Mindestlohn bei Berufsausbildung
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Bürgler,
muss der Mindestlohn auch angewendet werden, wenn zwischen Ausbildungsbetrieb und Auszubildendem ein Ausbildungsvertrag zu einem nicht anerkannten Ausbildungsberuf besteht?
Falls nein, gibt es hier bezüglich der Durchführung einer Ausbildung (Vollzeit/Teilzeit) entsprechende Vorgaben?
Hintergrund: wir bieten als Bildungsinstitut ein Fernstudium zum "Fitnesskaufmann" an. Dieses bereitet die Teilnehmer auf die Externenprüfung der IHK zum "Sport- und Fitnesskaufmann IHK" vor. Wir haben nun zunehmend Anfragen von Teilnehmern und Unternehmen, ob unsere Ausbildung im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses (ohne Mindestlohn) zu absolvieren sei.
Es gibt in diesem Kontext aber auch weitere Beispiele. Z. B. existiert anerkannter Ausbildungsberuf zum Ernährungsberater.
Beste Grüße
T. W.
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Antwort von Rechtsanwalt Simon Bürgler
Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
vielen Dank für Ihre Rechtsfrage, die ich Ihnen gerne wie folgt beantworte:
Der seit dem 1. Januar 2020 geltende Mindestlohn gilt für sämtliche Auszubildende für anerkannte Ausbildungsberufe in tariflich nicht gebundenen Betrieben. So sind seit dem 1. Januar 2020 für Lehrlinge im ersten Ausbildungsjahr mindestens 515,00 Euro pro Monat zu bezahlen. In den Folgejahren erhöht sich die Mindestausbildungsvergütung auf 550 Euro im Jahr 2021, 2022 auf 585 Euro und ab 2023 auf 620 Euro. Im zweiten, dritten und vierten Lehrjahr soll es ebenfalls mehr geben: plus 18 Prozent im 2. Jahr, 35 Prozent im 3. und 40 Prozent im 4. Ausbildungsjahr. Eine Ausnahme gilt nur für dienigen Auszubildenden, die sich schon vor der Einführung des Mindestlohns in einer Ausbildung befunden haben und wenn tariflich ein geringerer Lohn vereinbart ist. Die maßgebliche Vorschrift bildet § 17 Absatz 2 des BBiG.
Diese Vorschrift gilt jedoch nur für Ausbildungsverhältnisse im Sinne des Berufungsbildungsgesetzes (BBiG). Die von Ihnen genannten nicht anerkannten Ausbildungsberufe sind als anderes Vertragsverhältnis im Sinne des § 26 BBiG zu werten. Der vorgenannte § 17 Absatz 2 des BBiG, wo der Mindestlohn geregelt ist, gilt dort nicht. Es gilt in diesem Fall nur § 17 Absatz 1 des BBiG wonach eine "angemessene Vergütung" zu zahlen ist.
Wichtig ist die Abgrenzung zu tatsächlichen Arbeitnehmern. Sollte die Auszubildende aufgrund ihrer Tätigkeit als solche zu erfassen sein, gilt gemäß § 22 des Mindestlohngesetz der allgemeine Mindestlohn. Schwierig und im Einzelfall zu betrachten ist auch die Abgrenzung zu Praktikanten: Auch für diese gilt der allgemeine Mindestlohn. Tatsächliche Auszubildende unterfallen auch dem allgemeinen Mindestlohn nicht (§ 22 Absatz 3 des Mindestlohngesetzes).
Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage zu Ihrer Zufriedenheit beantworten und stehe Ihnen bei Rückfragen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Simon Bürgler
Rechtsanwalt &
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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