Nun möchte ich mit dem Umzug in die Schweiz planen.
Nun zu meiner Frage:
Ich habe folgenden Text gelesen und möchte die erweitert beschränkte Steuerpflicht vermeiden:
"Erweitert beschränkte Steuerpflicht bei Wohnsitzverlagerung in ein Niedrigsteuerland:
Bei der Wohnsitzverlegung ins Ausland kann an die Stelle der (normalen) beschränkten Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 4 EStG die erweiterte beschränkte Einkommensteuerpflicht nach § 2 AStG treten.
Die erweitert beschränkte Steuerpflicht hat zur Folge, dass gemäss Art. 4 Abs. 4 DBA-D-CH über die nächsten fünf Jahre weiterhin eine Veranlagung zur deutschen Einkommensteuer erfolgen muss. Zu beachten ist allerdings, dass die volle Zehn-Jahres-Frist nach § 2 AStG greift, wenn wegen einer Pauschalierung auch der deutschen Einkünfte in der Schweiz der betreffende Steuerpflichtige nach dem DBA nicht als in der Schweiz ansässig gilt (Art 4 Abs. 6 DBA).
Neben den beschränkt steuerpflichtigen Einkünften unterliegen bei der erweiterten beschränkten Steuerpflicht weitere Einkünfte der deutschen Besteuerung, zum Beispiel aus Deutschland zufliessende Zinsen.
Der Steuersatz wird dann unter Einbezug aller Einkünfte (Progressionsvorbehalt) ermittelt. Die Voraussetzungen der erweitert beschränkten Steuerpflicht sind nach § 2 AStG:
(1) deutsche Staatsangehörigkeit und mindestens fünf Jahre unbeschränkte Steuerpflicht in den letzten zehn Jahren vor Ende der unbeschränkten Steuerpflicht;
(2) wesentliche Inlandsinteressen wie gewerbliche Inlandstätigkeit als Einzelunternehmer oder als Mitunternehmer oder bei Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft > 1%; Ist der Steuerpflichtige ein Kommanditist, müssen mindestens 25 v.H. der Einkünfte der Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG auf ihn entfallen. Mit einer Tätigkeit als Land- und Forstwirt oder als Freiberufler oder sonstiger Selbständiger in Deutschland begründet der Steuerpflichtige also keine wesentlichen wirtschaftlichen Interessen.
(3) niedrige Besteuerung im Zuzugsstaat wegen eines niedrigen Tarifs, wesentlicher Steuervorteile oder Nicht-Ansässigkeit (Steuerbelastung von weniger als 2/3 bei Einkünften von 77.000 € im Vergleich zur deutschen Besteuerung); die beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte betragen mehr als 16.500 € im Jahr. Für Veranlagungszeiträume innerhalb des 5-Jahreszeitraumes, in denen die steuerpflichtigen Einkünfte die 16.500 Euro-Grenze nicht übersteigen, bleibt es bei der (normalen) beschränkten Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 4 EStG
(4) Die Inlandseinkünfte des Steuerpflichtigen betragen im Veranlagungszeitraum mehr als 30 v.H. seiner gesamten (inländischen und ausländischen) Einkünfte oder überschreiten den Betrag von 62.000 Euro. Die Einkünfte sind nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln. Mit «Inlandseinkünften» sind nicht die inländischen Einkünfte im Sinne des § 49 EStG gemeint, sondern sämtliche Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG, die bei deutscher unbeschränkter Einkommensteuerpflicht als sog. nicht-ausländische Einkünfte im Sinne des § 34c Abs. 1, § 34d EStG zu qualifizieren wären.
(5) Der Steuerpflichtige verfügt über Vermögen, dessen Erträge bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht als sog. nicht-ausländische Einkünfte im Sinne des § 34c Abs. 1, § 34d EStG zu qualifizieren wären. Dieses Vermögen beträgt zu Beginn des Veranlagungszeitraums mehr als 30 v.H. des Gesamtvermögens oder überschreitet den Betrag von 154.000 Euro (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 AStG). Es ist nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes zu ermitteln. Das bedeutet insbesondere, dass die Grundbesitzwerte für Grundbesitz und der Wert des Betriebsvermögens zum Ansatz kommen.
"
In meinen Augen ist Punkt (1) nicht gegeben, da ich seit 2013 nur 4 Jahre in Deutschland steuerpflichtig war. Punkt (2) trifft für mich nicht zu da ich nie an Kapitalgesellschaften beteiligt war. Ausnahme: wäre hier evtl ein (Dax)-Fond bei dem allerdings nie mehr als 1000 Euro Kapital enthalten war. Punkt (3) trifft nicht zu, da die Mieterträge max. 6.000 pro Jahr betragen und auch in den zukünftigen Jahren nicht grösser als 10.000 sein werden. Punkt (4) mein Bruttoeinkommen liegt bei 50.000, meine Mieterträge max. 6.000. Somit ist Punkt 4 auch nicht gegeben. Andere Einkommen besitze ich nicht. Punkt (5) könnte zum tragen kommen, da ich meine Immobilien zu einem Gesamtwert von 156.000 Euro gekauft habe. Wie ist hier der Bewertungsansatz des Bewertungsgesetzes?
Falls keiner dieser 5 Punkte anfällt, kann ich mich ganz normal in Deutschland abmelden und in der Schweiz anmelden. Muss ich hier noch irgendwelche Begründungen etc liefern. Wie könnte ich hier am besten vorgehen um Probleme zu vermeiden? Welche Orte muss ich aufsuchen? Falls keiner der Punkte anfällt und somit nur beschränkt steuerpflichtig in Deutschland bin und gleichzeitig meine Wohnungen in Deutschland vermiete. Mit welchem Steuersatz muss ich in diesem Fall für die Mieterträge rechnen.
