Scheidung und der Kostengünstigste Weg
Fragestellung
Scheidung und der Kostengünstigste Weg
Sehr geehrte Damen und Herren
Ich möchte mich von meinem Ehemann trennen.
Bereits in der Verlobungszeit hat er mich betrogen und daher meine Frage unter welchen Umständen kann man die Ehe anulieren?
Mein Mann hat auch während unserer Ehe eine Wesensveränderndung (Wandlung von Mann zur Frau -ohne OP!) vollzogen.
Seit Jahrzehnten haben wir keinen Sex mehr und dies hat auch mich krank gemacht. Vor einigen Jahren hatte ich wegen der Gesamtbelastung ein Burnout.
Für mich ist es unerträglich, nach Einreichung, der Scheidung, noch ein Trennungsjahr auferlegt zu bekommen!
Gibt es hier gesetzliche Vorkehrungen/Möglichkeiten?
Wenn es notwendig wäre, ein Schreiben von meinem Ehemann über die Vorkommnisse zu erhalten, wäre dies durchaus machbar. Bitte um einen Briefinhaltsvorschlag, damit ich dies, bei der Scheidung mit einreichen kann und schnellstens "diese zu lange Episode von beinahe 40 Jahre "beenden kann?
Grüße
Siegfried Jerewitz Auftraggeber (nicht betroffener)
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Roger Neumann
Sehr geehrter Ratsuchender,
gern beantworte ich Ihre Frage. Wenn etwas unklar ist oder im Falle von Missverständnissen können wir das schnell und unkompliziert im Rahmen der kostenlosen Nachfragemöglichkeit klären.
Eine Ehe kann durch Scheidung nach §§ 1564 ff BGB oder durch Aufhebung (Annullierung) nach §§ 1314 ff BGB aufgelöst werden.
1.
Die Aufhebungsgründe sind in § 1314 BGB abschließend aufgeführt. Hier käme allein eine Täuschung nach § 1314 Abs. 2 Nr. 3 BGB in Betracht.
Sie schreiben, Ihr Mann habe Sie vor der Ehe betrogen und inzwischen eine Wandlung vom Mann zur Frau ohne operative Angleichung vollzogen.
Die Täuschung müsste bei der Eheschließung vorgelegen haben. Es käme also zunächst darauf an, ob Ihr Mann Ihnen bei der Eheschließung den vorehelichen Fremdverkehr verschwiegen hat. Selbst dann ist dieser jedoch nicht zwingend ein Aufhebungsgrund.
Ob Ihr Mann Sie über seine Absichten hinsichtlich einer Geschlechtsumwandlung getäuscht hat, kann ich der Fragestellung nicht abschließend entnehmen. Es kann sein, dass er sich dazu erst später entschlossen hat. Ich entnehme der Formulierung Ihrer Frage („haben wir keinen Sex mehr“), dass die Ehe anfangs durchaus auch eine sexuelle Beziehung war.
Ganz entscheidend ist aber in Ihrem Fall wohl etwas anderes:
Die Aufhebung der Ehe kann nach § 1317 BGB nur innerhalb einer Frist von einem Jahr nach Entdeckung der Täuschung gestellt werden.
Nach dem Inhalt der Fragestellung besteht die Ehe offenbar bereits seit Jahrzehnten. Deshalb unterstelle ich, dass auch die Entdeckung sowohl der vorehelichen Untreue als auch der begonnenen Wandlung vom Mann zur Frau länger als ein Jahr zurückliegen.
2.
Aus diesem Grund dürfte die Auflösung der Ehe ausschließlich im Wege der Scheidung möglich sein.
Hier ist zu fragen, ob auf das Trennungsjahr verzichtet werden kann. Das ist dann der Fall, wenn das Abwarten des Trennungsjahres für Sie eine unzumutbare Härte darstellen würde, § 1565 BGB.
Lassen Sie mich an dieser Stelle vorab eine Sache klarstellen:
Sie schreiben, es sei für Sie unerträglich, „nach Einreichung der Scheidung“ noch ein Trennungsjahr auferlegt zu bekommen. Tatsächlich beginnt das Trennungsjahr nicht mit Einreichung der Scheidung, sondern mit der faktischen Trennung. Diese kann auch innerhalb der gemeinschaftlichen ehelichen Wohnung vollzogen werden, § 1567 BGB, wobei es dann auf zahlreiche Einzelheiten ankommt.
Sollten Sie also bereits einige Zeit, möglicherweise ein Jahr oder länger entweder innerhalb der bisherigen ehelichen Wohnung oder in zwei verschiedenen Wohnungen getrennt leben, so würde das noch erforderliche Trennungsjahr entsprechend verkürzt oder gegebenenfalls ganz wegfallen. Dann wäre es möglicherweise nicht notwendig, die Härtegründe überhaupt vorzubringen und zu beweisen.
