Steuerbescheid absolut nicht nachvollziehbar.
Beantwortet
Fragestellung
Hallo, ich habe im Rahmen meiner Steuererklärung die Anwaltskosten für meine und Ihre Scheidung absetzen wollen. Fas FA hat überhaupt keine Scheidungskosten anerkannt, obwohl nach meiner Recherche Kosten für die eigentliche Scheidung und den Versorgungsausgleich absetzbar sind. Dann soll ich Kirchensteuer nachzahlen (habe ich weder bislang gehört noch erlebt), man hat hier irgendetwas mit dem Kirchengeld argumentiert, das in der Kirchensteuer enthalten ist??? Ich bin Mitte 2013 aus der Kirche ausgetreten, vermutlich hat das damit zu tun, aber verstehe den Hintergrund absolut nicht. Die Kinderbetreuungskosten wurden immer in Höhe von € 1.400 von den anderen Finanzämtern anerkannt, diesmal wurde es mit einer mir nicht nachvollziehbaren Begründung gekürzt. Nicht nachvollziehbar deshalb, weil seit Jahren das FA Nidda das anerkannt hat. Jetzt nach Umzug ist FA Hofheim am Taunus zuständig.
MfG B.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort des Experten
Sehr geehrter Ratsuchender,
Ich habe mir den vorliegenden Einkommensteuerbescheid des Jahres 2013 angesehen und möchte Ihnen hinsichtlich Ihrer Fragen folgendes mitteilen:
Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen
Nach § 33 Abs. 1 EStG wird auf Antrag die Einkommensteuer ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen (außergewöhnliche Belastungen).
Nach § 33 Abs. 2 EStG erwachsen Aufwendungen zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Bis einschließlich dem Jahr 2012 waren Kosten der Ehescheidung, soweit sie im Zusammenhang mit dem Gerichtsverfahren, und zwar unabhängig von der Frage des Verschuldens standen als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.
Aufwendungen für alle Regelungen, die außerhalb des sog. Zwangsverbundes durch das Familiengericht oder außergerichtlich getroffen worden sind, entstehen jedoch grundsätzlich nicht zwangsläufig und waren auch bis 2012 nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.
Der BFH hatte 2011 seine Rechtsprechung dahin geändert, dass Zivilprozesskosten generell als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen sind. Dem ist der Gesetzgeber entgegen getreten und hat durch Einfügung des Satzes 4 in § 33 Abs. 2 EStG festgelegt, dass Zivilprozesskosten (auch Ehescheidungskosten) grundsätzlich ab dem Jahr 2013 nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind. Ausgenommen hiervon sind nur Prozesskosten, soweit der Steuerpflichtige Gefahr läuft ohne Prozess seine Existenz zu verlieren.
Folglich hat das Finanzamt Ihre Ehescheidungskosten unter Anwendung des Gesetztes nicht anerkannt.
Hinweis
Der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine (BDL) teilt mit, dass sein größter Mitgliedsverein, die Lohnsteuerhilfe Bayern e.V., nunmehr die ersten 2 Musterprozesse gegen die Streichung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Ehescheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen eingeleitet hat.
2 Verfahren sind beim FG München anhängig. Von einem Verfahren ist bereits das Aktenzeichen bekannt (13 K 1421/14). Hintergrund ist, dass mit einer Rechtsänderung nach steuerzahlerfreundlicher BFH-Rechtsprechung der steuerliche Abzug von Zivilprozesskosten gestrichen wurde. Diese Gesetzesänderung führt in der Praxis dazu, dass die Finanzämter den bis einschließlich 2012 unbestrittenen Abzug von Ehescheidungskosten ab dem Veranlagungszeitraum 2013 nicht mehr gewähren.
Um ggf. von einem positiven Ausgang der anhängigen Verfahren zu profitieren ist zu empfehlen, gegen den vorliegende Einkommensteuerbescheid 2013 vom 03. September 2014 Einspruch einzulegen. Der Einspruch muss bis zum 08. Oktober 2014 schriftlich beim Finanzamt Hoffheim eingereicht werden.
Im Rahmen des Einspruchs müssen Sie die Gründe für den Einspruch darlegen und das Ruhen des (Einspruchs)Verfahrens gemäß § 363 Abs. 2 AO mit Hinweis auf die vorgenannten anhängigen Verfahren beantragen. Hiermit kann bei Zustimmung des Finanzamts erreicht werden, dass das Finanzamt erst bei Bekanntwerden der entsprechenden Urteile über den Einspruch entscheidet.
Kirchensteuer
Sie sind Mitte 2013 aus der Kirche ausgetreten. Ihre Frau scheint aber immer noch Mitglied der katholischen Kirche zu sein.
Nach dem hessischen Kirchensteuergesetz kann als Kirchensteuer ein besonderes Kirchgeld von Kirchensteuerpflichtigen (Ihre Ehefrau), deren Ehegatte keiner steuerberechtigten Kirche angehört (Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe) erhoben werden (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 HKiStG).
Da Sie aus der Kirche ausgetreten sind und somit keiner steuerberechtigten Kirche mehr angehören ist die Festsetzung des besonderen Kirchgelds rechtens. Inwieweit die Höhe korrekt ist, konnte nicht geprüft werden und war nicht Gegenstand der Anfrage.
