Reisekostenrecht - 1. Tätigkeitsstätte
Beantwortet
Fragestellung
Hallo,
ich habe einige Fragen zur 1. Tätigkeitsstätte in Bezug auf das neue Reisekostenrecht 2014.
Ich bei einem Zeitarbeitsunternehmen tätig. Ich war die letzten fast 3 Jahre für ein und den selben Kunden meiner Zeitarbeitsfirma tätig. Dies war mein 2. Einsatz bei einem Kunden meines Arbeitgebers. Mein unbefristeter Vertrag beim Zeitarbeitsunternhemen ist datiert vom August 2011. Im Vertrag befindet sich der Passus
"Der Arbeitnehmer wird als Mitarbeiter der Buchhaltung für die Gesellschaft tätig" und
"Der Arbeitnehmer erbringt seine Arbeitsleistung bei den Kunden der Gesellschaft an verschiedenen Orten im Bereich des regionalen Verkehrsverbundes der Niederlassung Mannheim oder für die Gesellschaft in der Niederlassung selbst"
Ich fahre täglich direkt zum Kunden meines Arbeitgebers. Meine Fahrtkosten rechne ich über eine monatliche Reisekostenabrechnung je gefahrenen km von meinem Wohort ab.
Meine Frage nun - sind die im Vertrag gemachten Ausführungen ausreichend für die Zuordnung der 1. Tätigkeitsstätte, obwohl der Begriff "1. Tätigkeitsstätte" nicht erwähnt ist, oder muss der Vertrag in diesem Bereich ergänzt werden ?
Weiterhin von Interesse wäre dann, ob die Niederlassung meines Arbeitgebers in Mannheim 1. Tätigkeitsstätte ist und wieviel Arbeitszeit ich an dieser 1. Tätigkeitsstätte verbringen muss, damit das Finanzamt den Standort Mannheim als 1. Tätigkeitsstätte akzeptiert ? Die Niederlassung meines Arbeitgebers habe ich im Jahr 2014 an 5 Tagen stundenweise besucht, im Anschluss oder als Unterbrechnung der normalen Arbeitszeit beim Kunden. Für diese Fahrten habe ich keine Reisekosten vom Arbeitgeber erhalten, sie jedoch als Reisekosten in der EST-Erklärung (Euro 0,30/km) gegenüber dem Finanzamt geltend gemacht. Entspricht dies der gesetzlichen Regelung ?
Mein Arbeitgeber vertritt in dieser Sache die Auffassung, dass die im Arbeitsvertrag gemachten Angaben eindeutig sind und keine Änderung oder Nachtrag erforderlich wäre. Als 1. Tätigkeitsstätte würde der Standort der Niederlassung meines Arbeitgebers in Mannheim gelten.
Ich möchte in jedem Fall vermeiden, dass der Arbeitsort beim Kunden in Ludwigshafen zur 1. Tätigkeitsstätte vom Finanzamt erklärt wird. Was muss ich tun ?
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort des Experten
Sehr geehrter Ratsuchender,
ich danke Ihnen für die Anfrage und die ausführliche Schilderung Ihres Problems. Ich beantworte Ihre Anfrage gern.
Die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte erfolgt vorrangig anhand der dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen durch den Arbeitgeber. Sind solche nicht vorhanden oder sind die getroffenen Festlegungen nicht eindeutig, werden hilfsweise quantitative Kriterien herangezogen. Voraussetzung für eine erste Tätigkeitsstätte ist zudem, dass der Arbeitnehmer an dieser dauerhaft tätig werden soll.
Nun stellt sich also als erstes die Frage, ob Ihr Arbeitgeber Ihnen eine erste Tätigkeitsstätte zugeordnet hat. Ist dies der Fall, dann gilt diese Zuordnung auch für das Finanzamt. Da die dienst- oder arbeitsrechtliche Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers eindeutig sein muss, ist sie vom Arbeitgeber zu dokumentieren. In Betracht kommen hierfür z. B. Regelungen im Arbeitsvertrag aber auch durch Reisekostenabrechnungen.
Aus den von Ihnen zitierten Passagen des Arbeitsvertrages ergibt sich für mich zunächst keine eindeutige Zuordnung. Diese sehe ich aber durch die Reisekostenabrechnungen. Der Arbeitgeber hat Ihnen Reisekosten für den Weg von Ihrer Wohnung zum Kunden nach Reisekostenrecht erstattet. Damit ist eindeutig, dass der Ort des Kunden nicht erste Tätigkeitsstätte sein soll und auch nicht ist.
