Spekulationssteuer Immobilien\3-Jahre-Eigennutzung: Zweitwohnung ausreichend?
Fragestellung
Sehr geehrter Herr StB Christiansen,
ich hätte eine Frage zu folgendem steuerlichen Sachverhalt mit Bezug zur Immobilien-Spekulationssteuer:
Im Sommer 2012 habe ich eine Eigentumswohnung in Bonn erworben, welche zum Zeitpunkt des Erwerbs noch vermietet war. Im November 2012 bin ich nach Modernisierung der Wohnung selbst dort eingezogen. Im Dezember 2019 bin ich aus der Wohnung ausgezogen und in eine neue Eigentumswohnung umgezogen (Ummeldung zu Mitte Dezember 2019).
Seit dem Auszug aus der ersten Eigentumswohnung im Dezember 2019, lasse ich diese nochmals aufwendig modernisieren. Nach Abschluss der Modernisierung - voraussichtlich im September 2020 - beabsichtige ich diese zu veräußern noch in 2020. Mit Blick auf die 3-Jahres-Frist, welche zur möglichen Vermeidung der sonst geltenden Spekulationssteuer bis 10 Jahre nach Erwerb einer Immobilie gelten würde, stellt sich mir nun die Frage, ob es noch möglich ist, diese 3-Jahres-Eigennutzungsfrist einzuhalten, wenn ich in 2020 gar nicht mehr selbst in der Wohnung gewohnt habe und falls ja wie !?
Weiterer Hinweis: Bei der Ummeldung im Dezember 2019, hatte ich eigentlich angegeben, dass ich die erste Wohnung weiter als Zweitwohnung nutzen möchte. Dies wurde allerdings wohl nicht umgesetzt von der Stadtverwaltung, wie ich nun erfahren habe, so dass die Wohnung nicht als Zweitwohnung geführt wurde in 2020.
Folgende Möglichkeiten habe ich dazu in Betracht gezogen:
1. Nachträgliche Anmeldung der ersten Eigentumwohnung als Zweitwohnung z.B. ab September/Oktober 2020 zur Wahrung der 3-Jahresfrist und Eigennutzung in 2020. Wäre dies ausreichend für die Wahrung der 3-Jahresfrist ? Falls ja, gibt es dabei Aspekte zu beachten (Möblierung der Wohnung etc.)?
2. Einzug meiner Mutter in die Wohnung nach Ende der Modernisierung bis zum Verkauf der Wohnung.
Hierzu hätte ich gern Ihre Einschätzung, ob eine oder beide Möglichkeiten ausreichen, um die 3-Jahres-Frist noch nutzen zu können. Ich gehe derzeit davon aus, dass ein Einzug eines engen Familienmitgliedes - analog zur Kündigung auf Eigenbedarf - hier nicht möglich ist. Ein Kind, dem ich die Wohnung überlassen könnte, gibt es nicht in entsprechendem Alter, da dies sonst wohl eine Möglichkeit wäre wie mir mitgeteilt wurde.
Zudem hätte ich gern noch gewusst, ob ich die Modernisierungskosten aus 2020 steuerlich geltend machen kann als Kosten zur "Gewinnerzielung" o. Ä. ?
Vielen Dank im Voraus und mit freundlichen Grüßen
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Knut Christiansen
Guten Tag Herr N.,
vielen Dank für die Beauftragung bei yourXpert! Ihre Frage möche ich Ihnen gerne im Rahmen einer Erstberatung beantworten.
Die Bewohnung durch Ihre Mutter wäre nicht ausreichend für eine steuerfreie Veräußerung. Hierbei liegt laut Verwaltungsanweisung (BMF-Schreiben) keine Selbstnutzung vor. Das gilt auch dann, wenn die Nutzung unentgeltlich erfolgt.
Eine Selbstnutzung liegt auch dann vor, wenn die Wohnung nur zeitweise bewohnt wurde. Konkret heißt es im BMF-Schreiben:
Ein Wirtschaftsgut wird auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn es vom Steuerpflichtigen nur zeitweise bewohnt wird, in der übrigen Zeit ihm jedoch als Wohnung zur Verfügung steht (z. B. Wohnung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung, nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnung; auf die Belegenheit der Wohnung in einem Sondergebiet für Ferien oder Wochenendhäuser kommt es nicht an).
