Schenkung Nießbrauchsvereinbarungen
Beantwortet von Rechtsanwalt Kriminaldirektor aD Willy Burgmer in unter 2 Stunden
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt…
Meine Eltern, beide 92 Jahre alt, beabsichtigen, mir demnächst ihr selbstbewohntes Haus in München (Reihenhaus) per notarieller Schenkung zu überschreiben. Ein wesentlicher Grund für die Schenkung ist, dass ich im Erbfall steuerliche Freibeträge optimal ausnutzen kann.
Meine Eltern wollen weiterhin in dem Haus wohnen.
Die Schenkung soll mit den unten aufgeführten Nießbrauchsvereinbarungen verbunden werden.
Ich bitte Sie um Prüfung, ob alle diese Vereinbarungen rechtskonform sind. Das wird zwar auch der Notar tun, ich möchte die Sache aber zunächst im Vorfeld abklären.
Ggf. bitte ich um Hinweise, wie eine nicht rechtskonforme Vereinbarung in eine rechtskonforme geändert werden könnte, oder ob sie ganz wegfallen muss.
Mir ist klar, dass eine komplette Vertragsprüfung oder eine komplette Umformulierung der Nießbrauchsvereinbarungen durch Sie den Rahmen dieser Anfrage bei YourXpert sprengen würde.
Ich beschränke die Anfrage daher eng auf den Aspekt der Rechtskonformität.
Dennoch bin selbstverständlich dankbar für Hinweise, die über diesen Aspekt hinausgehen.
Ich bezeichne unten meine Eltern als „Veräußerer“ und mich als den „Erwerber“ (Bezeichnungen analog zu einem früheren Schenkungsvertrag, der hier aber ansonsten keine Rolle mehr spielt.)
Hinweise zu einzelnen Punkten:
Zu 7)
Da meine Eltern über eine gute Pension / Rente und ca. 300 000 € Barvermögen verfügen und ich selbst bereits zwei schuldenfreie Immobilien und zusätzlich Barvermögen besitze, ist die reale Anwendung dieses Punktes höchst unwahrscheinlich. Meine Eltern wünschen aber aus einem hohen Sicherheitsbedürfnis heraus diese Vereinbarung.
Zu 12)
Diese Vereinbarung scheint mir persönlich problematisch, da eine Pfändung ja nicht durch meinen Willen ausgelöst würde, sondern von einem eventuellen Gläubiger von mir. Ich könnte die Pfändung also wohl nicht verhindern.
Es ist aber gut, wenn meine Eltern zu diesem Punkt die Meinung des juristischen Fachmanns lesen können.
Die geplanten Nießbrauchsvereinbarungen:
1)
Beide Veräußerer erhalten, so lange sie leben, den in den Punkten 2 mit 13 im Einzelnen formulierten Nießbrauch an dem Haus in München, Am Lehenweg 22. Die Nießbrauchsvereinbarungen gelten bis zum Tod des Letztversterbenden der Veräußerer.
Die Nießbrauchsvereinbarungen gelten auch für alle eventuellen dem Erwerber Manfred Moser nachfolgenden Eigentümer des Hauses.
2)
Jeder der beiden Veräußerer genießt lebenslanges mietfreies Wohnrecht in dem Haus.
3)
Die Betriebskosten des Hauses werden vom Erwerber übernommen.
4)
Die Veräußerer haben das Recht, das Haus innen wie außen im Rahmen des gesetzlich Zulässigen nach ihren Wünschen zu gestalten und ggf. Umbauten vorzunehmen. Die Kosten solcher Maßnahmen werden von den Veräußerern getragen.
Die Veräußerer verpflichten sich, den Erwerber jeweils vorab über ihre Umgestaltungs-, bzw. Umbauvorhaben informieren.
5)
Der Erwerber darf das Haus nur mit dem ausdrücklichen Einverständnis der Veräußerer, bzw. des noch lebenden Veräußerers verkaufen oder vermieten. Das Einverständnis bedarf der Schriftform.
6)
Der Erwerber verpflichtet sich, das Haus nicht mit einer Hypothek zu belasten, außer die Veräußerer, bzw. der noch lebende Veräußerer sind ausdrücklich damit einverstanden. Das Einverständnis bedarf der Schriftform.
