Prüfung Arbeitsvertrag - Datei
Fragestellung
Sehr geehrter Herr RA Meyer,
hier wie besprochen nochmal mein Vertrag.
Wie schon erwähnt geht es für mich um den nächsten Schritt.
Wie soll ich mit den mögl. Arbeitgeber jetzt weiter verhandeln, welche Paragr. müssen dinglichst überarbeitet werden?
Danke
Mit freundlichen Grüßen,
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Antwort von Rechtsanwalt Ruben Meyer
Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage bei yourxpert.
Nachfolgend erhalten Sie den Vertragscheck zu Ihrem Arbeitsvertrag. Der in Anführungszeichen gesetzte Text kennzeichnet die einzelnen Vertragsklauseln aus Ihrem Vertrag.
Unwirksame Klauseln müssen Sie nicht aus dem Vertrag verhandeln. Der Arbeitgeber kann sich nicht auf diese Klauseln berufen, sollte es auf diese Klauseln einmal ankommen.
1. „Der Arbeitnehmer wird ab 01. Dezember 2016 befristet bis zum 30. November 2017 gem. TzBfG § 14 als Projektleiterin in Teilzeit eingestellt.“
Nach § 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ist für Mitarbeiter die in der Vergangenheit noch nicht beim Arbeitgeber beschäftigt gewesen sind, eine Befristung des Arbeitsvertrages auch ohne Grund zulässig. Die Befristung kann bis zu zwei Jahre ohne Grund verlängert werden.
Die Bezeichnung der Art der Tätigkeit ist eine der wesentlichen Regelungen im Arbeitsvertrag. Nach § 106 der Gewerbeordnung (auch anwendbar auf Arbeitsverhältnisse) besteht im Arbeitsverhältnis zunächst ein generelles Weisungsrecht des Arbeitgebers: Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach Ermessen bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.
Das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 BGB) verlangt vom Arbeitgeber nicht, alle möglichen Konkretisierungen der Arbeitspflicht und des Weisungsrechts ausdrücklich zu regeln. Die Arbeitsvertragsparteien könnten es daher bei der Regelung des § 106 belassen. Allerdings wird das Weisungsrecht des Arbeitgebers regelmäßig durch die Regelungen des Arbeitsvertrages und insbesondere durch die Festlegung einer Tätigkeit begrenzt.
Sie sollen als „Projektleiterin“ beschäftigt werden. Diese Tätigkeitsbezeichnung ist sehr allgemein gehalten. Auf eine Stellenbeschreibung wird nicht verwiesen. Es ist daher dem Arbeitgeber möglich, Ihnen ein relativ breites Spektrum an verschiedenen Aufgaben im Rahmen der Funktion „Projektleitung“ zu übertragen.
2. „Soweit betrieblich erforderlich, kann er auch mit anderen Arbeiten, in anderen Betriebsabteilungen, an anderen Orten oder zu anderen Arbeitszeiten (z.B. in Wechselschicht) beschäftigt werden, sofern die Änderung für den Arbeitnehmer unter Berücksichtigung seiner berechtigten Interessen (insbesondere seiner Vorbildung und seiner Fähigkeiten) im Einzelfall zumutbar ist. Mit der Zuweisung einer anderen Arbeit oder eines Arbeitsbereiches in einer anderen Betriebsabteilung oder mit dem Wechsel der Entlohnungsform oder der zeitlichen Lage tritt die hierfür jeweils geltende betriebliche Entgeltregelung sofort in Kraft, ohne daß ein Anspruch auf Fortzahlung der bisherigen Vergütung für die Dauer einer Kündigungsfrist besteht, es sei denn, dass aufgrund gesetzlicher Bestimmungen ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Im Falle der Arbeitsplatzteilung besteht eine Pflicht zur Vertretung beim Vorliegen dringender betrieblicher Gründe.“
Diese Klausel ist viel zu allgemein gehalten und unwirksam. Zunächst ist die Aufnahme einer sog. Versetzungsklausel grundsätzlich zulässig und auch wirksam. Ist eine solche Klausel in den Vertrag mit aufgenommen, kann der Arbeitgeber die Tätigkeiten im Rahmen seines Weisungsrecht bzw. Direktionsrechtes nach billigem Ermessen bestimmen. Allerdings ist eine solche Versetzungsklausel nur wirksam, wenn ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es sich um eine „gleichwertige“ Tätigkeit handeln.