Hierbei kommt es grundsätzlich nicht unbedingt auf die melderechtlichen Vorschriften an, als vielmehr auf die tatsächlichen Gegebenheiten. Sie sollten also darlegen können, dass Sie die Wohnung nach Ihrem Auszug Ende 2019 bis Anfang Januar 2020 noch selbst genutzt haben. Denn nach relativ neuer Rechtsprechung ist es unschädlich, wenn die Wohnung im Jahr des Verkaufs zeitweise nicht mehr selbst mehr genutzt wurde. Wichtig ist, dass eine Selbstnutzung im Jahr des Verkaufs (z.B. bis Januar 2020) und in den vorangegangen beiden Jahren erfolgt ist. Es wäre also ausreichend, wenn eine Selbstnutzung vom 31.12.2018 bis zum 01.01.2020 erfolgt wäre, wenn Sie die Wohnung im Jahr 2020 veräußern.
Die KL.tellung findet sich mittlerweile auch im BMF-Schreiben wieder:
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Einkommensteuer/2020-06-17-ausnahmevorschrift-des-paragraf-23-absatz-1-satz-1-nummer-1-satz-3-2-alternative-EStG.pdf?__blob=publicationFile&v=2
Sofern Sie die Nutzung im Januar also noch objektiv plausibel nachweisen/argumentieren können, wäre also eine Veräußerung im Jahr 2020 steuerfrei möglich.
Die Kosten für die Modernisierung stehen grundsätzlich im Zusammenhang mit der Veräußerung. Da diese dann hoffentlich steuerfrei erfolgt, wären die Kosten nicht abzugsfähig. Sollte das Finanzamt die Veräußerung wider Erwarten als steuerpflichtig behandeln, so könnten Sie diese Kosten vom Veräußerungsgewinn abziehen.
Ich hoffe Ihre Frage damit beantwortet zu haben, sonst stellen Sie gerne kostenfreie Rückfragen ein.
Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass dieses Forum eine ausführliche und persönliche steuerliche Beratung nicht ersetzen kann, sondern vor allem dafür gedacht ist, eine erste steuerliche Einschätzung zu ermöglichen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen könnte die rechtliche Beurteilung Ihres Anliegens anders ausfallen.
Mit freundlichen Grüßen
Knut Christiansen
Steuerberater
Sie haben eine Frage im Bereich Immobilienbesteuerung?
Raten Sie nicht weiter!
Unsere Rechtsanwält*innen geben Ihnen gerne eine kostenlose
Ersteinschätzung zu Ihrem Anliegen.
Jetzt kostenlose Ersteinschätzung einholen
zunächst vielen Dank für die gute und ausführliche Beantwortung meiner Frage !
Mir wäre nur noch wichtig zu erfahren, WIE ich ggf. die Nutzung der Wohnung nach meinem Auszug im Dezember 2019 zum Beispiel im Januar 2020 darlegen könnte ? Was wäre diesbezüglich hilfreich? Zeugenaussagen, Fotos etc. ? Dass meine Post noch in die alte Wohnung geschickt wurde (was z.B. erfolgte). ?
Vielen Dank im Voraus
Das ganze muss glaubhaft sein. Zeugenaussagen oder Fotos wären z.B. gut. Sofern es einen Hausverwalter gibt, könnte dieser die Nutzung z.B. auch noch bestätigen. Wichtig wäre auf jeden Fall, dass die Wohnung auch nutzbar gewesen sein muss, was insbesondere auf die Ausstattung abzielt. Sie müssten also ein Bett und andere Wohnmöbel zur Verfügung gehabt haben. Je mehr "Beweise" Sie vorbringen können, umso besser. Wie schon mitgeteilt: theoretisch reicht ja sogar ein Tag der Selbstnutzung im Jahr der Veräußerung aus.
Viele Grüße!
Besten Dank für die tolle Beratung !
ja, das sollte dann reichen.
Viele Grüße!