Sonderausgaben nachträglich als Werbungskosten deklarieren
Beantwortet von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Klüsener,
ich habe meinen Einkommensteuerbescheid für 2015 mit Feststellung eines Verlustvortrags in Höhe von 26.077 € erhalten.
Sonderausgaben für mein Bachelorstudium in Höhe von 1.037 € wurden zwar anerkannt für 2015, aber nicht im Verlustvortrag übernommen. Ebenso verhält es sich bei meinen Krankenversicherungsbeiträgen. Kann man daran etwas ändern?
Ich habe auf folgender Seite gelesen, dass man, basierend auf einem noch offenem BGH-Verfahren, auch Kosten für die Erstausbildung (in meinem Fall das Bachelorstudium) als Werbungskosten deklarieren kann unter Angabe des offenen BGH-Verfahrens. Wäre es möglich Einspruch einzulegen und die Kosten für mein Bachelorstudium nachträglich als Werbungskosten zu deklarieren?
http://www.steuer-schutzbrief.de/steuertipp-rubriken/steuer-tipps/artikel/werbungskosten-fuer-jedes-studium-angeben.html
Mit freundlichen Grüßen
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Sehr geehrter Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich möchte Ihnen nachfolgend im Rahmen einer Erstberatung einen Überblick über die steuerlichen Besonderheiten Ihres vorgetragenen Sachverhalts geben:
Grundsätzlich gilt:
Ist die Summe Ihrer Einkünfte negativ, können Sie Ihre Verluste entweder mit dem Vorjahr oder mit dem Folgejahr verrechnen.
Verluste, die sich aus den Einkünften ergeben, können festgestellt werden. Die Sonderausgaben incl. der Vorsorgeaufwendungen wie Krankenversicherungsbeiträge gehören nicht zu den Einkünften und finden daher bei der Verlustfeststellung keine Berücksichtigung.
Sie haben in 2015 Aufwendungen für Ihr Bachelorstudium gehabt.
Grundsätzlich gilt:
Das Einkommensteuerrecht unterscheidet grundsätzlich zwischen einem Erst‐ und einem Zweitstudium.
Die Kosten für ein Erststudium (z.B. Bachelorstudium) oder eine Erstausbildung, die nicht im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses anfallen, können nur als Sonderausgabe in der Steuererklärung des Studierenden berücksichtigt werden.
Die Kosten für eine zweite Ausbildung, ein zweites Studium (z.B. Masterstudium) oder eine Ausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses (z. B. duales Studium) können aber als Werbungskosten geltend gemacht werden.
Der kleine, aber feine Unterschied: Werbungskosten können unbegrenzt abgezogen und Verluste in spätere Berufsjahre vorgetragen werden.
Bei den Sonderausgaben ist die Lage anders. Ausbildungskosten können hier nur bis zu einem Betrag von maximal 6.000 Euro im Jahr genutzt werden. Ein Verlustvortrag auf spätere Jahre ist hier ausgeschlossen. Den Sonderausgabenabzug haben Sie wie geschrieben in Anspruch genommen.
Ihr Hinweis verweist auf einen älteren Sachverhalt bzw. Rechtsprechung. Zurzeit sind einige Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig. Bei diesen geht es laut Ihrem dargestellten Sachverhalt um eine ähnliche Thematik.
Ich habe Ihnen ein Musterschreiben (ohne Gewähr) einfach mal als Muster beigefügt. Mit solch einem Schreiben können Sie EInspruch beim Finanzamt einlegen mit Hinweis auf anhängige Urteile und Ruhen des Verfahrens beantragen. Das Finanzamt wird Ihren Sachverhalt dann überprüfen und ggf. Ihrem Antrag zustimmen.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen und
verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Jeannette Klüsener, Steuerberaterin
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