Unabhängig davon sehe ich durchaus die Möglichkeit, in Ihrem Fall eine unzumutbare Härte darzustellen, nämlich dann, wenn Ihr Mann sich durch die operationslose Geschlechtsumwandlung bewusst in einen Zustand gebracht hat, der die Durchführung des Geschlechtsverkehrs mit Ihnen unmöglich macht und wenn er es darüber hinaus hartnäckig ablehnt, mit Ihnen eine sexuelle Beziehung zu unterhalten. Ihre Fragestellung spricht dafür, dass genau das der Fall ist. Wenn Ihr Mann zudem außereheliche sexuelle Beziehungen (die für sich genommen nicht zwingend ein Härtegrund sind) unterhält, kann dies die unzumutbare Härte in Ihrem Fall verstärken.
Wenn Ihr Mann im Scheidungsverfahren diese Angaben bestätigt, wird dies die beschleunigte Ehescheidung begünstigen.
Ich weise darauf hin, dass der Scheidungsantrag durch einen Rechtsanwalt gestellt werden muss und empfehle dementsprechend, so schnell wie möglich einen Rechtsanwalt zu beauftragen, da anderenfalls weitere Zeit ins Land zieht.
Ich hoffe, Ihre Frage damit verständlich beantwortet zu haben. Wenn noch etwas unklar ist, zögern Sie bitte nicht, von der kostenlosen Nachfragemöglichkeit Gebrauch zu machen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Roger Neumann
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aber wer bestimmt final, ob ein Trennungsjahr nun genommen werden muß oder nicht, wenn beide Eheleute sich einig sind und auf ein Trennungsjahr verzichten wollen ?
Kann das schon der RA machen, der beide Seiten, so abgesprochen, gemeinsam vertritt???
wann sollte der RA eingeschaltet werden?
Danke und Gruß
Siegfried Jerewitz
gern beantworte ich Ihre Nachfrage:
Die endgültige Entscheidung trifft der Richter.
Die Ehe kann vor Ablauf des Trennungsjahres nur geschieden werden, wenn das Abwarten eine unzumutbare Härte darstellen würde. Außerdem könnte es sein, dass das Trennungsjahr wegen einer möglichen Trennung innerhalb der Ehewohnung bereits begonnen hat.
Die Entscheidung über beides trifft der Richter. Das ist also keine Entscheidung, die die Ehegatten treffen können, auch dann nicht, wenn sie sich einig sind.
Ein Rechtsanwalt kann für Sie beurteilen, ob die Voraussetzungen vorliegen. Dafür werden dem Rechtsanwalt weitergehende Details der Gesamtsituation und Entwicklung mitzuteilen sein. Das wird nicht immer als angenehm empfunden, ist aber unabdingbar, wenn man das Trennungsjahr vermeiden will.
Aus Sicht des familienrechtlichen Praktikers kann ich sagen, dass Scheidungen regelmäßig mit Leidensgeschichten verbunden sind und auch das Abwarten des Trennungsjahres von den scheidungswilligen Ehegatten als Last empfunden wird. Das allein ist kein Härtegrund. Ihre Schilderung in der Fragestellung geht aber deutlich über das hinaus, was insofern als das zu erwartende Maß angenommen werden kann. Deshalb sehe ich gute Chancen, dass eine unzumutbare Härte vorliegt.
Entgegen verbreiteter Meinung ist es nicht möglich, dass ein Rechtsanwalt beide Seiten „gemeinsam vertritt“.
Möglich ist folgendes:
Ein Ehegatte stellt anwaltlich vertreten den Scheidungsantrag. Wenn der andere Ehegatte nur der Scheidung zustimmt und keinerlei eigene Anträge stellen will (auch nicht zu Scheidungsfolgesachen z.B. Unterhalt, Versorgungsausgleich, Zugewinnausgleich) braucht der andere Ehegatte keinen eigenen Rechtsanwalt zu beauftragen.
Ich empfehle, sobald wie möglich einen Rechtsanwalt zu beauftragen, der prüfen sollte, ob die Voraussetzungen für eine sofortige Scheidung bereits vorliegen.
Unabhängig davon sollte – sofern noch nicht geschehen – die Trennung nun auch tatsächlich herbeigeführt werden, sei es zunächst innerhalb der bisherigen Ehewohnung oder sei es durch Verlassen derselben.
Ich hoffe, die Nachfrage damit beantwortet zu haben. Wenn noch etwas unklar ist, fragen Sie gern (ohne Mehrkosten für Sie) noch einmal nach.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Roger Neumann