7)
Der Erwerber verpflichtet sich, das Haus durch Vermietung oder notfalls auch durch Verkauf für eventuelle Pflegekosten der Veräußerer, bzw. des überlebenden Veräußerers einzusetzen, sofern diese Kosten anderweitig nicht mehr finanzierbar sein sollten. Sollten die Veräußerer, bzw. der überlebende Veräußerer nicht mehr entscheidungsfähig sein, greift (als Ersatz für die obige Vereinbarung Nr. 5) die bereits gesondert erteilte Vorsorge-Vollmacht, die den Erwerber in diesem Fall ermächtigt, das Haus in eigener Regie zu vermieten oder zu verkaufen, um die Pflege der Veräußerer zu finanzieren.
8)
Für den Fall, dass das Haus vermietet wird (z.B. weil die Veräußerer, bzw. der überlebende Veräußerer in ein Heim zieht), steht die Nettomiete den Veräußerern, bzw. dem überlebenden Veräußerer zu.
9)
Der Erwerber verpflichtet sich, die Veräußerer, bzw. den überlebenden Veräußerer bei der Erhaltung des Wohnwertes des Hauses mit Rat und Tat zu unterstützen.
10)
Der Erwerber übernimmt die gesamte Verwaltung des Hauses, verpflichtet sich aber, die Veräußerer, bzw. den überlebenden Veräußerer über alle wesentlichen Aspekte der Verwaltung, insbesondere über Beschlüsse der Eigentümerversammlung, umfassend zu informieren.
11)
Der Erwerber verpflichtet sich dafür zu sorgen, dass jederzeit alle erforderlichen Versicherungen für das Haus (Wohngebäudeversicherung gegen Schäden durch Feuer, Leitungswasser, Sturm; incl. Elementarschadenversicherung, Rechtsschutzversicherung, Glasversicherung) in ausreichender Höhe bestehen. Die Versicherungen werden vom Erwerber verwaltet, und die Versicherungsbeiträge werden von ihm abgeführt.
12)
Das Haus darf nicht gepfändet werden.
13)
Diese Nießbrauchsvereinbarungen werden im Grundbuch eingetragen.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Kriminaldirektor aD Willy Burgmer
Sehr geehrte Ratsuchende,
das was Sie – einvernehmlich mit Ihren Eltern – bezwecken, ist im Wesentlichen in § 1093 BGB als „lebenslanges Wohnungsrecht“ in Form einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit geregelt und als solches in das Grundbuch eintragungsfähig und zu empfehlen. Auf dieses Recht finden bestimmte für den Nießbrauch geltenden Vorschriften Anwendung, die Sie unter § 1093 Absatz 1 Satz 2 BGB aufgeführt finden.
Dieses Wohnungsrecht ist weitgehend von der Literatur zitiert und seitens der Rechtsprechung angewandt, mithin als Standard anerkannt.
Es empfiehlt sich deshalb zur Klarstellung und gerade weil Sie „Rechtskonformität“ wünschen, auf diesen Paragrafen sowie die §§ 1090 – 1093 BGB hinzuweisen bzw. in den Vertragstext mit aufzunehmen.
Denn damit sind einige wesentliche Teile Ihrer freihändigen Formulierungen verlässlich abgedeckt bzw. können direkt dem Gesetz und der dazu vorhandenen umfangreichen Rechtsprechung entnommen werden.
Zu Ziff 5: Zusätzlich würde ich noch ein dingliches Vorkaufsrecht nach § 1094 BGB zugunsten Ihrer Eltern in Erwägung ziehen und vor der Veräußerung eintragen lassen.
Zu Ziff. 12: Haben Sie Recht in der Annahme, dass diese Formulierung Ihre Eltern nicht umfassend schützt, sondern Ihre Eltern nur vor einer Verpfändung durch Sie selbst.
Jedoch: Das dinglich eingetragene Wohnungsrecht zugunsten Ihrer Eltern kann aber NICHT gepfändet werden, auch nicht von Dritten (BGH WuM 07, 30) Palandt § 1092 Rn 6 m.w.N.
Zu Ziff. 7: Grundsätzlich ist zunächst fraglich , ob das Wohnungsrecht zugunsten des Eigentümers (oder zugunsten etwa des Sozialamtes) verwertet werden kann. Hier gilt: Weder das Wohnungsrecht noch der etwaige Anspruch auf Vermietungsgestattung gehen nach § 93 SGB XII im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs auf das Sozialamt über, wenn dieses Sozialhilfe an die wohnberechtigte Person leistet.