Da das Wort „gleichwertige“ nicht mit aufgeführt ist, ist diese Klausel unwirksam und der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen. Es ist auch nicht möglich mit der Versetzung eine gleichzeitige Absenkung des Gehaltes vorzunehmen.
3. „Die Regelungen dieses Arbeitsvertrages können im Übrigen auch durch Betriebsvereinbarungen geändert werden und zwar auch zuungunsten des Arbeitnehmers.“
Es ist möglich, dies so zu vereinbaren. Die Betriebsvereinbarung ist ein Vertrag zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, der aber nicht nur Rechte und Pflichten dieser Betriebsparteien begründet, sondern auch (wie ein Gesetz oder Tarifvertrag) verbindliche Normen für alle Arbeitnehmer eines Betriebes formuliert. Wenn Sie nicht wollen, dass Betriebsvereinbarungen auch ggf. zu Ihren Ungunsten wirken, müssten Sie diese Klausel aus dem Vertrag heraus verhandeln.
4. „Bei Pfändung von Arbeitsentgelt werden 2 % des Pfändungsbetrages, mindestens aber 10 € pro Zahlungsvorgang zur Deckung der Betriebskosten der Firma einbehalten. Bei Nachweis höherer tatsächlicher Kosten ist die Firma berechtigt, diese in Ansatz zu bringen, bei Nachweis niedrigerer tatsächlicher Kosten durch den Arbeitnehmer sind nur diese zu erstatten.“
Diese Klausel ist unwirksam. Eine Entgeltregelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Regelungen im Arbeitsvertrag sind i.d.R. Allgemeine Geschäftsbedingungen), die Aufwendungen für die Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht des Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer abzuwälzen versucht, stellt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichthofs eine Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung dar (Entscheidung Bundesgerichtshof v. 7. 5. 1991 – XI ZR 244/90).
Durch die Bearbeitung von Pfändungen erbringt der Arbeitgeber keine Leistungen für den Arbeitnehmer auf rechtsgeschäftlicher Grundlage, bsondern handelt vorrangig im eigenen Interesse zur Erfüllung einer eigenen gesetzlichen Verpflichtung. Ein Verstoß gegen die Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuches besteht auch deshalb, weil das Entgelt ohne Rücksicht darauf anfallen soll, ob die Pfändung wirksam, unberechtigt oder fehlerhaft ist.
5. „Sollte die Firma über das Gehalt nach Ziffer 3 hinaus weitere Leistungen erbringen, stellen diese – auch wenn nicht gesondert darauf hingewiesen wird – jeweils freiwillige Leistungen dar, auf die auch bei wiederholter vorbehaltsloser Gewährung für die Zukunft kein Rechtsanspruch besteht.“
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 14.9.2011) stellt in Frage, ob sog. Freiwilligkeitsvorbehalte im Arbeitsvertrag angemessen sind oder ob sie nicht den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen. Das Gericht äußert zum einen generelle Bedenken, ob Freiwilligkeitsvorbehalte geeignet sind, das Entstehen von Ansprüchen aufgrund konkludenten Verhaltens auszuschließen, insbesondere bei langjähriger und vorbehaltloser Zahlung. Zum anderen sollen Freiwilligkeitsvorbehalte, die alle zukünftigen Leistungen unabhängig von Art und Entstehungsgrund erfassen, in jedem Fall unangemessen benachteiligend sein, so dass die Formulierung unwirksam ist.
Der Arbeitgeber wird allerdings i.d.R. einen gewährten Vorteil individuell mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt versehen. Dies ist dann zulässig.
