Reihengeschäft Internethandel
Fragestellung
Sehr gehrte Damen und Herren,
folgende Frage hätten wir:
in Deutschland ansässiger Onlinehandel (A) bestellt für einen Endkunden Ware bei.
Einem niederländischen Hersteller (B), bezahlt per Vorkasse die Ware und die Frachtkosten.
Der Hersteller vergibt einen Auftrag an eine niederländische Spedition (C) zur Lieferung in die Schweiz an den Endkunden (D) Der Endkunde verzollt auf eigene Verantwortung in der Schweiz mit erfolderlichen Lieferpapieren.
des Onlinehandels.
Wer ist für die Abfuhr der MWST verantwortlich und in welchem Land.?
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Selber Fall nur mit Zwischenstation einer deutschen Spediton.
A gibt Kaufauftrag an B, B beauftragt C mit der Lieferung an (X) DHL Deutschland und X liefert an den Endkunden in der Schweiz, dass ist ja dann kein Reihengeschäft mehr. Sondern ein zweites?
Für Hilfe wären wir sehr dankbar und für eine Info wer sich diesbezüglich international auch mit Russland auskennt.
Viele Grüsse
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Dipl. Finanzwirt Ulrich Hiller
Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank zunächst für Ihre Frage, bei der es um die umsatzsteuerliche Beurteilung von sogenannten Reihengeschäften geht.
Die Definition und Rechtsfolgen eines Reihengeschäfts folgen aus § 3 Abs. 6 Sätze 5 und 6 des Umsatzsteuergesetzes (UStG).
Für die Annahme eines Reihengeschäfts müssen:
mehrere Unternehmer
Umsatzgeschäfte über ein und denselben Gegenstand abschließen und
die Warenbewegung erfolgt vom
ersten Lieferer unmittelbar zum letzten Abnehmer.
Wird der Gegenstand durch mehrere beteiligte Unternehmer versendet bzw. befördert (gebrochene Beförderung oder Versendung), liegt kein Reihengeschäft vor.
Die Beförderung / Versendung kann durch einen Lieferer, Abnehmer oder Beauftragten erfolgen.
Zurnächst einmal zur Theorie:
Befördert oder versendet der erste Lieferer in der Reihe den Gegenstand, ist seine Lieferung die bewegte Lieferung.
Befördert oder versendet der letzte Erwerber in der Reihe den Gegenstand, ist die bewegte Lieferung der Lieferung an ihn zuzuordnen.
Befördert oder versendet ein mittlerer Unternehmer den Gegenstand, ist die bewegte Lieferung
grundsätzlich der Lieferung an ihn zuzuordnen (widerlegbare Vermutung),
weist der mittlere Unternehmer nach, dass er die Beförderung oder Versendung als Lieferer vorgenommen hat, kann die bewegte Lieferung seiner eigenen Lieferung zugeordnet werden. Der Nachweis kann z.B. durch die verwendeten Lieferkonditionen erbracht werden, wenn der Unternehmer sowohl die Kosten, als auch die Gefahr des Transports trägt.
Die Zuordnungsentscheidung ist einheitlich für alle Beteiligten zu treffen.
Im Rahmen des Reihengeschäfts kann lediglich eine Ausfuhrlieferung bzw. innergemeinschaftliche Lieferung vorliegen, diese ist der bewegten Lieferung zuzuordnen.
Für Ihre Sachverhalte bedeutet dies (unter der Annahme, dass alle an der Lieferkette Beteiligten Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne sind!):
Fall 1 (telefonische Erweiterung):
Lieferant in den Niederlanden (NL) befördert / versendet direkt an Ihren Kunden in Deutschland (D).
--> die bewegte Lieferung wird durch den Lieferanten in NL bewirkt, da er den Gegenstand befördert / versendet. Diese Lieferung ist damit die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung, da der Gegenstand von einem EU-Land in ein anderes gelangt. Der Lieferant erteilt Ihnen eine steuerfreie Rechnung unter Hinweis auf die innergemeinschaftliche Lieferung. Sie bewirken einen innergemeinschaftlichen Erwerb und müssen die Erwerbsteuer in Ihrer USt-Voranmeldung deklarieren, haben aber in gleicher Höhe den Vorsteuerabzug, so dass es sich finanzielll in Ihrer Buchführung nicht auswirkt.
Die Lieferung von Ihnen an Ihren Kunden in D ist damit nicht mehr steuerfrei, es gelten keinerlei Besonderheiten, so dass Sie Ihrem Kunden eine Rechnung mit gesondertem Ausweis der USt erteilen müssen.
Fall 2 (Abwandlung zu Fall 1):
Ihr Kunde hat wiederum einen Abnehmer in Russland (Drittlandsgebiet). Der niederländische Hersteller beauftragt seine Spedition, den Transport direkt zum Endabnehmer in Russland vorzunehmen.