Das OLG Hamm hatte mit Urteil vom 28. 9. 2009 - I-5 U 80/07 den Fall zu bewerten dass das Wohnungsrecht wegen zwingenden Wegzugs in ein Pflegeheim quasi objektiv nicht mehr ausgeübt werden konnte. In diesem Falle stand dem Kläger (=Träger der Sozialhilfe) kein auf ihn gemäß § 93 SGB XII übergegangener Anspruch der Mutter des Beklagten auf Herausgabe der von dieser vereinnahmten Mieten zu. Vgl. auch BGH NJW 2009, Seite 1048
Zu Ziff. 8: Ergibt sich schon aus Ziff. 7. Falls der Mietzins den Berechtigten nach Gestattung gem. §§ 1090 und 1093 BGB zufiele, weil sie freiwillig auf einen Teil der Ausübung der Dienstbarkeit verzichtet, oder fakultativ gegen Mietzins eines Dritten an Sie als Eigentümer, gebührt auch im letzteren Fall der Anspruch auf Mietzins Ihren Eltern.
Bitte haben Sie Verständnis, dass diese summarische Erstbewertung weder Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, noch eine persönliche anwaltliche Beratung vor Ort unter Beiziehung aller Unterlagen und bekannter Fakten ersetzten kann. Das haben Sie auch mit Ihrer Ausschreibung ausdrücklich anerkannt. Wichtig ist ferner, dass ich als Anwalt von Gesetzes wegen nur Sie als Auftraggeber beraten darf (nicht Ihre Eltern), da ich sonst dem Vorwurf widerstreitender Interessen ausgesetzt sein könnte.
Mit freundlichen Grüßen
verbleibe ich
Ihr
W. Burgmer
- Rechtsanwalt
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Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Burgmer,
vielen Dank für Ihre Ausführungen. Sie haben mir weitergeholfen.
Ich habe noch zwei Nachfragen:
a)
Zu den Punkten 10 und 11 meines Entwurfs zu den Nießbrauchsvereinbarungen haben Sie sich nicht explizit geäußert. Kann ich daraus schließen, dass gegen sie keine rechtlichen Bedenken bestehen?
§ 1045 BGB sieht ja vor, dass der Nießbraucher die Pflicht hat, Versicherungen gegen Brand etc. abzuschließen, in Punkt 11 übernehme allerdings ich als Erwerber den Abschluss und die Beiträge zu den Versicherungen. Kann man im Sinne der Vertragsfreiheit dies auch in Abweichung von § 1045 BGB in die Nießbrauchsvereinbarungen aufnehmen?
b)
Genügt bzgl. der Vereinbarung des Wohnrechts der Hinweis auf § 1093 BGB (mit den dort aufgeführten weiteren einschlägigen BGB-Paragraphen), oder ist es besser, diese wörtlich in den Nießbrauchvertrag aufzunehmen und ggf. durch eigene Formulierungen zu ergänzen?
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Moser
(a) Im Rahmen der Vertragsfreiheit ist Ziff.10 einvernehmlich möglich. Zur Eigentümerversammlung hatten Sie mir nichts Weiteres mitgeteilt. Das Verhältnis zu einer Eigentümergemeinschaft müsste man gesondert prüfen.
Zu Ziff. 11 beachten Sie bitte, dass der von Ihnen zitierte § 1045 BGB auf das Wohnungsrecht nach § 1093 BGB de lege KEINE Anwendung findet. Sie können das also in die Vereinbarung aufnehmen.
(b) Beides ist möglich. Willenserklärungen müssen nicht notwendig mit §§ belegt werden. Es ist aber möglich und zielführend, wenn damit die von Ihnen gewünschte Rechtskonformität unterstrichen werden soll. Auf jeden Fall sollten Ergänzungen – auch sicherheitshalber – mit eigenen Formulierungen in den Vertragstext eingebracht werden. Dazu wird Ihnen auch der/die Notar/in Rat und Hilfen geben.
Mit freundlichen Grüßen,
W. Burgmer
- Rechtsanwalt
vielen Dank für Ihre Beantwortung meiner Nachfrage. Der Sachverhalt ist für mich nun gut geklärt.
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Moser
Ihr
W. Burgmer
- Rechtsanwalt