Kinderbetreuungskosten
Betreuung im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 5 EStG ist die behütende oder beaufsichtigende Betreuung, d.h. die persönliche Fürsorge für das Kind muss der Dienstleistung erkennbar zugrunde liegen. Berücksichtigt werden können danach z.B. Aufwendungen für
• die Unterbringung von Kindern in Kindergärten, Kindertagesstätten, Kinderhorten, Kinderheimen und Kinderkrippen sowie bei Tagesmüttern, Wochenmüttern und in Ganztagespflegestellen,
• die Beschäftigung von Kinderpflegern und Kinderpflegerinnen oder -schwestern, Erziehern und Erzieherinnen,
• die Beschäftigung von Hilfen im Haushalt, soweit sie ein Kind betreuen,
• die Beaufsichtigung des Kindes bei Erledigung seiner häuslichen Schulaufgaben
Zu berücksichtigen sind Ausgaben in Geld oder Geldeswert (Wohnung, Kost, Waren, sonstige Sachleistungen) für Dienstleistungen zur Betreuung eines Kindes einschließlich der Erstattungen an die Betreuungsperson (z.B. Fahrtkosten), wenn die Leistungen im Einzelnen in der Rechnung oder im Vertrag aufgeführt werden.
Kinderbetreuungskosten sind in Höhe von zwei Dritteln der Aufwendungen, höchstens 4.000 Euro je Kind und Kalenderjahr abziehbar.
Der Abzug von Kinderbetreuungskosten setzt nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 Satz 4 EStG voraus, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist. Die Rechnung sowie die Zahlungsnachweise sind nur auf Verlangen des Finanzamts vorzulegen. Barzahlungen einschließlich Baranzahlungen oder Barteilzahlungen sowie Barschecks können in keinem Fall anerkannt werden.
Aufwendungen für Unterricht (z.B. Schulgeld, Nachhilfe oder Fremdsprachenunterricht), die Vermittlung besonderer Fähigkeiten (z.B. Musikunterricht, Computerkurse) oder für sportliche und andere Freizeitbetätigungen (z.B. Mitgliedschaft in Sportvereinen oder anderen Vereinen, Tennis- oder Reitunterricht) sind nicht zu berücksichtigen. Auch Aufwendungen für die Verpflegung des Kindes sind nicht zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 28.11.1986, BStBl 1987 II S. 490).
In Ihrem Fall gehe ich davon aus, dass das Finanzamt Hofheim korrekterweise gemäß dem vorgenannten BFH-Urteil die Aufwendungen für die Verpflegung Ihres Kindes nicht zum Abzug zugelassen hat.
Warum das Finanzamt Nidda die Kosten in der Vergangenheit vollständig zum Abzug zugelassen hat kann ich mir nur dadurch erklären, dass entsprechende Belege nicht zur Prüfung vorgelegt werden mussten. Ungeachtet der Anerkennung durch das Finanzamt Nidda haben Sie keinen Rechtsanspruch darauf, dass das Finanzamt Hofheim ebenfalls so entscheidet.
Zusammenfassung
Hinsichtlich des Kirchgeldes ist der Einkommensteuerbescheid 2013 nicht zu beanstanden. Soweit bei den Kinderbetreuungskosten die Aufwendungen für die Verpflegung nicht anerkannt wurden ist der Bescheid auch in diesem Punkt nicht zu beanstanden.
Bei den Scheidungskosten sollten Sie - wie oben genannt - Einsprucheinlegen und das Ruhen des Verfahrens beantragen. Wenn die Verfahren gut ausgehen erhalten Sie ggf. eine zusätzliche Erstattung und wenn die Verfahren nicht erfolgreich sind, haben Sie keinen Schaden.
Ich hoffe meine Ausführungen sind für Sie hilfreich.
Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Damm
Steuerberater
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Antwort des Experten: Vielen Dank für die Bewertung. Was außer schnell und kompetent zu Antworten hätte ich noch machen müssen, um 5 Sterne zu erhalten?
hinsichtlich der Kinderbetreungskosten habe ich ein paar Fragen:
- Ist der Betrag von 1.400 € der Gesamtaufwand oder nur 2/3 der Kinderbetreungskosten?
- Welche Betreungsleistungen wurden bezahlt (reine Betreuung, Verpflegung, Unterricht etc.)
- Wurden die Kosten durch Rechng der Betreungseinrichtung und unbare Zahlung nachgewiesen?
Mit freundlichen Grüßen
das Kirchgeld wird nur in besonderen Fällen im Rahmen der Einkommensteuer erhoben und ist daher im Allgemeinen eher unbekannt.
Im Bescheid steht, dass in der festgestzten Kirchensteuer von 2.033,50 € ein Betrag von 216,76 € Kirchgeld enthalten ist.
Die "normale" Kirchensteuer wird bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Rahmen den Lohnsteuerabzugs vorgenommen.
Da Sie aber Mitte des Jahres 2013 aus der Kirche ausgetreten sind, wurde von Ihrem Gehalt keine Kirchensteuer einbehalten.
Dies erfolgt erst im Rahmen der Einkommensteuerveranalgung durch das besondere Kirchgeld bei glaubenverschiedenen Ehepaaren.
Ich hoffe Ihre Unklarheit beseitigt zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Damm
Steuerberater
MfG
Thorsten Damm
Steuerberater