--> bei der "bewegten Lieferung" handelt es sich nach wie vor um die erste Lieferung des Herstellers in NL; der umsatzsteuerliche Ort der Lieferung ist demzufolge in NL. Allerdings handelt es sich nunmehr nicht um eine innergemeinschaftliche Lieferung, da der Gegenstand der Lieferung nicht in das übrige Gemeinschaftsgebiet, sondern in das Drittlandsgebiet gelangt. Die bewegte Lieferung ist so weiterhin steuerfrei, allerdings nicht als innergemeinschaftliche Lieferung, sondern als Ausfuhr.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, werden dort ausgeführt, wo die Beförderung / Versendung endet (§ 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG), in diesem Fall also in Russland. Für Zwecke der Umsatzbesteuerung im EU-Bereich wären hieraus keine weiteren Schlüsse zu ziehen; für Ihre Lieferung an Ihren Kunden in D wäre also eine Rechnung OHNE Mehrwertsteuer zu stellen (nicht steuerbarer Vorgang). Evtl. kommt eine umsatzsteuerliche Registrierung in Russland in Betracht; dies richtet sich nach Russischem recht, zu dem ich Ihnen allerdings nichts sagen kann.
Zur Vermeidung dieser - u.U. sehr komplizierten und bürokratischen - Lösung, sollte die Beförderung nicht durch den NL-Unternehmer in Auftrag gegeben werden, sondern Sie sollten als "mittlerer Unternehmer" die Beförderung / Versendung selbst in Auftrag geben und durch Ihre Lieferkonditionen zum Ausdruck bringen, dass Sie den Gegenstand als Lieferer befördern / versenden. Dann wäre die Lieferung durch Sie als bewegte Lieferung anzusehen, so dass Sie die Ausfuhrlieferung (nach Russland) selbst vornehmen. Eine Registrierung in Drittländern kommt so nicht in Betracht.
Fall 3 (Grundfall Ihrer o.a. Frage):
Der Gegenstand der Lieferung wird im Auftrag des NL-Herstellers direkt in die Schweiz (CH, Drittlandsgebiet!) gebracht.
--> wie zu 2, da der Gegenstand in das Drittlandsgebiet gelangt, so dass der Hersteller (NL) eine Ausfuhrlieferung bewirkt und der umsatzsteuerliche Ort der Weiterlieferung in der Schweiz liegt.
Auch hier läge es also vermutlich in Ihrem Interesse, selbst als Lieferer in Erscheinung zu treten, damit die bewegte Lieferung im Endeffekt eine durch Sie bewirkte steuerfreie Ausfuhrlieferung ist.
Ihre Abwandlung:
das Reihengeschäft wird aufgelöst (s.o., "gebrochene Beförderung oder Versendung"), sobald die Lieferung durch den Hersteller (NL) bei Ihnen "endet". Die komplizierten Folgen des Reihengeschäfts könnten dadurch vermieden werden; es würde sich um jeweils einzelne, für sich zu beurteilende Liefergeschäfte handeln.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen - zumindest in Grundzügen - weiterhelfen. Wir hatten ja telefonisch noch ein paar Details erörtert. Bitte zögern Sie ansonsten nicht, die Rückfragefunktion auf dieser Seite zu nutzen, falls etwas unklar sein sollte. Wenn Sie zufreisen sind, freue ich mich über eine positive Bewertung!
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Hiller
Steuerberater
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vielen Dank für die verständliche Antwort.
Wenn ich das richtig verstanden habe, senden wir für das Russlandgeschäft am besten bis zum deutschen Düsseldorfer Unternehmen vom Hersteller die Ware als steuerfreier Innenerwerb.
Oder wir kaufen die Ware vom Hersteller und beauftragen selbst die Spedition in NL mit eigener Rechnung nach Russland auf eigene Gefahr.
So könnte man dies auch in der Schweiz tun, wir legen bei Hersteller unsere eigene Rechnung bei in die Schweiz und er versendet, Kunde in der Schweiz zahlt Zollkosten zusätzlich noch und versteuert.
Ist das korrekt?
Viele Grüsse
Ihre A.
ja, in Sachen Russland würde ich so vorgehen, damit die Lieferkette in Deutschland endet. Ich würde auch versuchen, das Reihengeschäft im Schweiz-Fall gänzlich zu vermeiden, denn selbst wenn Sie als Versender auftreten, ergibt sich immer noch die Schwierigkeit, dass dann der Hersteller in NL Ihnen eine Rechnung mit NL-Mehrwertsteuer ausstellen müsste, da dies dann wie eine Lieferung innerhalb der Niederlande behandelt werden müsste.
Wahrscheinlich werden dann die Transportkosten höher, deshalb sollte man für solche Fälle über "Vereinfachungslösungen" nachdenken: könnte man nicht den Speditionsauftrag "splitten" und den Gegenstand mit
Auftrag "A" durch den Hersteller von NL -> D senden lassen
und dann mit
Auftrag "B" durch Sie von D -> CH?
In Wirklichkeit fährt der LKW natürlich die direkte Strecke, aber wenn er die EU-Außengrenze passiert, kommt er ja aus Deutschland und die Frachtpapiere weisen Sie (D!) als Versender aus (für die erforderliche zollamtliche Ausfuhrbestätigung). Somit gibt es zwei getrennte Vorgänge und das Reihengeschäft wäre durchbrochen.
Entsprechendes kann ich mir auch für den Russland-Fall vorstellen, obwohl ich hier generell nicht so große Probleme habe, da Sie ja nicht selbst nach Russland liefern, sondern nur Ihr Kunde.
Sorry, dass das so kompliziert ist, vielleicht kommen mir ja noch bessere Ideen, falls wir später (worüber ich mich sehr freuen würde) mehr miteinander zu tun haben...
Herzliche Grüße
Ulrich Hiller
Steuerberater