Mehrwertsteuerabzug bei innergemeinschaftlicher Lieferung
Beantwortet von Dipl.-Finanzwirt Steuerberater Michael Mertens in unter 1 Stunde
Fragestellung
Guten Tag
Ich bin ein deutscher Händler (A), der deutsche Lebensmittel, mit 7% Mehrwertsteuer im Inland kauft. Ich will diese Waren an einen Händler (B) weiterverkaufen, der im Drittland sitzt (also keine Ust.Id.Nr. besitzt). B möchte, dass A die Waren an ein Speditionslager in Holland liefert (C) wo sie mit anderen Waren anderer Lieferanten konsolidiert werden soll. Der Weiterverkauf durch B könnte sowohl an einen Kunden im Drittland (D), als auch an Kunden innergemeinschaftlich (I) erfolgen.
Frage ist, wie kann ich die gezahlte Mehrwertseuer im Rahmen der Vorsteuererstattung zurückbekommen, obwohl ich weder einen innergemeinschaftlichen Verkauf an einen Ust.Id:Nr Halter habe noch einen Nachweis der Ausfuhr in ein Drittland habe.
B geht davon aus, dass C (der im Besitzt einer Ust.Id.Nr ist) als Fiskalvertreter fungieren könnte, was ich bezweifele, da C nicht Kunde von A ist
Ein weiterer Lösungsansatz könnte evtl eine "Confirmation of departure from EU (bei Weiterverkauf ins Drittland) mit abgestempeltem EAD helfen
Sehen Sie weitere Möglichkeiten?
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Antwort von Dipl.-Finanzwirt Steuerberater Michael Mertens
Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
vielen Dank für Ihre Anfrage. Sehr gerne möchte ich diese im Nachfolgenden beantworten:
Zunächst einmal weise darauf hin, dass die Beantwortung Ihrer Frage ausschließlich auf Grundlage Ihrer Schilderung erfolgt. Die Antwort dient lediglich einer ersten rechtlichen Einschätzung, die eine persönliche und ausführliche Beratung durch einen Steuerberater in der Regel nicht ersetzen kann.
Im internationalen Handel sind Lieferketten unter Einbindung von Warenlägern bzw. Speditionslagern gebräuchlich.
Umsatzsteuerrechtlich stellt sich die Frage, wo der Ort der Besteuerung für einen Umsatz unter Einbindung eines Warenlagers liegt.
Das deutsche UStG bestimmt, dass Warenlieferungen von Unternehmern im Inland
der Umsatzbesteuerung unterliegen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Nur Umsätze, die im Inland ausgeführt werden, sind der deutschen Umsatzbesteuerung unterworfen. Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten ist daher der Ort der Warenlieferung zu bestimmen, um festzustellen, wo sich welche umsatzsteuerrechtlichen Verpflichtungen
für den Lieferanten ergeben.
Die Besonderheit in Ihrem Falle ist, dass Sie sich nicht einem inländischen Speditionslager bedienen, sondern, dass das Speditionslager in den Niederlanden ist.
Folgende Lieferkette haben wir
Deutscher Verkäufer - Sie - Drittländer
Die erste Lieferung des deutschen Verkäufers an Sie ist unproblematisch. Aus dieser Lieferung haben Sie einen Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Es liegt zwar ein Ausschluss gem. § 15 Abs. 2 UStG vor, dieser wird jedoch gem. § 15 Abs. 3 Nr.1 UStG wieder aufgehoben.
Wenn ich den Sachverhalt richtig verstehe, findet von Ihnen keine Lieferung an C statt.
Vielmehr erbringt der C an den Drittländer eine sonstige Leistung (Vermietung einer Lagerfläche).
Aufgrund dessen, dass zwischen Ihnen und dem C keine Lieferung vorliegt, kann m.E. nach folgendes angenommen werden:
In einem ersten Schritt verbringen Sie gem. § 3 Abs. 1a UStG die Ware in die Niederlande. Es liegt ein innergemeinschaftliches Verbringen vor. Dieses innergemeinschaftliche Verbringen ist gem. § 4 Nr. 1b i.V.m. § 6 Abs. 2 UStG steuerfrei.
In den Niederlanden liegt wiederum ein innergemeinschaftliches Verbringen gem. § 1a Abs. 2 UStG (analog = niederländisches Umsatzsteuergesetz) vor. Dieses innergemeinschaftliche Verbringen wird einem entgeltlichen innergemeinschaftlichen Erwerb gleichgestellt. Konsequenz: Sie üben in den Niederlanden einen steuerpflichtigen und steuerbaren Umsatz aus. Aus dem innergemeinschaftlichen Erwerb haben Sie wiederum einen Vorsteuerabzug in den Niederlanden gem. § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG (analog).
Ferner findet nunmehr in den Niederlanden eine steuerfreie Ausfuhrlieferung gem. § 4 Nr. 1a i.V.m. § 6 UStG (analog) statt.
Warenlager im europäischen Ausland führen demnach grundsätzlich zur Registrierungspflicht vor Ort. Nach den lokalen Vorschriften sind Steuererklärungen und statistische Meldungen abzugeben. Unternehmen, die eine Registrierung versäumen, müssen in vielen europäischen Staaten mit Strafzuschlägen rechnen. Einige Staaten, wie beispielsweise Polen, versagen sogar den Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen (z.B. Miete des Lagerraums), solange keine ordnungsgemäße Registrierung erfolgt ist.
Da Sie aus dem Warenlager keine Lieferung an einen niederländischen Abnehmer vornehmen, sondern die Ware ins Drittland liefern, können die Vereinfachungsregeln für ein Konsignationslager nicht angewendet werden.
Damit Sie somit die Vorsteuer aus Ihrem innergemeinschaftlichen Verbringen zurück erhalten, müssten Sie sich in den Niederlanden steuerpflichtig registrieren bzw. sich eines Fiskalvertreters bedienen.
Ich hoffe ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen weiterhelfen. Aufgrund der Besonderheiten war es mir wichtig Ihnen auch die entsprechenden §§ mit an die Hand zu geben.
Bei Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich Sie auch in Zukunft in steuerlichen Angelegenheit tatkräftig unterstützen kann. Schauen Sie gerne auf der Internetseite meiner Kanzlei (www.mm-stb.de) vorbei.
Über eine positive Bewertung von Ihnen würde ich mich sehr freuen.
Beste Grüße
Michael Mertens
Dipl.-Finw. Steuerberater
www.mm-stb.de
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