Allerdings müssen Sie folgendes beachten. Ein Arbeitnehmer kann in bestimmten Fällen auch in einem fremden Unternehmen seine erste Tätigkeitsstätte haben. Die Annahme einer Tätigkeitsstätte erfordert nicht mehr, dass es sich um eine Einrichtung des lohnsteuerlichen Arbeitgebers handelt. Ein Leiharbeitnehmer hat eine "erste Tätigkeitsstätte" beim Entleiher (Kunden), wenn er beim Entleiher unbefristet oder für die gesamte Dauer des Leiharbeitsverhältnisses oder länger als 48 Monate tätig werden soll.
Nach Ihrer Schilderung gehe ich davon aus, dass Ihr Arbeitgeber Sie nicht dauerhaft (länger als 48 Monate) dem Kunden zugeordnet hat. Sie können also davon ausgehen, dass Ihre erste Tätigkeitsstätte bei Ihrem Arbeitgeber (Mannheim) ist. Der Arbeitsvertrag muss nicht angepasst werden. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn der Arbeitsgeber z.B. in einer Protokollnotiz dies auch ausdrücklich erklärt. Es ist aber aufgrund der Reisekostenabrechnung nicht notwendig.
Nun zu Ihrer Frage, wie viel Arbeitszeit Sie in der ersten Tätigkeitsstätte verbringen müssen. Für die wirksame Zuordnung zu einer Einrichtung des Arbeitgebers muss der Arbeitnehmer tatsächlich dort tätig werden – zumindest in ganz geringem Umfang. Ausreichend sind hier bereits Hilfs- und Nebentätigkeiten wie z.B. die Abgabe von Auftragsbestätigungen, Stundenzetteln, Krank- und Urlaubsmeldungen. Die Abgabe von Krank- oder Urlaubsmeldungen durch Dritte (z. B. mittels Post, Bote oder Familienangehörige) reicht für eine Zuordnung nicht aus, da ein Tätigwerden auch ein persönliches Erscheinen des Arbeitnehmers voraussetzt. Bisher ist der Begriff "in ganz geringem Umfang" nicht durch eine zeitliche Vorgabe definiert.
Abschließend möchte ich Ihnen die Frage beantworten, ob es den gesetzlichen Regelungen entspricht, die Fahrten vom Kunden Ihres Arbeitgebers zur ersten Tätigkeitsstätte als Reisekosten in der Steuererklärung anzusetzen. Ja, das entspricht des gesetzlichen Regelungen.
Zusammenfassend kann ich feststellen, dass Sie nichts weiter unternehmen müssen. Hilfreich wäre eine eindeutige Formulierung Ihres Arbeitgebers zu Ihrer Zuordnung. Wenn Sie etwas tun möchten, kann ich Ihnen empfehlen, dass Sie einen Aktenvermerk darüber anfertigen, dass Ihr Arbeitgeber Ihnen gegenüber mündlich geäußert hat, dass er die im Arbeitsvertrag gemachten Angaben eindeutig findet und keine Änderung erforderlich wäre und dass der Arbeitgeber als erste Tätigkeitsstätte den Standort der Niederlassung in Mannheim ansieht.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen beantworten konnte. Für Rückfragen stehe ich Ihnen natürlich jederzeit gern weiter zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Stahr
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in Bezug auf die 48 Monatsfrist hätte ich doch noch eine Frage. Ich bin jetzt ab 15.02.15 ohne Einsatzstelle beim Kunden, jedoch nach wie vor im Beschäftigungsverhältnis bei meiner Zeitarbeitsfirma. Nun deutet sich an, dass mein nächster Einsatz evtl. ab 15.04. wieder beim gleichen Kunden wie bisher, jedoch in einer anderen Abteilung starten soll.
Meine Frage nun beginnt die 48 Monatsfrist dann wieder von vorne oder muss auf die Einsatzzeit des letzten Einsatzes aufaddiert werden ?
Es wäre nett, wenn Sie mir da noch eine Info zukommen lassen könnten.
Freundliche Grüße und schöne Osterfeiertage.
R. R.
da brauchen Sie sich keine Sorgen machen. Die Frist von 48 Monaten ist wie folgt zu verstehen: Wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen mitteilt, dass Sie für mindestens 48 Monaten beim Kunden eingesetzt werden, dann heißt das, dass Sie dauerhaft dem Kunden zugeordnet sind und somit die erste Tätigkeitsstätte beim Kunden wäre. Sind Sie nicht von vornherein für 48 Monate beim Kunden eingeplant, dann bleibt die Neiderlassung Ihres Arbeitgebers die erste Tätigkeitsstätte. Stellt sich später heraus, dass Sie doch mehr als 48 Monate beim Kunden tätig waren, ändert sich die Beurteilung für die Vergangenheit nicht. Es gilt stets die Beurteilung des Arbeitgebers bei Beginn Ihrer Tätigkeit.
Ich hoffe, Ihnen mit der Antwort behilflich gewesen zu sein.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Stahr
vielen Dank für die schnelle Beantwortung. Damit ist dann alles geklärt.
Freundliche Grüße
R. R.