Spekulationssteuer bei Grundstrücksverkauf
Beantwortet
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Gebert,
meine Schwester und ich haben vor über 10 Jahren ein Mehrfamilienhaus mit 50 Wohnungen geerbt. Wir überlegen, das Grundstück in Sonderwohnungseinheiten (Eigentumswohnungen) aufzuteillen zu dem Zweck, die GbR aufzulösen und einem jeden von uns Einzel-Eigentum an den so entstehenden Wohnungen zu verschaffen.
Meine Frage lautet:
Beginnt der Fristenlauf der Spekulationssteuer erneut für jede der einzelnen, durch Aufteilung entstandenen Sonderwohnungseinheiten und, wenn ja, wie würde die zu entrichtende Spekulationssteuer zu berechnen sein bei ekauf von mehr als 3 Wohnungen innerhalb von 10 Jahren ?
Mit freundlichen Grüßen
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort des Experten
Sehr geehrter Fragensteller,
bezüglich der Auflösung der GbR mit Ihrer Schwester gibt es aus steuerlicher Sicht zwei Punkte zu beachten. Es wird davon ausgegangen, dass die Immobilie von Ihnen und Ihrer Schwester im Privatvermögen gehalten wurde und nicht für betriebliche Zwecke genutzt wurden.
1. Spekulationsfrist:
Soweit eine Immobilie des Privatvermögens innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren angeschafft und veräußert wird, ist diese Veräußerung Einkommensteuerpflichtig. Erfolgt die Veräußerung nach Ablauf der 10-Jahresfrist ist die Veräußerung Einkommensteuerfrei.
Als Erben des Mehrfamilienhauses sind Sie und Ihre Schwester in die Rechtsfolge der Erblasser eingetreten. Das heißt aus steuerlicher Sicht wird Ihnen die Anschaffung des Erblassers zugerechnet. Soweit der Erblasser das Mehrfamilienhaus vor mehr als 10 Jahren erworben hat, können Sie es nun steuerfrei veräußern.
Durch die Auflösung der GbR könnte die 10 Jahresfrist unter Umständen beginnen neu zu laufen. Das wäre immer dann der Fall, wenn die GbR so aufgeteilt wird, dass Sie oder Ihre Schwester mehr Anteile am Mehrfamilienhaus als bisher erhalten und hierfür eine Abfindung gezahlt wird. Wird die GbR lediglich entsprechend den bisherigen Bruchteilseigentum zwischen Ihnen und Ihrer Schwester aufgeteilt, ohne das eine Abfindung gezahlt wird, kommt es nicht zum erneuten Lauf der 10 Jahresfrist.
2. gewerblicher Grundstückshandel
Soweit das Mehrfamilienhaus nach dem WEG in eine Mehrzahl von Eigentumswohnungen geteilt werden würde, könnte es unabhängig von der oben genannten 10 Jahresfrist zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn kommen, wenn ein sog. gewerblicher Grundstückshandel vorliegt.
Dies hätte zur Folge, dass Sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen. Die Veräußerungsgewinne wären dann nicht wegen des Überschreitens des 10-Jahreszeitraums i. S. d. § 23 EStG steuerfrei, sondern würden im Rahmen des § 16 EStG einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn auslösen.
Würde ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegen, fallen grundsätzlich nicht nur die Zählobjekte, sondern alle Grundstücksgeschäfte im Zeitraum des Bestehens des Grundstückshandels unter die gewerbliche Tätigkeit. Ebenfalls fallen die während des Zeitraums der gewerblichen Tätigkeit erzielten Nutzungsentgelte (Miete) zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb.
Grundsätzliche Voraussetzungen des gewerblichen Grundstückshandels
Ein gewerblicher Grundstückshandel liegt vor, wenn mehr als drei Objekte in engem zeitlichem Zusammenhang mit ihrem Erwerb veräußert werden. Unter einem engen zeitlichen Zusammenhang ist ein Zeitraum von fünf Jahre zu verstehen.
Soweit Sie gewisse Branchenkenntnisse haben kann es allerdings zur Einbeziehung von Objekten in den gewerblichen Grundstückshandel kommen, die bis zu einem Zeitraum von zehn Jahren nach Erwerb oder Errichtung veräußert werden. Dabei stellt der 10-Jahres-Zeitraum die absolute Höchstgrenze dar, so dass diese nur zur Anwendung kommt, wenn besonders starke Indizien vorliegen.
Von Branchenkenntnissen ist auszugehen, bspw. bei einer höheren Zahl von Veräußerungen, einer hauptberuflichen Tätigkeit im Baubereich oder einen sonstigen engeren Bezug zur Baubranche oder einer vollen Fremdfinanzierung.
So stellen besondere Branchenkenntnisse zwar ein eindeutiges Indiz dar, dass zu einer Verlängerung des 5-Jahres-Zeitraums führen kann. Nach einer vorzunehmenden Gesamtbetrachtung bedarf es zur Verlängerung des Zeitraums auf 10 Jahre allerdings dem Hinzutreten von weiteren Indizien, wie bspw. eine volle Fremdfinanzierung oder die Veräußerung weiterer Objekte nach Ablauf der 5-Jahres-Frist. Diese Anzeichen müssen also umso gewichtiger sein, je größer der zeitliche Abstand zu Anschaffung oder Errichtung wird.
Das heißt, wenn Sie das Mehrfamilienhaus in mehrere Eigentumswohnungen teilen und anschließend mehr als 3 Wohnungen in einem Zeitraum von bis zu 10 Jahren (mindestens 5 Jahren) veräußern würde man Ihnen eine gewerbliche Tätigkeit unterstellen. Sämtliche Mieteinnahmen und Veräußerungsgewinne würden der Einkommensteuer und Gewerbesteuer unterliegen.
Ich hoffe meine Ausführungen waren hilfreich für Sie und Ihre Fragen konnten beantwortet werden.
Bei Rückfragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Gebert
Steuerberater
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