Steuer bei Geschäftsaufgabe
Fragestellung
Situation:
1993 erbten mein Mann und ich 1 Haus zu je einer Hälfte - Wert laut Gutachten 1993 110.000 Euro. Nach einigen Renovierungs- und Umbauarbeiten eröffnete er 1995 im gesamten Haus eine Pension und betrieb diese als Inhaber. An mich zahlte er für meine Haushälfte Miete.
Völlig unerwartet starb mein Mann im Januar 2015 am plötzlichen Herztod.
Unser Steuerberater, der uns von Anfang an betreute, riet meine Tochter, die seit mehreren Jahren als Angestelle in der Pension arbeitet, als Inhaberin einzusetzten. Dies habe ich getan.
Ab Juni 2015 war sie Inhaberin uns zahlte am mich Miete. Dann heiratete meine Tochter ungeplant
und zog nach Bayern zu Ihrem Ehemann - So betreibe ich seit Januar 2016 als Inhaberin die Pension.
Da ich fast 65 Jahre bin und mir die Arbeit zu viel ist möchte ich die Pension nun verkaufen.
Ich weiß, das bei einer Geschäftsaufgabe Steuern anfallen - mein Steuerberater läßt mich seit Wochen auf Antwort warten, deshalb versuche ich nun auf diesem Weg eine erste Übersicht zu
bekommen.
Das Haus habe ich im März schätzen lassen: 235.000 Euro.
Der Buchwert Pension lag 2015 bei 28.000 Euro.
Mir ist klar, dass Sie mir keine Zahlen nennen können. Aber sicher können Sie mir die Abwicklung-
und Steuer(arten) insgesamt nennen.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Björn Balluff
Sehr geehrte Ratsuchende,
bei einer Geschäfts- oder auch Betriebsaufgabe kommt es zur Versteuerung der Wertsteigerung der Vermögenswerte des Pensionsbetriebs.
Wenn Sie die Pension nicht einfach nur aufgeben, sondern verkaufen, ergibt sich der Veräußerungsgewinn aus folgender Berechnung:
Veräußerungspreis
./. Buchwert Einrichtungsgegenstände und Grundstück
= Veräußerungsgewinn
Der Buchwert der Pension ist mir etwas unklar. Handelt es sich dabei bereits um den noch nicht abgeschriebenen Anteil der Anschaffungskosten von Haus und ggf. Einrichtungsgegenstände?
Der o.a. Veräußerungsgewinn wird nicht mit dem normalen Tarif besteuert.
Wenn Sie das 55. Lebensjahr vollendet haben, können Sie gem. § 34 Abs. 3 EStG (nur einmal im Leben) eine besondere Tarifermäßigung in Anspruch nehmen.
Berechnungsmethode:
Steuersatz nach den gesamten Einkünften einschließlich des Veräußerungsgewinns
x 56 %
Der dann anzuwendende Steuersatz auf den Veräußerungsgewinn muss mindestens 14 % betragen. Auf die übrigen Einkünfte sind die allgemeinen Tarifvorschriften anzuwenden. D.h. es wird anhand der übrigen Einkünfte abzgl. etwaiger Abzugsbeträge der Steuersatz gesondert bestimmt.
Wenn der Veräußerungsgewinn aus 235.000 ./. 28.000 = 207.000 Euro berechnet werden würde und das übrige zu versteuernde Einkommen 0 Euro betragen würde, läge der Steuersatz laut Tarif bei 37,94 %. Die Anwendung der Tarifermäßigung vermindert den Einkommensteuersatz auf 21,25 %.
Einkommensteuer 43.987,50 Euro
Solidarit.-zuschl. 2.419,31 Euro
Falls Kirchensteuerpflicht besteht, würden noch zusätzlich 3.958,88 Euro bei 9 % Kirchensteuersatz anfallen.
Alternativ kann die sogen. Fünftelungsregelung (§ 34 Abs. 1 EStG) angewendet werden. Hier werden vereinfacht gesagt nur 1/5 des Veräußerungsgewinns in die Besteuerung einbezogen. Jedoch wird der anzuwendende Steuersatz unter Berücksichtigung der übrigen Einkünfte berücksichtigt.
z.B. : übriges Einkommen 0 Euro
1/5 v. Veräußerungs- 41.400 Euro (v. 207.000 Euro)
gewinn
Einkommensteuer
auf Verkauf 9.332 Euro
Solidaritätszuschlag 513 Euro
Kirchensteuer 750 Euro
Ich bin davon ausgegangen, dass kein weiteres zu versteuerndes Einkommen vorliegt. Falls doch, weil zB. während des Jahres verkauft wird und Gewinne aus der Pension normal versteuert werden müssen, würde die Steuerlast ansteigen, da in Deutschland ein progressiver Einkommensteuertarif besteht.
