Prüfung Wettbewerbsverbot
Fragestellung
Liebe Frau Grass,
vielen Dank für die Unterstützung beim Zeugnis. Der Arbeitgeber hat nachgebessert.
Ich hätte Fragen an Sie bezüglich des Wettbewersverbotes in meinem Vertrag:
- Ist dieses gültig wenn mir der Arbeitgeber ordentlich kündigt?
- Kann ich zu einem Wettbewerber wechseln?
- Muss ich / Sollte ich meinen Arbeitgeber darüber informieren (er geht davon aus dass das Wettbewerbsverbot gültig ist)?
- Was ist wenn ich den Arbeitgeber nicht informiere wohin ich gehe. Er mir das Wettbwerbsverbot kündigt. Bis wann muss er kündigen? Muss er mir den Differenzbetrag zu meinem Gehalt bezahlen, wenn ich weniger als bei COMPEON verdiene?
Was ist wenn COMPEON nicht kündigt. Hätte ich einen Anspruch vom neuen Gehalt zum COMPEON Gehalt (max. 4.000 Differenz) Oder ist ist dies hinfällig durch die ordentliche Kündigung?
Sollte ein höherer Aufwand erforderlich sein oder ein Telefonat besser, lasssen Sie eS mich wissen.
Anbei Arbeitsvertrag und Kündigung.
Viele Grüße
A. H.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin Silvana Grass
Sehr geehrter Ratsuchender,
normalerweise endet ein Wettbewerbsverbot mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Gleichwohl besteht die Möglichkeit, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zu vereinbaren. Wird ein solches wirksam vereinbart, dann kommt dieses bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Tragen und zwar unabhängig von der Beendigungsart.
In den §§ 74 HGB sind die Voraussetzungen eines solchen Wettbewerbsverbot geregelt. Das Schriftformerfordernis ist gewahrt. Beachtet wurde auch die Höchstdauer von 2 Jahren.
Eine weitere Bedingung für ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist, dass dieses sowohl hinsichtlich der Tätigkeit (Branche), als auch räumlich (örtlich) begrenzt wird. In Ihrem Fall ist auffallend, dass KEINE räumliche Beschränkung erfolgt ist. Da hierdurch im Grunde ein weltweites Wettbewerbsverbot vorliegt, sind Sie so sehr in Ihrer Berufsausübungsfreiheit eingeschränkt, dass faktisch ein Berufsausübungsverbot vorliegt. Das macht das Wettbewerbsverbot unwirksam.
Da in Ihrem Fall kein wirksames Verbot vorliegt, können Sie auch ohne Sanktionen zu befürchten zu einem Konkurrenten wechseln.
Nicht ganz nachvollziehbar ist, was Sie mit „Kündigung des Wettbewerbverbots“ meinen. Unterstellt Sie haben ein wirksames Verbot vereinbart und verstoßen dagegen, weil Sie dennoch zu einem Wettbewerberbetrieb wechseln, kann der ehemalige Arbeitgeber Unterlassung fordern. Zudem kann Schadensersatz verlangt werden. Ein solcher Schaden könnte dadurch entstehen, dass Ihr ehemaliger Arbeitgeber durch Ihre Wettbewerbstätigkeit einen Kunden oder einen Wettbewerbsvorsprung verloren hat.
Halten Sie sich an ein wirksames Wettbewerbsverbot muss eine Karenzentschädigung gezahlt werden. Diese muss „für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der (…) zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreichen“ (§ 74 HGB). Hierein fließen auch Sondervergütungen, Boni usw.
Einkünfte, die der Arbeitgeber erzielt, muss er sich anrechnen lassen. Dabei werden die anderweitig erzielten monatlichen Einkünfte und die monatliche Karenzentschädigung zusammenaddiert. Übersteigt die Summe 110 Prozent der vorherigen monatlichen Einkünfte, ist die Entschädigung entsprechend zu reduzieren.
Ich verdeutliche es Ihnen an einem Beispiel:
Sie hatten ein Einkommen von 8000 EUR brutto, sodass die Karenzentschädigung 4000 EUR beträgt. Würden Sie nun bei einem neuen Arbeitgeber 7000 EUR verdienen, ergibt sich eine Summe von 11.000 EUR. 110 % von 8000 EUR betragen 8800 EUR. Dieser Betrag wird von der Summe abgezogen (11.000 – 8.800 = 2.200 EUR). Es ergibt sich also ein Überschuss von 2.200 EUR.
