Mieterin verstorben, Erbausschlagung der Erben
Beantwortet
Fragestellung
Guten Tag,
ich bin Eigentümerin einer 60 qm Eigentumswohnung. Diese wurde am 02.11.16 von der Mieterin bzw. Ihrem Sohn gekündigt.
Die Mieterin ist aber dann am 03.11.16 verstorben.
Am 03.12.16 erhielt ich per Einschreiben vom Sohn der Mieterin sämtliche Schlüssel der Wohnung zurück, beigefügt war ein Protokoll des Amtsgericht vom 16.11.16 über die Erbausschlagung der Kinder und Enkel.
Nach telefonischer Rücksprache am 05.12.16 mit dem Amtsgericht teilte mir die Rechtspflegerin mit, dass noch ein eventueller Erbe, der ausserhalb wohnt, angeschrieben wird. Ich könnte mich nächste Woche nochmal melden und es wurde auf ein eventuelles "Vermieterpfandrecht" hingewiesen.
Die Wohnung ist noch voll möbliert, einschliesslich Keller, und inklusive aller persönlichen Gegenstände. Strom und Telefon funktionieren noch (wurden wohl nicht abgemeldet). Die Miete für den Monat Dezember wurde nicht überwiesen!
Wie kann/darf/muss ich nun weiter verfahren, damit ich die Wohnung schnellstmöglich wieder neu vermieten kann? Darf ich sie leer räumen und alles entsorgen? Wer kümmert sich um Strom- und Telefonabmeldung? Ich habe keine Ahnung, wo diese Verträge bestehen.
Vielen Dank für Ihre Hilfe.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort des Experten
Sehr geehrte Ratsuchende,
Ihre Frage beantworte ich unter Berücksichtigung der vorliegenden Informationen und dem Wert Ihres Einsatzes wie folgt:
Grundsätzlich besteht gem. §§ 563 ff BGB ein außerordentliches Kündigungsrecht nach Tod des Mieters.
Sie haben nun geschrieben, dass die Kündigung durch die Mieterin am 02.11.2016 erfolgte. Leider haben Sie nicht angegeben, zum welchen Termin gekündigt wurde.
Ich gehe davon aus, dass hierbei die Kündigungsfrist § 573 c I 1 BGB eingehalten wurde und das Mietverhältnis zum 31.01.2017 beendet wurde.
Wichtig ist auch zu wissen, ob das Mietverhältnis durch die Mieterin selbst oder durch ihren Sohn beendet worden ist.
Bei meiner Prüfung gehe ich – mangels konkreter Informationen - davon aus, dass die Mieterin selbst die Kündigung erklärt hat und dass ihr Sohn nicht im Haushalt der Mieterin lebte.
Trotz des Todes der Mieterin besteht das Mietverhältnis weiter fort. Treten beim Tod des Mieters keine Personen i.S.d. § 563 BGB (z.B. Ehegatte, Lebenspartner, Familienangehörige, die im Haushalt lebten) in das Mietverhältnis ein oder wird es nicht mit ihnen gem. § 563a BGB fortgesetzt (z.B. Wohngemeinschaft), wird gem. §§ 1922 I, 1967 I, 564 S. 1 BGB mit dem oder den Erben fortgesetzt.
Nach § 564 BGB besteht ein Sonderkündigungsrecht. Sowohl der Vermieter als auch die Erben können innerhalb eines Monats außerordentlich unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen, nachdem sie vom Tod des Mieters und davon Kenntnis erlangt haben, dass ein Eintritt in das Mietverhältnis oder dessen Fortsetzung nicht erfolgt sind.
Hier würde es darauf ankommen, wann Sie von dem Tod der Mieterin erfahren haben. Ich nehme an, dass es der 03.11.2016 gewesen ist. Damit wäre das Sonderkündigungsrecht für Sie bereits verfristet.
Allerdings wurde das Mietverhältnis ohnehin – Ihren Angaben nach - von der Mieterin gekündigt.
Wie oben erläutert, müsste das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist frühestens zum 31.01.2017 beendet worden sein. D.h. zumindest bis zu diesem Datum besteht das Mietverhältnis fort.
Nach dem Tod des Mieters steht ausschließlich dem Erben das Recht zum Betreten der Wohnung zu. Dies kann bei fehlenden Erben der Landesfiskus sein. Von diesem kann ggf. die Erlaubnis zum Betreten der Wohnung eingeholt werden. Ohne eine solche Erlaubnis ist das Betreten nicht gestattet.
Aus diesen Gründen empfehle ich Ihnen, die Wohnung bis zur Klärung der Angelegenheit bzw. zur Ermittlung des Erben und Erteilung der Erlaubnis, die Wohnung betreten zu dürfen, nicht in die Wohnung zu gehen und auch keine Gegenstände mitzunehmen.
Ansonsten drohen zivilrechtliche (z.B. Verbotene Eigenmacht gem. § 858 BGB) sowie auch strafrechtliche Konsequenzen (z.B. Hausfriedensbruch gem. § 123 StGB, Sachbeschädigung § 303 StGB).
Falls keine Erben vorhanden oder die Erben unbekannt sind, ordnet das Nachlassgericht eine Nachlasspflegschaft an. Der Vermieter kann dann seine Mietforderung gegen den Nachlasspfleger geltend machen. Der Nachlasspfleger soll die Hinterlassenschaft verwalten. Existiert tatsächlich kein Erbe, erbt das Land, in dem der verstorbene Mieter seinen letzten Wohnsitz hatte.
