meine Steuerklasse
Fragestellung
Ich bin Lehrerin in Berlin mit einem jährlichen Bruttogehalt von 27`000 €, alleinerziehende Mutter eines 11 jährigen Kindes und bekomme von meinem Ex-Mann keinen Unterhalt. Da ich seit 2 Jahren in der Wohnung meiner Mutter wohne, bin ich in Steuerklasse 1 eingestuft worden.
Meine Mutter ist hier zwar gemeldet, wohnt aber die meiste Zeit in Frankreich. Ich zahle ihr eine monatliche Miete von 350 € (sie ist die Wohnungsbesitzerin).
Ist die Steuerklasse 1 für mich gerechtfertigt? wenn nein, wie kann ich das beim Finanzamt gelten lassen und das seit 2013 gezahlte Steuergeld zurückbekommen?
Danke im Voraus für Ihre Antwort!
Mit freundlichen Grüssen,
KM
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Antwort von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ich möchte Ihnen nachfolgend im Rahmen einer Erstberatung einen Überblick über die steuerlichen Besonderheiten Ihres vorgetragenen Sachverhalts geben:
"Echte" Alleinerziehende mit mindestens einem Kind erhalten unter bestimmten Voraussetzungen einen sogenannten "Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG)". Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende ist bereits in die Lohnsteuertabelle eingearbeitet und entspricht der Steuerklasse II.
Es müssen aber bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein und diese müssen zusammen vorliegen:
1. Die Alleinstehende muss mit mindestens einem Kind i.S.d. § 32 Abs. 1 EStG (also leiblichen Kind) eine Haushaltsgemeinschaft in einer gemeinsamen Wohnung bilden,
2. Für dieses Kind muss der oder dem Alleinstehenden ein Anspruch auf Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag zustehen,
und 3. sowohl die Alleinstehende, als auch das oben benannte Kind müssen in der gemeinsamen Wohnung mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldet sein.
Sofern das Kind bei mehreren Steuerpflichtigen gemeldet ist, steht der Entlastungsbetrag demjenigen Alleinstehenden zu, der das Kind tatsächlich in seinem Haushalt aufgenommen hat.
Alleinstehend im Sinne des Gesetzes ist, wer nicht die Voraussetzungen für eine Ehegattenveranlagung i.S.d. § 26 EStG erfüllt, also unverheiratet ist und nicht in einer Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen Person (das kann der Kindesvater oder ein weiteres volljähriges Kind, aber auch jede andere Person sein) lebt, es sei denn, für diese "andere Person" besteht ein Anspruch auf Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag, d.h. sie wird steuerlich noch als Kind berücksichtigt.
Das heißt:
Sobald eine volljährige Person mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet ist, wird vermutet, dass diese mit dem Steuerpflichtigen
gemeinsam wirtschaftet
und damit eine Haushaltsgemeinschaft bildet (die Meldung in der Wohnung ist jedoch nicht Voraussetzung für das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft).
Durch die Meldung Ihrer Mutter in der "gemeinsamen" Wohnung wird seitens des Finanzamtes von einer Haushaltsgemeinschaft ausgegangen.
Die Vermutung kann aber widerlegt werden, z.B. indem Sie als Alleinerziehende und Ihre Mutter als andere Person eine gemeinsame zweifelsfreie Versicherung abgeben und Nachweise ( wie zum Beispiel Fahrkarten (Hin- und Rückfahrkarte nach Frankreich), Belege über den Aufenthalt in Frankreich) vorlegen.
Aber vorübergehende außerhäusliche Aufenthalte wegen Urlaub heben die Haushaltsgemeinschaft nicht auf. Sie müssen auf jeden Fall dem Finanzamt glaubhaft machen oder versichern, dass keine Haushaltsgemeinschaft mit Ihrer Mutter besteht, dass Sie mit Ihrer Mutter nicht gemeinsam wirtschaften.
Aber Achtung: Ihre Mutter ist dann unter Umständen steuerrechtlich nicht mehr unbeschränkt steuerpflichtig.
Weitere Ausnahmen können sein: wenn Ihre Mutter als im Haushalt lebende volljährige Person sich nicht an der Haushaltsgemeinschaft beteiligt, etwa weil sie pflegebedürftig ist (Pflegestufe I-III) oder Einkünfte unter 8.004 EUR (§ 32 IV Satz 2 EStG) bezieht und kein oder nur geringer Vermögen (weniger als 15.500 EUR) besitzt.
Auch das muss dem Finanzamt mitgeteilt werden.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen und konnte Ihnen einen Überblick über die Problematik verschaffen.
Mit freundlichen Grüßen
Jeannette Uhlig, Steuerberaterin
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