Selbstschuldnerische Bürgschaft mit Verzicht auf Rechte gem BGB §770 - ok?
Beantwortet in unter 1 Stunde
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Fritsch,
mein Sohn hat einen Mietvertrag geschlossen für ein Zimmer (Studium, Mitvertrag.zip) und ich soll dazu eine selbstschuldnerische Bürgschaft abgeben. Dies an sich keine Thema. ich soll darin aber auf meine Rechte nach §770 BGB verzichten. Dies hat für mich besondere Bedeutung, weil im Mietvertrag bereits die Beweislast für die Verursachung von Schäden umgekehrt wird.
Gehe ich damit besondere Risiken ein (ich muß zahlen und danach wird erst dei Rechtmäßigkeit geklärt, was uns bzgl. Aufwand überfordern könnte)?
Oder ist das Risiko begrenzt und ich kann unterzeichnen?
ich muß leider heute noch meinem Sohn eine Rückmeldung geben im Laufe des Tages.
Besten Dank und Grüße
Martin Sigl
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Antwort des Experten
Guten Morgen Herr Sigl,
Sie haben Glück: In etwa einer Stunde breche ich zu einem längeren Gerichtstermin auf und hätte mich dann vermutlich nicht mehr heute bei Ihnen zurckmelden können. So schaffe ich es aber gerade noch, Ihnen eine Rückmeldung zukommen zu lassen.
Die in der Bürgschaft vorgesehenen Regelungen sind in der Tat nicht unüblich, aber natürlich sehr gläubigerfreundlich ausgestaltet:
Bei der Übernahme einer Bürgschaft ist es eigentlich vom Gesetz vorgesehen, im Fall der Geltendmachung von Forderungen zunächst gegen den Schuldner selbst vorzugehen. Solange diese Möglichkeit noch nicht abschließend ausgeschöpft worden ist, kann der Bürge dem Gläubiger die so genannte "Einrede der Vorausklage" entgegenhalten, ihm also faktisch sagen: "Wende Dich zuerst an Deinen Vertragspartner, dies zur Not auch gerichtlich."
Dieses Recht haben Sie bei Übernahme einer selbstschuldnerischen Bürgschaft nicht. Der Vermieter Ihres Sohnes kann sich dann vielmehr direkt an Sie wenden und von Ihnen die Zahlung verlangen.
Der hier vorgesehene zusätzliche Ausschluss auch von § 770 BGB ist ein weiterer Nachteil. Gemeint ist damit, dass der Vermieter sich auch dann direkt an Sie wenden kann, wenn Ihrem Sohn sicher Ansprüche gegen den Vermieter zustehen, mit denen er also bei einer Forderung des Vermieters gegen ihn gegenrechnen könnte. Dieser Fall mag sicherlich sehr theoretisch klingen, kann aber durchaus "lebendig" werden, wenn z.B. Ansprüche aus einer Mietminderung bei einem Mangel der Wohnung aufkommen sollten.
Ich schätze das zusätzliche Risiko hierdurch nicht als übertrieben hoch ein, zumal Sie als Vater sich sicherlich im Zweifelsfall ohnehin immer für Ihren Sohn einsetzen würden. Dennoch verbleibt der Grundeindruck, dass mit der Vereinbarung das Motto umgesetzt werden soll, das man Juristen in diesem Zusammenhang an der Uni stets vermittelt: "Den Bürgen sollst Du würgen!"
Ob dies für Sie also ein Hindernis für eine Unterschrift darstellen mag, müssen Sie selbst entscheiden. Gewisse Risiken ergeben sich natürlich nur im Streitfall. Solange der Mietvertrag ungestört läuft, wird es keine Probleme geben. Sofern aber Streitigkeiten aufkommen, wären Sie sehr schnell persönlich "dran", bzw. im Verweigerungsfall wohl auch schnell vor Gericht. Denn gerade, wenn der Vermieter versucht, Beweisrisiken auf Ihren Sohn umzulenken, wird ja offenbar schnell versucht, die Mieterrechte zu begrenzen.
Eine inhaltliche Nachverhandlung wäre damit durchaus wünschenswert.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Einschätzung weiterhelfen konnte und stehe für eventuelle Rückfragen gerne zur Verfügung. Wie bereits gesagt, wird dies aber eher ab 19 Uhr der Fall sein.
Mit den besten Grüßen
Daniela Désirée Fritsch Rechtsanwältin
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Ihre Einschätzung und Ihr Rat haben mich bestätigt und mir etwas Sicherheit gegeben. Die Bürgschaft habe ich geringfügig modifiziert (Einschränkungen nach §770 nur bezgl. Miet- und keiner sonst. Ansprüche , def. Ende), aber zur Unterstützung meines Sohnes letztlich abgeschlossen. Auch mit ihm habe ich eine Vereinbarung getroffen :-).
Also nochmal ganz herzlichen Dank, der kurzfristige Rat der Expertin hat mir sehr geholfen.
Viele Grüße
Martin Sigl
das freut mich sehr zu hören! Ich wünsche Ihnen und Ihrem Sohn, dass das Mietverhältnis reibungslos an- und abläuft.
mit den besten Grüßen
Daniela Désirée Fritsch
Rechtsanwältin