Nießbrauch und Eigenbedarfskündigung
Fragestellung
Ich möchte ein mit Nießbrauch belastetes Haus kaufen. Die Nießbraucherin würde auf den Nießbrauch gegen Abfindung verzichten. Die Nießbraucherin hat das Haus aber vermietet. Kann ich nach Erwerb des Hauses und des Nießbrauches wegen Eigenbedarf kündigen oder steht dem §1056 Abs. 2 S. 2 BGB entgegen?
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
09005 5555 13 * anrufen
Antwort von Rechtsanwalt Reinhard Otto
Guten Tag,
ich möchte Ihre Anfrage auf der Grundlage der dazu mitgeteilten Informationen wie folgt beantworten:
Das LG Frankfurt/Main hat in seinem Urteil vom 16.09.2005, Az.: 2/17 S 34/05 diesen Fall wie folgt entschieden:
"Leitsatz
In einen vom Nießbraucher eines Grundstücks abgeschlossenen Mietvertrag tritt mit Beendigung des Nießbrauchs der Eigentümer des Grundstücks ein. Hat der Nießbrauch durch Verzicht des Nießbrauchers geendet, so kann der Eigentümer eine Kündigung erst ab dem Zeitpunkt aussprechen, zu dem der Nießbrauch ohne den Verzicht geendet hätte (§ 1056 Abs. 2 S. 2 BGB). Bis zu diesem Zeitpunkt ist dem Eigentümer auch die Ausübung seines Sonderkündigungsrechts gem. § 1056 Abs. 2 S. 1 BGB verwehrt."
Ist der Mietvertrag vom Nießbraucher über die Dauer des Nießbrauches hinaus geschlossen worden, muss der Eigentümer geschützt werden, weil er nicht an einen Mietvertrag gebunden sein darf, den der Nießbraucher unter Überschreitung seiner Nutzungsrechte über die Dauer des Nießbrauchs hinaus geschlossen hat.
Sofern der Mietvertrag innerhalb der Nießbrauchszeit enden würde, ist der Mieter schutzbedürftig. Er soll seine Rechte aus dem Mietvertrag nicht dadurch verlieren, dass der Nießbraucher als Vermieter den Nießbrauch durch Verzicht vorzeitig beendet und sich dadurch selbst außer Stande setzt, den Mietvertrag weiter bis zu seinem Ablauf zu erfüllen.
Aus diesem Grunde schiebt § 1056 Abs. 2 S. 2 BGB die Kündigungsbefugnis des in den Mietvertrag eingetretenen Eigentümers bis zum ursprünglich vorgesehenen Ende des Nießbrauchs hinaus.
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung werden Sie von daher mit dem Ausspruch von Kündigungen abwarten müssen, bis der Nießbrauch entsprechend der Vereinbarung geendet hätte.
Mit freundlichen Grüßen
Sie haben eine Frage im Bereich Kaufrecht?
Raten Sie nicht weiter!
Unsere Rechtsanwält*innen geben Ihnen gerne eine kostenlose
Ersteinschätzung zu Ihrem Anliegen.
Jetzt kostenlose Ersteinschätzung einholen