Das Vermieterpfandrecht (§ 562 BGB) bezieht sich auf die vom Mieter in die gemieteten Räumlichkeiten eingebrachten Gegenstände und sichert Forderungen aus dem Mietverhältnis. Das Pfandrecht soll dazu dienen, sämtliche Forderungen des Vermieters bzw. Verpächters aus dem Miet- bzw. Pachtverhältnis wie z.B. Miete, Pacht, Nebenkosten, Kosten der Rechtsverfolgung usw. zu sichern.
Bei Wohnungsmiete gilt, dass für künftige Entschädigungsansprüche und für die
Mietansprüche für eine spätere Zeit als das laufende und das folgende Mietjahr das Pfandrecht nicht geltend gemacht werden kann (§ 562 Abs. 2 BGB).
Da das Pfandrecht nur für solche Forderungen geltend gemacht werden darf, die zum Zeitpunkt seiner ersten Geltendmachung bereits bestehen (OLG Düsseldorf ZMR 00, 518). Zur Ausübung genügt jeder Vorgang, durch den der Vermieter sein gesetzliches Pfandrecht zur Geltung bringt. Gerichtliche Geltendmachung ist nicht notwendig.
Unpfändbare Sachen (§ 811 ZPO) der Wohnraummieter sind z.B.
Gewöhnliche Einrichtungsgegenstände wie etwa
• Möbel,
• Kleidung,
• Bücher,
• der Kinderwagen,
• der Kühlschrank oder
• die Waschmaschine und
• persönliche Dinge wie Briefe, Fotoalben, der einfache Ehering mit normalem Wert,
dürfen in der Mietwohnung nicht gepfändet werden, sodass das Vermieterpfandrecht hierauf nicht besteht.
Der Vermieter übt i.d.R. sein Pfandrecht aus, indem er dem Mieter mitteilt, dass er an den eingebrachten Gegenständen, die im Eigentum des Mieters stehen, das Pfandrecht wegen seiner bestehenden Forderungen geltend macht. Dem Vermieter muss gestattet werden, die Mietsache zu betreten, um sich ein Bild vom Inventar machen zu können, auch wenn ihm gegen den Mieter ein Auskunftsanspruch zusteht. Man kann dies als einen Unterfall des Besichtigungsrechts aus besonderen Gründen ansehen, was jedenfalls dann gelten muss, wenn der Vermieter nicht darüber informiert ist, was genau sich in den Räumen befindet.
Um sicher zu gehen, dass der Vermieter den Nachweis der Geltendmachung erbringen kann, sollte er dies gegenüber dem Mieter (hier: gegenüber dem Erben/Nachlassverwalter) schriftlich erklären, z.B. schriftlich klarstellen, dass das Vermieterpfandrecht geltend gemacht wird und die in die Wohnung eingebrachten Sachen der verstorbenen Mieterin ohne Ihre Einwilligung nicht herausgeschaffen werden dürfen.
Zusammenfassend empfehle ich Ihnen, mit dem Nachlassgericht weiterhin in Verbindung zu bleiben.
Sie haben die Möglichkeit bei fehlendem oder nicht bekannten Erben einen Antrag auf Einsetzung eines Nachlassverwalters beim zuständigen Amtsgericht nach §§ 1960ff BGB zu stellen.
Grundsätzlich hat sich der Erbe bzw. der Nachlassverwalter um bestehende Verträge (z.B. Strom, Telefon usw.), die von der Mieterin geschlossen worden sind, zu kümmern.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage auf verständliche Weise und ausreichend beantworten.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass diese Beurteilung lediglich eine Orientierung auf der Grundlage der vorliegenden Informationen darstellt. Es handelt sich um eine erste überschaubare Einschätzung der Rechtsangelegenheit - eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung kann hierdurch nicht ersetzt werden. Änderungen oder Ergänzung des Sachverhalts können zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen.
Mit freundlichen Grüßen,
Dekker
Rechtsanwältin
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Vom Tod der Mieterin habe ich telefonisch vom Sohn, ich glaube am 12.11.16, erfahren.
Ist denn sichergestellt, dass ich durch die Einsetzung eines Nachlassverwalters ab dem 01.02.17 verfügen kann und kommen dadurch Kosten auf mich zu?
Deshalb stellt sich die Frage, ob die Kündigung wirksam gewesen ist.
Da Sie nicht wissen, wer nun Erbe ist, ist es problematisch das Sonderkündigungsrecht kurzfristig wahrzunehmen. Sie wissen ja nicht, an wen die Kündigung zu richten ist.
Eine Lösung wäre, mit dem Erben eine Aufhebung des Mietverhältnisses zu vereinbaren, wenn feststeht, wer erbt. Im Normalfall wird der Erbe kein Interesse an der Aufrechterhaltung des Mietvertrages haben.
Die Frage, ob sichergestellt ist, dass sie die Wohnung durch die Einsetzung eines Nachlassverwalters ab 01.02.2016 verfügen können, kann ich Ihnen nicht beantworten, da dies davon abhängt, wie schnell ein Nachlassverwalter durch das Gericht bestellt wird.
Auch kann ich Ihnen nicht beantworten, welche Kosten auf Sie zukommen werden. Da dies vom Einzelfall abhängt.
Die Sache ist etwas kompliziert und würde hier den Rahmen sprengen. Ich würde Ihnen eine Beratung bei einem Anwalt vor Ort empfehlen. Dieser könnte dann in die Unterlagen (z.B. Mietvertrag, Kündigung) einsehen und dadurch die Sachlage besser einschätzen.
Ich wünsche Ihnen alles Gute für die Zukunft.
Mit freundlichen Grüßen,
Rechtsanwältin