Vielen Dank und freundliche Grüsse,
D.
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Antwort von Steuerberater Björn Balluff
Sehr geehrter Ratsuchender,
zur Anwendung von § 2 AStG braucht es das Kriterium der unbeschränkten Steuerpflicht über einen bestimmten Zeitraum und wesentliche wirtschaftliche Interessen in Deutschland:
1) Steuerpflicht
Die Kriterien dafür:
- deutsche Staatsangehörigkeit trifft zu
- unbeschränkte Steuerpflicht liegt seit Ihrer Geburt vor, da Sie ununterbrochen in Deutschland Ihren Wohnsitz hatten (§ 1 Abs. 1 EStG)
Daher ist die Nr. 1 erfüllt.
2) wesentliche wirtschaftliche Interessen
Dies liegt entweder anhand den von Ihnen genannten Kriteren vor (unternehmerische Beteiligung oder Gewerbebetrieb;nicht gegeben) oder, wenn
entweder a) mindestens 30 % der Einkünfte aus Deutschland stammen oder b) die inländischen Einkünfte 62.000 Euro überschreiten,
oder c) das Vermögen, dessen Erträge inländische Einkünfte darstellen mehr als 154.000 Euro beträgt.
c) könnte hinsichtlich der Immobilien vorliegen. Hinsichtlich der Bewertungsmethoden kommt es darauf an, ob der Gutachterausschuss Vergleichskaufpreise ermittelt hat oder, dass in den letzten 12 Monaten die Eigentumswohnungen erworben worden sind. Dann könnte auf die jeweiligen Kaufpreise zurückgegriffen werden.
Bei fehlenden Vergleichskaufpreisen, würde man wahrscheinlich nach dem Sachwertverfahren anhand eines typisierten Verfahrens den Wert der Immobilie bestimmen. Um eine Vorstellung von dem Wert zu erhalten, könnten Sie sich die auf der Internetseite der Finanzverwaltung (BMF) verfügbaren Arbeitshilfe zur Kaufpreisaufteilung anschauen. Dort könnten Sie den Wert nach diesem Verfahren ermitteln.
Könnten Sie anhand eines Sachverständigengutachtens einen niedrigeren Wert nachweisen, kann dieser angesetzt werden.
Liegen die ersten beiden Kriterien vor, ist es auch noch erforderlich, dass Sie in ein Niedrigsteuerland umziehen:
- Niedrigsteuerland
Hier wird geprüft, ob die Einkommensteuer in der Schweiz niedriger als 2/3 der deutschen Einkommensteuer nach der Grundtabelle ist.
Da bereits die ersten Aspekte nicht zutreffen, erübrigt sich eine weitere Prüfung. Ob die Schweiz ein Niedrigsteuerland ist. Der durchschnittliche Steuersatz nach der Grundtabelle für 77.000 Euro beträgt 31 %. Damit darf der vergleichbare Steuersatz in der Schweiz 20,67 % nicht unterschreiten. Dieser beträgt ungefähr bei 11 %, wenn Ihr Wohnsitz in Zürich liegt. Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass die Schweiz ein Niedrigsteuerland ist.
Begründungen zur Abmeldung müssten Sie nicht liefern. Sie informieren einfach das Finanzamt über die Aufgabe des Wohnsitzes. Sie müssen sicherlich Ihren Wohnsitz beim Einwohnermeldeamt abmelden. Weiterhin die Krankenkasse informieren.
Wenn nur die Mieterträge versteuert werden müssten (abzüglich der Aufwendungen, Abschreibung), würde ein Steuersatz von ca. 19 % anfallen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Ausführungen weiterhelfen konnte. Sollten weitere Rückfragen bestehen, können Sie sich gerne über die Kommentarfunktion an mich wenden. Über eine positive Bewertung würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen,
Björn Balluff
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Angenommen ich würde die Immobilien nicht mehr vermieten, müsste ich diesem Fall gar keine Steuern mehr in Deutschland zahlen richtig? also mein Einkommen aus unselbständiger Arbeit nur noch in der Schweiz versteuern oder?
Danke und Grüsse
D.
wenn die Bewertung unter 154.000 Euro Vermögenswert fällt, müssen Sie nur die inländischen Einkünfte, d.h. die Vermietung der Eigentumswohnungen versteuern.
Nur über das Kriterium des wesentlichen Vermögens in Deutschland würde man wesentliche wirtschaftliche Interessen begründen können.
Falls die erweiterte beschränkte Steuerpflicht nicht greift, würden Sie bei einer fehlenden Vermietung in Deutschland nichts zu versteuern haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Björn Balluff
Sie müssten bei Anwendung von § 2 AStG nur die Vermietungseinkünfte versteuern. In meiner Antwort hatte ich mich etwas zu ungenau ausgedrückt. Der Steuersatz, der bei der erweiterten beschränkten Steuerpflicht angewendet wird, ergibt sich aus dem Prozentsatz, der auf das Welteinkommen fällig werden würde.
Angewendet wird dieser Prozentsatz lediglich auf die Vermietungseinkünfte. Daher könnte dieser Steuersatz bei vielleicht 30-35 % liegen. Dies ist dann abhängig von den Einkünften in der Schweiz.
Mit freundlichen Grüßen,
Björn Balluff