Die Karenzentschädigung betrug 4.000 EUR, abzgl. Überschuss von 2.200 EUR ergibt eine Restentschädigung von 1800 EUR.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen die nicht ganz einfache Rechtslage verständlich erläutern. Bitte stellen Sie eventuelle Nach- oder Rückfragen. Ich bin bestrebt, hierauf kurzfristig einzugehen.
Mit freundlichen Grüßen
RA Grass
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ich würde mich im Internet-Business nicht auf Regionalität verlassen wollen.
Meine Frage bezog sich primär ob durch die ordentliche Kündigung ohne Begründundung des Arbeitsvertrages das Wettbewerbsverbot unwirksam wird:
1. Spricht der Arbeitgeber statt der außerordentlich Kündigung eine ordentliche Kündigung aus, kann er sich auf das Lösungsrecht gleichwohl berufen, wenn er innerhalb der zweiwöchigen Frist nach § 626 Abs. 2 BGB auf den tatsächlichen Kündigungsgrund hinweist.
Bei ordentlicher Kündigung durch Arbeitgeber
Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich, ohne dass für die Kündigung ein erheblicher Grund in der Person des Arbeitnehmers liegt oder sich der Arbeitgeber bei der Kündigung bereit erklärt hat, dem Arbeitnehmer während der Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes seine volle zuletzt bezogene Vergütung zu gewähren, so kann sich der Arbeitnehmer einseitig von dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot lösen (§ 75 Abs. 2 HGB).
Von dem Fehlen eines „erheblichen Grundes“ ist bei betriebsbedingten Kündigungen regelmäßig auszugehen.
Die Lösung vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot hat wiederum durch schriftliche Erklärung des Arbeitnehmers binnen Monatsfrist ab Zugang der Kündigung zu erfolgen.
2.Verzicht des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber hat während des bestehenden Arbeitsverhältnisses jederzeit die Möglichkeit, durch schriftliche Erklärung auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot zu verzichten (§ 75a HGB). Nimmt er dies wahr, wird er jedoch erst mit Ablauf eines Jahres, gerechnet ab Zugang der Verzichtserklärung, von der Verpflichtung zur Zahlung der Karenzentschädigung frei.
Verzichtet der Arbeitgeber kurz vor der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnis auf ein für die Dauer von zwei Jahren vereinbartes nachvertragliches Wettbewerbsverbot, behält der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Karenzentschädigung gleichwohl für die Dauer eines Jahres ab Zugang der Verzichtserklärung.
Der Arbeitnehmer wird aber mit sofortiger Wirkung frei von seinen Pflichten. Er muss sich nicht mehr an das Wettbewerbsverbot halten, obwohl er die Karenzentschädigung erhält. Letztlich läuft das nachvertragliche Wettbewerbsverbot damit nur dann leer, wenn der Arbeitgeber den Verzicht spätestens ein Jahr vor der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärt, da die Pflicht zur Zahlung der Karenzentschädigung erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsteht.
aus
https://www.haufe.de/steuern/kanzlei-co/arbeitrechtliches-wettbewerbsverbot-nachtraegliche-aufhebung_170_75222.html
Viele Grüße
A. H.
aufgrund einer Vielzahl von teilweise auswärtigen Terminen konnte ich bisher noch nicht reagieren. Da morgen nur ein kurzer Gerichtstermin am Vormittag ansteht, werde ich mich anschließend Ihrer Sache annehmen. Bitte haben Sie noch etwas Geduld ! Vielen Dank !
Mit freundlichen Grüßen
RA Grass
die ordentliche, ggf. betriebsbedingte Kündigung, macht das Wettbewerbsverbot nicht unwirksam. Allerdings kann im Falle einer ordentlichen Kündigung des Arbeitgebers das Wettbewerbsverbot entfallen, denn dem Arbeitnehmer wird ein Lösungsrecht zugesprochen, welches binnen eines Monats nach Kündigung schriftlich geltend gemacht werden muss.
Quasi als "Gegenmaßnahme", könnte bei einer solchen Erklärung des AN der AG das Lösungsrecht umgehen. Hierfür ist erforderlich, dass er sich bei der Kündigung bereit erklärt, während der Dauer des Wettbewerbsverbotes die volle zuletzt bezogene Vergütung zu gewähren. Dies ist in der von Ihnen eingestellten Kündigung jedoch nicht erfolgt. Gleichfalls ist aber auch die genannte Monatsfrist abgelaufen.
Ich hoffe, die Situation ist nunmehr klarer. Falls noch Bedarf besteht, fragen Sie bitte nach.
Mit freundlichen Grüßen
RA Grass