6. „Im Übrigen ist die Firma berechtigt, aus wirtschaftlichen Gründen der Firma (z.B. erhebliche Jahresfehlbeträge; Veränderungen des betrieblichen Entgeltsystems; zusätzliche Belastungen durch Veränderungen im Bereich der Lohnsteuer, Sozialversicherung o.ä.) oder aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers (z.B. unterdurchschnittlichen Leistungen) jederzeit Leistungen, auf die ein Anspruch besteht, bis zur Höhe von 20 % der jährlichen Gesamtvergütung für die Zukunft zu widerrufen; dies gilt nicht für die Höhe des monatlichen Bruttogehalts.“
Bei Sonderleistungen ist die Vereinbarung eines Widerrufsvorbehaltes bis zu einem Betrag von 25 % der Gesamtvergütung möglich und zulässig. Dies betrifft aber nicht das monatliche Gehalt.
7. „Der Arbeitnehmer ist zur Wahrung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse auch nach seinem Ausscheiden aus dem Betrieb verpflichtet. Alle Veröffentlichungen, die die Belange der Firma berühren, bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Firma.“
Es ist zulässig, die Verschwiegenheitspflicht des Arbeitnehmers durch Regelungen im Arbeitsvertrag zu erweitern. Den möglichen Umfang der Verschwiegenheitspflicht hat die Rechtsprechung jedoch begrenzt. Es müssen die berechtigten Interessen des Arbeitgebers an einer vertraglichen Erweiterung der Geheimhaltungspflicht mit den entgegenstehenden Interessen des Arbeitnehmers an einer Verwendung im Einzelfall abgewogen werden.
Zudem dürfen arbeitsvertragliche Regelungen zur Verschwiegenheit keine unangemessene Benachteiligung darstellen und müssen dem Transparenzgebot entsprechen. Die arbeitsvertragliche Regelung muss deshalb deutlich erkennen lassen, was erlaubt und was verboten ist.
Diesen Grenzen bei der Vertragsgestaltung werden Klauseln nicht gerecht, die die Verschwiegenheitspflicht auf alle geschäftlichen und betrieblichen Tatsachen ausdehnen (sog. All-Klauseln), die dem Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses bekannt werden. Auch wenn diese Klauseln – wie auch hier – noch vielfach in Arbeitsverträgen zu sind finden – sie sind unwirksam.
Zulässig sind allein detaillierte und differenzierte Regelungen zur Erweiterung der Verschwiegenheitspflicht, die sich eng an den berechtigten wirtschaftlichen Geheimhaltungsinteressen im konkreten Unternehmen ausrichten und die geheimhaltungsbedürftigen Informationen genau umschreiben.
Die Klausel ist nicht wirksam. Auch über Ihr Gehalt dürfen Sie sprechen ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Gleichwohl haben Sie aus dem Arbeitsvertrag eine Nebenpflicht, erkennbar geheimhaltungsbedürftige Informationen nicht an Dritte weiterzugeben.
8. "Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, während der Dauer des Arbeitsverhältnisses seine ganze Arbeitskraft der Firma zur Verfügung zu stellen. Eine Nebentätigkeit darf er nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung der Firma ausüben. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn sich die Gesamtarbeitszeit im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen hält, die Nebentätigkeit die vertraglich geschuldete Leistungen nicht beeinträchtigt und nicht für ein Konkurrenzunternehmen ausgeübt wird."
Der Zustimmungsvorbehalt des Arbeitgebers bei Nebentätigkeiten üblich und wirksam. Es ist auch möglich – wie hier – dies auf unentgeltliche Nebentätigkeiten auszudehnen.
9. „Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen richten sich nach den betrieblichen Notwendigkeiten.“
Diese Regelungen sind üblich. Der Arbeitgeber kann damit die Lage der Arbeitszeit sehr weitgehend festlegen. „Betriebliche Notwendigkeiten“ heißt, dass der Arbeitgeber in Bezug auf die Tätigkeit natürlich die Vorgabe der Arbeitszeit mit betrieblichen Erfordernissen begründen können muss.
