Scheidung: Aufteilung einer Immobilie
Fragestellung
Als Anfangsvermögen brachte ich zwei Eigentumswohnungen in die Ehe ein, jetzt leben wir in Scheidung, kein Ehevertrag.
1.) Zählen die Mieteinnahmen während der Ehe als Zugewinn, oder gehen die gesamten Mieteinnahmen in mein eigenes Anfangsvermögen ein?
2.) Ich habe den Keller einer Eigentumswohnung renoviert. Geht diese Aufwendung von unserem Zugewinn ab, oder von meinem Anfangskapital bzw. den Mieteinnahmen?
Zum Hausbau haben meine Eltern, meine Tante und Schwiegereltern in etwa gleich viel Geld bzw. Arbeitsleistung dazugegeben. Jetzt behaupten meine Schwiegereltern, dass sie ca. 100000€ mehr dazugegeben hätten. Weder meine Eltern, noch Schwiegereltern ließen sich die geschenkten Summen schriftlich mit gegenseitigen Unterschriften bestätigen.
3.) Meine Eltern haben Kontoauszügen, aus denen hervorgeht, welche Summen Sie mir zum Grundstückskauf und Hausbau geschenkt haben. Reichen diese Unterlagen aus?
4.) Sind meine Schwiegereltern in der Beweispflicht?
5.) Wie müssten meine Schwiegereltern Ihre Forderung darlegen, beweisen?
6.) Können meine Schwiegereltern, ohne weiteres, diese 100000€ von mir zurückverlangen, wenn das Haus verkauft wird? Oder bereits vor dem Verkauf?
7.) Wir stehen je zur Hälfte im Grundbuch, ich möchte den Anteil meiner Frau abkaufen.
Ich möchte Ihr den halben aktuellen Verkehrswert anbieten. Kann Sie von mir einfach verlangen, dass ich 100000€ mehr an sie zahlen muss?
8.) Auf welchem Weg kann ich mein Recht durchsetzen?
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Antwort von Rechtsanwältin Sylvia True-Bohle
Sehr geehrter Ratsuchender,
zunächst müssen Sie darauf achten, dass neben dem Anfangsvermögen das Endvermögen (Zustellung des Scheidungsantrages) entscheidend ist. Diese Differenz wäre dann der Zugewinn. Genau das ist gesondert für jeden Ehepartner zu berechnen. Es ist genau der Zugewinn eines jeden Ehepartners zu ermitteln.
Wichtig sind aber eben immer Anfangs- und Endvermögen.
Vorhandene Vermögenswerte erhöhen den Zugewinn, da sie dem Endvermögen zugerechnet werden.
Die Ausgaben zu den Vermögenswerten, vermindern den Zugewinn, da diese Ausgaben negativ beim Endvermögen berücksichtigt werden.
Es ist daher genau zwischen dem Anfangsvermögen und dem Endvermögen zu unterscheiden.
Für Ihre Fragen bedeutet das:
1.) Zählen die Mieteinnahmen während der Ehe als Zugewinn, oder gehen die gesamten Mieteinnahmen in mein eigenes Anfangsvermögen ein?
Diese Einnahmen zählen zum Endvermögen, und dann zum Zugewinn, wenn Sie bei Zustellung des Scheidungsantrages noch vorhanden sind. Sind die Mieteinnahmen verbraucht worden, werden diese nicht berücksichtigt.
2.) Ich habe den Keller einer Eigentumswohnung renoviert. Geht diese Aufwendung von unserem Zugewinn ab, oder von meinem Anfangskapital bzw. den Mieteinnahmen?
Diese Aufwendungen bleiben unberücksichtigt, wenn die Kosten dafür nicht finanziert worden sind. Gibt es ein Darlehen, mit dem die Aufwendungen finanziert worden sind, ist dieses als Passiv-Posten beim Endvermögen zu berücksichtigt. Ihr Endvermögen verringert sich dann um den noch bestehenden Darlehensbetrag.
Schenkungen der Eltern und Schwiegereltern sind immer ein Problem.
Zu unterscheiden ist zwischen dem Zugewinn und einem gesonderten Herausgabeanspruch der Eltern/Schwiegereltern. Dazu gibt es umfassende Rechtsprechung, aktuell durch Beschluss des BGH vom 03.12.2014 XII ZB 181/13.
