schwangerschaftsverbot- neue Arbeitsvertrag
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Ordemann,
bezüglich meines neuen Arbeitsvertrages habe die folgenden Fragen.
Hintergrund:
Mit Wirkung zum 1. April 2020 habe ich einen neuen Arbeitgeber und somit einen neuen Arbeitsvertrag.
Aufgrund der aktuellen Situation (Corona) ist allerdings seit März 2020 die Versorgung unserer Tochter (19 Monate) nicht mehr gewährleistet, da die Betreuungskraft unsere Tochter bis auf weiteres nicht mehr anreisen kann (aus Rumänien).
Aus diesem Grund (Versorgung der Tochter nicht sichergestellt) habe ich mit meinem neuen Arbeitgeber mündlich per Telefon vereinbart, dass der Arbeitsvertrag erst zum 01.06.2020 in Kraft treten soll.
Mit dem Sachbearbeiter aus dem Bereich Personal bin ich so verblieben, dass es bzgl. des späteren Eintrittstermin eine vertragliche Anpassung geben soll. Dies wurde durch die Geschäftsführung genehmigt.
Der Arbeitsvertrag besteht aus 2 Seiten, die zweite Seite trägt die Unterschrift von mir und von dem Geschäftsführer. Zwischenzeitlich habe ich eine Vertragsanpassung der ersten Seite postalisch erhalten. Auf der neuen ersten Seite wird der neue Arbeitsantritt / Diensteintritt für den 01.06.2020 angegeben. Alle übrigen Vertragsmodalitäten sind u verändert (unbefristete Anstellung, etc.) Der für mich zuständige Personalsachbearbeiter konnte mir telefonisch mitteilen, dass es nur der Anpassung der ersten Seite bedarf und dass keine neue Unterschrift auf der zweiten Seite erforderlich wäre und das der Vertrag auch mit der Unterschrift aus dem Januar dieses Jahres gültig sei.
Hinzu kommt, dass ich inzwischen schwanger bin (aktuell 11 Schwangerschaftswoche - im April Schwangerschaft festgestellt) und ich - aufgrund meines Tätigkeitsfeldes - von meiner behandelnden Ärztin die dringende Empfehlung erhalten habe, ein sofortiges Beschäftigungsverbot zu beantragen.
Nun meine Fragen:
1. Habe ich für den Monat April und Mai 2020 Anspruch auf Gehalt?
2. Kann der Arbeitgeber mich kündigen?
3. Welche arbeitsrechtlichen Risiken bestehen für mich?
4. Wann sollte günstigsterweise die Bescheinigung für das Beschäftigungsverbot bei meiner Frauenärztin eingeholt und bei meinem Arbeitgeber eingereicht werden, wenn der neue Arbeitsvertragsbeginn der 01.06.2020 ist?
Also: Soll ich jetzt bereits über die Schwangerschaft und das Beschäftigungsverbot meinen Arbeitgeber informieren oder zuerst - sicherheitshalber- die Arbeit beginnen und erst nach Beginn ( zum Beispiel einige Tage nach dem 01.06.2020) die Bescheinigung
des Beschäftigungsverbotes einholen und einreichen?
5. Was geschieht wenn die Ankündigung des Beschäftigungsverbotes vor dem 01.06.2020 erfolgt z. B. kommenden Donnerstag, im Anschluss an meinen nächsten Termin bei meiner Frauenärztin?
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichem Gruß
Ana Petre
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Antwort von Rechtsanwältin Uta Ordemann
Sehr geehrte Frau Petre,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die wie folgt zu beantworten ist:
1.
Die Frage, ob Sie für April und Mai Anspruch auf Gehalt haben, richtet sich danach, ob der erste Arbeitsvertrag tatsächlich in Kraft getreten ist oder ob der 1. Juni als neues Datum des Inrkafttretens gilt. Da Sie sich mit dem Arbeitgeber darauf verständigt haben, dass das Arbeitsverhältnis nach dem Willen beider Parteien erst zum 1. Juni in Kraft treten soll, ist die erste Vereinbarung hinfällig. Sie könnten sich zwar auf den Standpunkt stellen, dass der Arbeitsvertrag bereits zum 1. April in Kraft getreten ist. Nur in diesem Fall hätten Sie grundsätzlich auch einen Anspruch auf Zahlung des Gehalts für die beiden Monate. Dem würde der Arbeitgeber im Falle eines Rechtsstreits aber entgegenhalten, dass auf Ihren ausdrücklichen Wunsch hin das Datum des Inkrafttretens auf den 1. Juni 2020 verschoben wurde und daher der Vertrag auch entsprechend angepasst wurde. Zwar wurde nur die erste Seite nochmals übersandt. Häufig verfahren die Arbeitgeber auch so, dass dann nur diese eine Seite auszutauschen ist und dass der Vertrag dann mit der neuen Regelung, also hier dem Eintrittsterim 1. Juni 2020 in Kraft tritt. Sie könnten sich zwar auch formal auf den Standpunkt stellen, dass Sie diese Änderung noch nicht unterzeichnet haben und dass Änderungen zu dem Arbeitsvertrag der Schriftform bedürfen. Von der Form her wäre es ganz korrekt gewesen, wenn der Arbeitgeber Ihnen eine Änderungsvereinbarung mit dem neuen Datum des Inkrafftretens übermittelt hätte, die dann von Ihnen auch nochmals hätte unterschrieben werden müssen.