Hier gilt: Wollen Sie das der weite Ermessensspielraum konkretisiert oder eingeschränkt wird, müssen Sie dies nachverhandeln und im Vertrag aufnehmen.
10. „Der Arbeitnehmer erklärt seine grundsätzliche Bereitschaft, Mehrarbeit zu leisten.
Etwaige Über- und /oder Mehrarbeit ist mit dem vereinbarten Gehalt abgegolten.“
Es ist grundsätzlich möglich, eine pauschale Überstundenabgeltung wirksam zu vereinbaren. Eine Klausel, die die Vergütung / Abgeltung von Überstunden regelt, muss für den Mitarbeiter bestimmt und transparent sein. Vertragsbedingungen, nach denen durch den arbeitsvertraglich vereinbarten Monatslohn alle anfallende Mehrarbeit abgegolten sein soll, sind intransparent. Erforderlich ist es vielmehr, die Zahl der anzuordnenden Überstunden genau zu definieren, die mit dem Gehalt abgegolten sein sollen. Im Übrigen kann es dann bei einer „Spitzabrechnung“ bleiben.
Die Regelung ist somit unwirksam und kann anfallende Überstunden nicht wirksam abgelten.
11. „Für über den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch hinausgehende Urlaubsansprüche ist jegliche Abgeltung ausgeschlossen.“
Diese Klausel ist aus meiner Sicht unwirksam. Grundsätzlich kann zwar der Arbeitgeber zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und dem vertraglichen übergesetzlichen Urlaub unterscheiden und für den übergesetzlichen Urlaub die Abgeltung ausschließen. Allerdings muss die Regelung transparent und klar sein. Mit dieser Regelung ist allerdings nicht klar, wie hoch der gesetzliche Mindesturlaub ist.
12. „In den Fällen des § 45 SGB V (Erkrankung von Kindern) und des § 2 Abs. 3 PflegeG (kurzfristig auftretender Pflegebedarf von Angehörigen usw.) besteht kein Anspruch auf bezahlte Freistellung.“
Es ist möglich, dies so auszuschließen.
13. „Die Einstellung erfolgt zunächst befristet gemäß § 14 TzBfG für die Dauer von sechs Monaten. Während dieser Zeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseitig unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwei Wochen gekündigt werden. Mit Ablauf dieser Zeit endet es, ohne dass es einer Kündigung bedarf, sofern nicht eine Verlängerung bis zum Ende der in Ziffer 1 dieser Vereinbarung bestimmten Frist vereinbart wird. Es endet im Fall einer solchen Verlängerung spätestens mit Ablauf der Befristung nach Ziffer 1, ohne dass es einer Kündigung bedarf, sofern nicht eine erneute Verlängerung bzw. eine Fortsetzung auf unbestimmte Zeit vereinbart wird. Im Falle der Verlängerung/Fortsetzung über die Dauer von sechs Monaten hinaus kann das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung beiderseitig mit einer Frist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.“
Die Regelung ist zwar etwas schwer verständlich, allerdings nicht unüblich und auch wirksam. Es wird daher zunächst eine Befristung von 6 Monaten vereinbart, wobei eine Verlängerung bis zur Frist nach Ziffer 1 möglich ist. Man könnte ggf. darüber streiten, ob die Befristung von 6 Monaten so klar aus der Regelung hervorgeht, dass sie wirksam ist. Jedenfalls führt dies aber nicht zur Unwirksamkeit der Befristung nach Ziff. 1.