Mit den Beispielszahlen, würde die allgemeine Tarifermäßigung günstiger ausfallen. Falls bei Ihnen die Verhältnisse andere sind bzw. sehr stark von dem Beispiel abweichen, sollten Sie dies nochmal durchrechnen lassen (würde ich gerne für Sie erledigen).
Maßgeblich ist die Berechnung des Veräußerungsgewinns. Wie hoch liegt der Wert des Betriebsvermögens (Buchwerte der Einrichtungsgegenstände sowie Grundstück der Pension ./ .Schulden)?
Sie hatten in Ihre Anfrage hineingeschrieben, dass es Ihnen auch um die einzelnen relevanten Steuerarten geht. Hier ist m.E. nur die Einkommensteuer zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer sowie Grunderwerbssteuer relevant. Die Grunderwerbssteuer kann jedoch auf den Erwerber abgewälzt werden.
Was Abwicklungsvarianten angeht, lässt sich noch folgendes sagen:
Sie können wie oben dargestellt den Betrieb veräußern. Dann kommt es unmittelbar zu der angegebenen Steuerlast. Es ist jedoch auch möglich, den Betrieb zu verpachten. Dann würden nur die Pachterträge einkommensteuerpflichtig sein. Gewerbesteuer fällt nicht an, da dann der Gewerbebetrieb ruhend gestellt wird. Jedoch muss es dazu zumindestens möglich sein, dass Sie den Betrieb später wieder fortsetzen (d.h. theroretisch). Dadurch würde die Steuerlast über den Zeitablauf verteilt werden. Zudem würde der Steuersatz ggf. niedriger ausfallen. Falls dies für Sie eine Alternative ist, kann ich gerne im Einzelnen darstellen, welche Bedingungen bei dem Pachtvertrag berücksichtigt werden müssen, damit die Finanzverwaltung eine solche Betriebsverpachtung im Ganzen anerkennen würde.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Ausführungen einen ersten Überblick geben konnte. Gerne kann ich mit konkreteren Zahlen die steuerlichen Auswirkung nochmals genauer ermitteln. Über eine positive Bewertung würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen,
Björn Balluff
Steuerberater
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In dem Zeitpunkt, wo das Haus als Pension genutzt worden ist, wurden 1/2 des Hauses ins Betriebsvermögen zu den Anschaffungskosten eingelegt. Ggf. könnte es auch der Zeitwert sein. Dies hängt von den konkreten Zahlen ab. Dies lässt sich anhand der Angaben nicht genau sagen.
Spätestens in dem Zeitpunkt, in dem Sie als Gesamtrechtsnachfolgerin Ihres Mannes (Erbschaft) in das Einzelunternehmen eingetreten sind, wurde m.E. auch die 2. Hälfte des Hauses eingelegt und zwar zum Zeitwert. Daher würde der Buchwert des Hauses/Pension nur aus den
fortgeführten Anschaffungskosten
zzgl. Zeitwert 2- Hälfte abzgl. Abschreibung
bestehen.
Könnten Sie bitte erläutern, was der Buchwert der Pension umfasst? Ich war davon ausgegangen, dass dies bereits der Buchwert des Betriebsvermögens ist.
Der Veräußerungsgewinn ist der Veräußerungspreis ./. Buchwert des Betriebsvermögens.
Wie hoch dieser zum Veräußerungszeitpunkt ist, müsste ermittelt werden.
Dieser Buchwert des Betriebsvermögens hängt entscheidend davon ab, wie die Einlage ab Beginn der Pension sowie die 2. Einlage aufgrund des Eintritts in den Pensionsbetrieb zu behandeln ist.
Der Buchwert des 1/2 Anteils des Gebäudes müsste aus den Buchführungsunterlagen des Steuerberaters hervorgehen. Könnten Sie daraus die Zahlen an mich weiterleiten?
Hilfreich, wäre in jedem Fall die letzten Zahlen aus dem Jahresabschluss o.ä. bezüglich des Pensionsbetriebs. Dann könnte ich den Buchwert des Betriebsvermögens versuchen zu ermitteln.
Laden Sie einfach die Unterlagen hoch, dann kann ich die Berechnung aktualisieren.
Mit freundlichen Grüßen,
Björn Balluff