Sie könnten somit die formale Wirksamkeit der Änderung anzweifeln. Dann würde sich als nächstes aber die Frage stellen, warum Sie dann den Gehaltsanspruch für April nicht bereits geltend gemacht haben. Dies würde wieder dafür sprechen, dass Sie mit dem Arbeitgeber - selbst wenn das Arbeitsverhältnis bereits zum 1. April in Kraft getreten wäre - sich darauf verständigt haben, dass Sie zunächst unbezahlt von der Arbeit freigestellt werden wegen der erforderlichen Kinderbetreuung. Zwar hätte es hierüber grundsätzlich auch einer Vereinbarung bedurft. Unabhängig davon hätten Sie aber im Falle des Inrkafftretens bereits zum 1. April auch Ihre Arbeitskraft ausdrücklich anbieten müssen, damit Sie den Entgeltfortzahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber haben. Dies ist hier aber offensichtlich nicht geschehen. Vielmehr haben Sie sich mit dem Arbeitgeber zumindest mündlich darauf verständigt, dass Sie dann erst zum 1. Juni 2020 beginnen werden. Der Arbeitgeber würde sich dann darauf berufen, dass Sie zunächst unentgeltich frei gestellt wurden, da Sie die Arbeitsleistung aufrgund der Kinderbetreuung nicht erbringen konnten. Daher sehe ich es als wenig erfolg versprechend an, den Gehaltsanspruch für die Monate April und Mai durchzusetzen, selbst wenn man von einem Inkrafttreten zum 1. April ausgehen würde.
Sie hätten es auch bei dem ursprünglichen Inkrafftreten belassen können, was die bessere und klarere Lösung gewesen wäre; denn während der Corona-Krise haben Eltern grundsätzlich einen Anspruch auf eine Entschädigungszahlung für bis zu 6 Wochen, wenn sie erwerbstätig sind, das Kind unter 12 Jahren ist und keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit aufgrund der Corona-Krise besteht. Die Entschädigungszahlung beträgt bis zu 67 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens. Zuständige Träter sind die Länder bzw. die Kommunen.
Da das Inkraftteten hier aber auf Ihre Initiative hin im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber verschoben wurde, gehe ich nicht davon aus, dass die Kommunen noch eine Entschädigungsleistung zahlen werden, da diese immer ein bestehendes Arbeitsverhältnis voraussetzt.
2.
Da der Arbeitsvertrag hier bereits wirksam geschlossen wurde, besteht auch bereits vor Inkrafttreten des Arbeitsverhältnisses der Sonderkündigungsschutz gemäß § 17 Abs. 1 MuSchG. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber Sie - auch wenn der Arbeitsvertrag erst zum 1. Juni 2020 in Kraft tritt - dann auch vor Arbeitsantritt nicht mehr kündigen kann.
Ihre Ärztin hat offensichtlich noch kein Beschäftigungsverbot ausgesprochen. § 16 MuSchG sieht vor, dass der Arbeitgeber eine schwangere Frau nicht beschäftigen darf, soweit nach einem ärztlichen Zeugnis ihre Gesundheit oder die ihres Kindes bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist.
Wenn noch kein ärztliches Beschäftigungsverbot ausgesprochen wurde, muss der Arbeitgeber zunächst prüfen, ob er Sie trotz der Schwangerschaft weiter beschäftigen kann. Es gibt bestimmte unzulässige Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen für schwangere Frauen, die im Einzelnen in § 11 MuSchG geregelt sind. Danach dürfen schangere Frauen zum Beispiel nicht mit Gefahrstoffen in Berührung kommen. Sofern der Arbeitgeber auf dem bestehenden Arbeitsplatz eine Gefährdung nicht ausschließen kann, muss er Ihnen einen anderen Arbeitsplatz zuweisen. Sofern auch auf einem anderen Arbeitsplatz in dem Unternehmen eine Gefährung nicht ausgeschlossen werden kann, kann er ein Beschäftigungsverbot aussprechen und Sie dann von der Arbeit freistellen. Die Aufwendungen für die Entgeltfortzahlung während der Freistellung werden dem Arbeitgeber dann im Rahmen des Aufwendungsausgleichsgesetzes erstattet.
Er muss aber immer erst prüfen, ob auf Ihrem bestehenden oder auch auf einem anderen Arbeitsplatz nicht eine Gefährdung ausgeschlossen werden kann, ggfls. auch durch die Umsetzung geeigneter Maßnahmen. Nur wenn dies nicht möglich ist, kann er ein Beschäftigungsverbot aussprechen.
Wenn Sie somit eine Tätigkeit ausüben, bei der es zu einer Gefährdung für Sie und das werdende Leben kommen kann, empfehle ich Ihnen, den Arbeitgeber noch vor Arbeitsantritt über Ihre Schwangerschaft zu informieren, damit er prüfen kann, ob eine Gefährdung durch geeignete Maßnahmen ausgeschlossen werden kann. Sofern eine Gefährdung nicht ausgeschlossen werden kann, müsste er ein Beschäftigungsverbot aussprechen, sofern dies nicht ohnehin von vornherein durch die behandelnde Ärztin gemäß § 16 MuSchG ausgesprochen wird. So wird zum Beispiel in bestimmten Bereichen, wie zum Beispiel bei einer Tätigkeit als Kindergärtnerin, regelmäßig ein ärztliches Beschäftigungsverbot ausgesprochen. Sofern Ihre Ärztin vor dem 1. Juni noch ein Beschäftigungsverbot aussprechen sollte, darf Ihr Arbeitgeber Sie auch nicht mehr beschäftigen. In diesem Fall müssten Sie ihn noch vor Arbeitsantritt über das ärztliche Beschäftigungsverbot, informieren.
Falls noch Fragen hierzu bestehen, melden Sie sich gern.
Mit freundlichen Grüßen
Uta Ordemann
Rechtsanwältin
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Uta Ordemann