14. „Die Firma behält sich vor, den Arbeitnehmer bei berechtigtem betrieblichem Interesse, insbesondere bei Ausspruch einer Kündigung, unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeit freizustellen. In diesem Fall entfällt eine Verpflichtung der Firma zur tatsächlichen Beschäftigung.“
Diese Klausel zur Freistellung findet sich in sehr vielen Arbeitsverträgen wieder. Sie ist allerdings unwirksam. Eine einseitige Freistellung des Arbeitsnehmers durch den Arbeitgeber ist nur bei Vorliegen besonderer Gründe möglich (z.B. Verdacht von schwerwiegenden Verstößen gegen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis). Es müssen bei der Freistellung Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt und ein solches Maß an Betroffenheit gegeben sein, dass eine sofortige Reaktion als berechtigt erscheint.
Eine pauschale Regelung im Arbeitsvertrag wie hier, die eine jederzeitige Freistellung im Fall der Kündigung ermöglicht, ist unwirksam. Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Erbringung seiner Arbeitsleistung, da eine einseitige Freistellung durch den Arbeitgeber negative Auswirkungen auf das Ansehen des Mitarbeiters innerhalb des Unternehmens haben kann.
Es ist also für den Fall des Ausspruchs einer Freistellung von der Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber stets individuell zu prüfen, ob diese Freistellung berechtigt ist oder nicht.
15. „Der Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG wird ausgeschlossen.“
Der Gesetzgeber hat in § 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG zum Schutz des Arbeitnehmers einen besonderen betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch geregelt. Dieser setzt voraus, dass der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung ausgesprochen hat, der Betriebsrat der Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen hat, der Arbeitnehmer rechtzeitig Klage auf Feststellung erhoben hat, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, und der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangt, nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigt zu werden.
Der Ausschluss dieser Regelung ist absolut ungewöhnlich und überraschend und verstößt gegen § 305 c BGB. Die Regelung ist unwirksam.
16. „Der Arbeitnehmer unterwirft sich für den Fall, dass er das Arbeitsverhältnis rechtswidrig auflöst oder verschuldet einen Grund zur fristlosen Entlassung gibt, während der ersten sechs Monate der Tätigkeit einer Vertragsstrafe in Höhe eines halben, danach eines ganzen Monatsverdienstes. Diese kann unter Beachtung der Lohnpfändungsbestimmungen vom rückständigen Gehalt einbehalten oder mit künftigen Gehaltsforderungen aufgerechnet werden. Die Geltendmachung eines darüber hinausgehenden Schadens bleibt hiervon unberührt.“
Eine Vertragsstrafe ist durchaus verbreitet. Die Höhe muss feststehen und billigem Ermessen entsprechen. Eine entgegen § 307 BGB in Formularverträgen zu hoch bemessene Vertragsstrafe kann nicht gemäß § 343 Abs. 1 BGB auf einen angemessenen Betrag gerichtlich herabgesetzt werden und führt zur Nichtigkeit der gesamten Klausel gemäß § 306 BGB. Ein Monatsgehalt ist generell als Maßstab geeignet (vgl. BAG v. 28.5.2009, NZA 2009, 1337), nicht jedoch, wenn die Kündigungsfrist nur zwei Wochen beträgt.
Hier wurde allerdings die Einschränkung auf zwei Wochen vorgenommen. Die Klausel ist zulässig und wirksam.
17. „Alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, sind von den Vertragsschließenden binnen einer Frist von drei Monaten seit ihrer Fälligkeit in Textform (§ 126b BGB) geltend zu machen und im Falle der Ablehnung durch die Gegenpartei binnen einer Frist von zwei weiteren Monaten einzuklagen. Dies gilt nicht für Ansprüche wegen vorsätzlichen Handelns.“
Diese Klausel ist unwirksam. Nach der Rechtsprechung muss die Frist jeweils mindestens drei Monate betragen. Auch für den Fall der Ablehnung des Anspruchs und der darauffolgenden Klage. Hier beträgt sie nur zwei Monate und ist damit zu kurz.
