Nachbarrecht Schleswig Holstein Baumschutzsatzung Gemeinde Nebel/Amrum
Beantwortet von Rechtsanwalt Alexander Park
Fragestellung
Auf unserem neu erworbenen ca. 4000 qm großen Grundstück in Nebel auf der Insel Amrum stehen ca. 120 ungefähr 60 Jahre alte und über 20 m hohe Fichten überwiegend in einem Abstand von 0-5 m von der Nachbargrenze. Laut der allerdings im Internet nicht veröffentlichen Baumschutzsatzung der Gemeinde von 1986 stehen diese Bäume unter Schutz und können nur in Ausnahmefällen gefällt werden.
Unser Bestreben und auch das des Nachbarn ist, dass der überwiegende Teil dieses Baumbestandes gefällt wird. Laut Nachbarrecht des Landes Schleswig-Holstein Abschnitt XII Grenzabstände für Anpflanzungen § 37 Grenzabstände
"(1) Der Eigentümer und der Nutzungsberechtigte eines Grundstücks haben mit Bäumen, Sträuchern und Hecken (Anpflanzungen) von über 1,20 m Höhe einen solchen Abstand zum Nachbargrundstück einzuhalten, dass für jeden Teil der Anpflanzung der Abstand mindestens einDrittel seiner Höhe über dem Erdboden beträgt. Der Abstand wird waagerecht und rechtwinklig zur Grenze gemessen."
könnten wir, um diesen Abständen gerecht zu werden, sämtliche Bäume , die diesem Paragraphen nicht entsprechen, entfernen und somit fällen.
"(2) Anpflanzungen, die über die zulässige Höhe oder den zulässigen Abstand hinausgewachsenen sind, sind auf Verlangen des Eigentümers des Nachbargrundstücks auf die zulässige Höhe oder den zulässigen Abstand zurückzuschneiden, wenn der Eigentümer oder der Nutzungsberechtigte sie nicht beseitigen will. Die Verpflichtung nach Satz 1 darf nur unter Beachtung der nach $39 Absatz 5 Nummer 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bestehenden Beschränkungen erfüllt zu werden.
Frage: Sind wir berechtigt, um dem Nachbarrecht zu entsprechen, die gemäß ihrem Grenzabstand zu hohen Bäume zu entfernen und steht somit das Nachbarrecht (Landesrecht ) über der örtlichen Baumschutzsatzung oder hat die Baumschutzsatzung Priorität?
Der Nachbar hat zwar gemäß $40 wegen Verjährung keinen Anspruch mehr auf Beseitigung oder Zurückschneiden der Bäume, aber wir würden gern gemäß $37 (1) die vorgeschriebenen Grenzabständen der Anpflanzungen einhalten. Das Grundstück liegt zur Gänze n i c h t im Landschaftsschutzgebiet.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Alexander Park
Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne komme ich auf Ihre Beauftragung über yourxpert.de zurück und führe unter Bezugnahme auf Ihre Angaben weter dazu aus.
Ihren Ausführungen zum Nachbarschaftsgesetz Schleswig-Holstein sind allesamt richtig, hier ist ein gestimmter Grenzabstand einzuhalten, der von dem von Ihnen beschriebenen Baumbestand überschritten wird.
Darüber hinaus gehen Sie auch recht in der Annahme, dass der Nachbar aufgrund der langen Zeit der Überschreitung der Grenzanstände diese nicht mehr für sich in Anspruch nehmen kann.
Sie tragen vor, dass es in Ihrer Gemeinde seit 1986 eine Baumschutzsatzung gibt und diese auch die hier auf Ihrem Grundstück befindlichen Bäume davon umfasst sind.
Hier wäre aus meiner Sicht erst einmal zu prüfen, ob und in welchem Umfang Ihre Bäume von der Baumschutzsatzung umfasst sind. Dies bemisst sich meist am Stammumfang des Baumes.
In aller Regel sind dies 60 cm Stammumfang, es können aber auch nur 40 cm sein. Hier sollten Sie unbedingt EInblick in die örtliche Satzung nehmen.
Eine Satzung steht immer unter einem formellen Gesetz, hier wohl das Landesnaturschutzgesetz Schleswig-Holstein oder auch das Bundesnaturschutzgesetz.
Die Satzungskompetenz Ihrer Gemeinde ist in § 4 Abs. 1 Gemeindeordnung Schleswig-Holstein geregelt. Die Satzung an sich dürfte nicht angreifbar sein.
Der Gedanke des Nachbarschutzes wird hier vom Gedanken des Naturschutzes überlagert, so dass Ihr Handeln sich zwar am Nachbarschaftsrecht zu messen hat, Sie aber auch die örtliche Satzung beachten müssen.
Hier wäre aus meiner Sicht das Gespräch mit der unteren Naturschutzbehörde zu suchen und hier mit Blick auf die Satzung, die in ihrer Gänze zu rate gezogen werden sollte, eine Lösung gefunden werden.
Sie sollten nicht eigenmächtig handeln, sondern sich entsprechend der Satzung eine Erlaubnis zum Fällen einiger oder aller Bäume besorgen.
Für weitere Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Alex Park
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Vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.
Für mich besteht jedoch weiterhin noch eine Unklarheit. Kann ich darauf bestehen, dem Nachbar recht folge zu leisten? Steht somit das Nachbarrecht (Landesrecht ) über der Baumschutzsatzung (Kommunalrecht)? Da ich Probleme mit der Dame vom örtlichen Ordnungsamt habe , ist es für mich von großer Bedeutung, welches Recht Priorität hat. Hier bitte ich um eine klare und eindeutige Aussage. Natürlich werde ich nicht eigenmächtig handeln, sondern eine Grundstücksbegehung mit der Dame vom Ordnungsamt und der netten Dame von der unteren Naturschutzbehörde sowie einem Baumgutachter vereinbaren. wenn bei diesem Treffen jedoch keine Einigung zu erzielen ist, würde ich gern meiner Verpflichtung nachkommen, die Grenzabstände der Bäume einzuhalten. Welches Recht ist höherwertiger?
Bitte um schnelle Rückantwort
Mit freundlichen Grüßen
Karl Dieter B.
gerne beantworte ich auch Ihre Nachfrage.
Landesrecht geht grundsätzlich einer kommunalen Satzung vor, kommt es zu einer Normenkollision, so wäre das Landesnaturschutzgesetz maßgeblich.
Aus § 18 Abs. 3 LNAtSchG kann eine Gemeinde durch Satzung Teile von Natur und Landschaft unter Schutz stellen, wenn dies das Land noch nicht getan hat.
Sie tragen vor die Grundstücke liegen in ihrer Gänze in keinem Landschaftsschutzgebiet i.S.d. § 13 LNatSchG. Das Lasnd ist also noch nicht aktiv geworden, die Gemeinde dürfte also handeln.
Somit ist das Handeln der Gemeinde in Einklang mit dem Landesrecht und es kommt zu keiner Kollusion.
Das speziellere Gesetz, hier die kommunale Satzung, sticht das landesrechtliche Nachbarschaftsrecht.
Mit freundlichen Grüßen
Alex Park