Sollten die Schenkungen als vorweggenommenes Erbe beabsichtigt gewesen sein, sind diese Beträge dann dem Anfangsvermögen des jeweiligen Beteiligten zuzurechnen.
Beweispflichtig sind dann weder Eltern oder Schwiegereltern, sondern die Parteien des Scheidungsverfahrens, also Ihre Frau bzw. Sie, wobei dann natürlich die jeweiligen Elternteile neben Urkunden und Dokumenten wie Kontoauszügen als Zeugen in Betracht kommen. Was ausreicht, obliegt dabei allein der richterlichen Beweiswürdigung
Das bedeutet für Ihre Fragen, wenn wir eine vorweggenommene Erbschaft annehmen, folgendes:
3.) Meine Eltern haben Kontoauszügen, aus denen hervorgeht, welche Summen Sie mir zum Grundstückskauf und Hausbau geschenkt haben. Reichen diese Unterlagen aus?
Grundsätzlich ja, aber Ihre Eltern wären auch Zeugen. Die Kontoauszüge würden dann deren Glaubwürdigkeit untermauern.
4.) Sind meine Schwiegereltern in der Beweispflicht?
Nein; Ihre Frau ist in der Beweispflicht, kann dann auf Zeugenaussagen der Eltern zurückgreifen. Ob der Richter denen glaubt, lässt sich nicht vorhersagen.
Die nachfolgenden Fragen zielen offenbar auf den genannten Rückforderungsanspruch der Schwiegereltern. Dann gilt folgendes:
5.) Wie müssten meine Schwiegereltern Ihre Forderung darlegen, beweisen?
Sie müssen an Hand von Unterlagen, zum Beispiel Überweisungen, Nachweis gezahlter Rechnungen darlegen und beweisen müssen, was genau sie geschenkt haben. Dabei werden auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern eine Rolle spielen. Es müsste schon deutlich gemacht werden, woher denn das Geld kommt. Bei den Summen wird es kaum unter der Matratze gelegen haben.
6.) Können meine Schwiegereltern, ohne weiteres, diese 100000€ von mir zurückverlangen, wenn das Haus verkauft wird? Oder bereits vor dem Verkauf?
Nein ohne weiteres nicht. Nach der oben angegebenen Entscheidung des BGH handelt es (wenn keine vorweggenommene Erbschaft vorliegt) um eine Schenkung.
Bei der sogenannten Störung der Geschäftsgrundlage der Schenkung ( Schenkung in der Erwartung des Bestehens der Ehe ) kann ein Rückforderungsanspruch bestehen.
Dieser besteht dann aber nur, wenn Ihnen auch Ihnen das Geld zugewendet worden ist. Es wird wohl, wie in solchen Fällen leider immer noch üblich, zum Beispiel mit den Worten: „die Küche bezahlen wir“ etc. zu Zuwendungen gekommen sein.
Es kann dann die Möglichkeit, das Geld zurückzufordern, weil die Geschäftsgrundlage (Ehe) der Zuwendung nicht mehr besteht, gegeben sein.
Allerdings wird dieses allein nicht reichen. Der BGH hat ganz klar ausgeführt, dass auch eine gesonderte Unzumutbarkeit hinzukommen muss. Dieses müssten dann die Schwiegereltern darlegen. Dazu gehört auch eine Beurteilung der finanziellen Situation. Es wird die Frage zu stellen sein, wer wie durch diese Rückforderung belastet und beeinträchtigt wird.
Das allein kann jedoch nur individuell beurteilt werden.
7.) Wir stehen je zur Hälfte im Grundbuch, ich möchte den Anteil meiner Frau abkaufen.
Ich möchte Ihr den halben aktuellen Verkehrswert anbieten. Kann Sie von mir einfach verlangen, dass ich 100000€ mehr an sie zahlen muss?
Verlangen kann sie es, da die Beträge frei verhandelbar sind. Einen Rechtsanspruch hat sie nicht. Sie könnte allenfalls Ansprüche der Schwiegereltern geltend machen, wenn diese ihr Rückforderungsansprüche abgetreten haben. Zahlen müssen Sie allein deswegen aber noch lange nicht.
Gibt es keine Einigung über den Ausgleichsbetrag, ist nur noch die Teilungsversteigerung möglich.
8.) Auf welchem Weg kann ich mein Recht durchsetzen
Sie sollten sich schnell einen Anwalt nehmen. Alle Unterlagen müssen gesichtet und geprüft werden.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle, Oldenburg
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