18. „Der Arbeitnehmer erklärt sich mit der Einführung von Kurzarbeit einverstanden, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld gegeben sind.“
Diesen Passus müssen Sie nicht aus dem Vertrag verhandeln. Die Klausel ist unwirksam. Nach herrschender Auffassung muss der Arbeitnehmer auch bei der Kurzarbeitsklausel „wissen, was auf ihn zukommt“. Daher sind hier die Voraussetzungen für die Einführung von Kurzarbeit auf die Berechtigung zum Bezug von Kurzarbeitergeld beschränkt.
Da hier die genauen Voraussetzungen für die Regelung von Kurzarbeit nicht benannt sind, bedeutet diese Regelung eine unbillige Benachteiligung des Arbeitnehmers gemäß § 307 Abs. 1 BGB.
19. „Alle weiteren arbeitsvertraglichen Vereinbarungen bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform. Hiervon kann nur nach einer schriftlichen Aufhebung dieser Bestimmungen abgewichen werden. Ohne eine solche schriftliche Vereinbarung können daher weder Haupt- noch Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis entstehen, insbesondere nicht durch eine tatsächliche Handhabung oder durch eine betriebliche Übung. Das Schriftformerfordernis findet jedoch keine Anwendung bei mündlichen Abreden, die nach Vertragsschluss unmittelbar und individuell zwischen den Arbeitsvertragsparteien getroffen werden (§ 305 b BGB).“
Diese Regelung ist seit dem 1.10.2016 nicht mehr so zulässig. Nach der ab dem 1.10.2016 geltenden Neuregelung des § 309 Nr. 13 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, durch die eine strengere Form als Textform (bislang: Schriftform) für Erklärungen verlangt wird.
Die Vereinbarung bedarf zur Wirksamkeit daher nicht der Schriftform, sondern der Textform (z.B. E.Mail). Die Klausel ist insofern unwirksam.
Sehr geehrte Frau Gabriel, ich hoffe Ihnen damit ausführlich und verständlich geantwortet zu haben.
Gern können Sie kostenfreie Nachfragen per E-Mail stellen, bis Sie für sich Klarheit haben.
Freundliche Grüße
Ruben Meyer
Rechtsanwalt für Arbeitsrecht
Personalfachkaufmann
Langenweißbach
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ich danke Ihnen vielmals für die zuverlässige und exakte Erledigung zu dieser Uhrzeit.
Wie ist Ihr persönlicher Gesamteindruck? Zwar sind die unwirksamen Klauseln erst mal eine Beruhigung, jedoch ist gerade das doch sehr dreist und baut auch noch unnötig Druck auf.
Vorallem finde ich die Tatsache, dass die Geschäftführung mir sogar noch empfohlen hat den Vertrag prüfen zu lassen sehr eigenartig. Da auch noch ein Hausjurist vorhanden ist, fühle ich mich als Bewerber schon sehr verunsichert, das kann ich nur als unprofessionell einstufen und kann mir kaum vorstellen, dass Sie solche Verträge öfter vorliegen haben.
Beste Grüße
mein persönlicher Gesamteindruck: der Arbeitsvertrag ist nicht sehr professionell ausgearbeitet. Und ja, solche "schlechten" Verträge sind eher selten (etwa 1 von 10).
Eine Empfehlung der Geschäftsführung zur Prüfung finde ich auch eher merkwürdig als Vertrauen erweckend. Entweder der Hausjurist ist generell ein eher fachlich schlechter Jurist oder er hat bisher nur sehr wenig Erfahrung im Arbeitsrecht.
Wenn mir persönlich ein solcher Vertrag vorgelegt werden würde, würde dies auch eher zu einer negativen Einschätzung des Unternehmens insgesamt führen. Das muss nicht bedeuten, dass das Unternehmen schlecht sein muss, allerdings würde mich das schon sehr aufmerksam dahin gehend machen, wie professionell dort generell gearbeitet wird.
Tut mir leid, dass ich Ihren Eindruck an dieser Stelle bestätigen muss.
Für weitere kostenfreie Rückfragen per E-Mail stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.
Ihnen einen schönen Abend.
Ruben Meyer
Rechtsanwalt und Personalfachkaufmann
Langenweißbach