Löschung einer Kleinst-GmbH
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ich möchte meine Kleinst-GmbH auflösen. Letzte Bilanz 2016 ist anbei. In 2017 wird es keinen nennenswerten Umsatz geben, vielleicht 1000 Euro. Erträge gibt es darüberhinaus wegen des zu buchenden Eigenverbrauchs in Sachen Firmen-PKW (s. Anlagevermögen). Verbindlichkeiten an Dritte gibt es nicht mit Ausnahme ggü dem Finanzamt wegen Umsatzsteuer und Gewerbesteuer für 2017. Körperschaftssteuer fällt nicht an, wegen eines noch vorhandenen Verlustvortrages in Höhe von Euro 8169. Fragen:
Kann ich den Löschungsbeschluss und Vorgang jederzeit im Laufe eines Jahres vornehmen / einleiten?
Bei den Verbindlichkeiten ggü Gesellschafter handelt es sich um meine über die Jahre gewährten und teilweise zurückgezahlten Darlehen. Wie bekomme ich diese Position idealerweise steuerneutral aus der Bilanz?
Kann ich den verbleibenden Schuldsaldo aus nicht rückzahlbaren Darlehen steuerlich privat verwerten?
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Steuerberater, vBP Ingo Kneisel
Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
im Rahmen einer Erstberatung, Ihres Einsatzes und den von Ihnen gemachten Sachverhaltsangaben, möchte ich Ihre Fragen gerne im Nachstehenden wie folgt beantworten:
Bevor ich im Nachstehenden Ihre Fragen beantworten möchte, gehe ich nach dem Studium der Schlussbilanz zum 31.12.2016 davon aus, dass bis auf eine kleine Differenz Ihr EK aufgebraucht - und Ihr Darlehn eigentlich uneinbringbar/wertlos ist.
Beantwortung der Frage 1:
Einen Löschungsbeschluss können Sie jederzeit vornehmen (Gesellschafterbeschluss). Zu diesem Zeitpunkt endet die "lebende" GmbH, eine Schlussbilanz ist zu erstellen. Eine gleichlautende Eröffnungsbilanz für die GmbH i. L. (in Liquidation) ist zu erstellen und bei Beendigung Letzterer wieder eine Schlussbilanz.
Die Frage ist nun, wie wird das verlorene Stammkapital bei der Einkommensteuer (wirtschaftlicher Verlust) berücksichtigt.
Ihre Beteiligung, ich gehe davon aus, Sie sind Alleingesellschafter, ist eine sog. wesentliche Beteiligung i.S.d. § 17 EStG. Steuerlich führt eine Beteiligung i.S.d. § 17 EStG dazu, dass z. B. Veräußerungsverluste nach dem sog. Teileinkünfteverfahren des § 3 Nr. 40 EStG besteuert werden. Das bedeutet, dass Ihr Verlust nur mit 60 % zu berücksichtigen ist.
Die Besteuerung erfolgt unter Anwendung des individuellen Steuertarifs (Steuerprogression). Die Geltendmachung eines Verlustes macht insoweit dann nur in einem Jahr Sinn, in dem andere positive (verrechenbare) Einkünfte vorhanden sind.
Die Auflösung einer GmbH ist ein veräußerungsgleicher Tatbestand, der Verlust aus der Beteiligung kann steuerlich geltend gemacht werden. Es stellt sich oft die Frage in welchem Jahr der Verlust steuerlich geltend gemacht werden sollte/kann.
Ein Veräußerungs- bzw. Auflösungsverlust ist i. d. R. in dem Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen, in dem der Gesellschafter nicht mehr mit eine Rückzahlung aus der Gesellschaft rechnen kann und feststeht, ob bzw. in welche Höhe nachträgliche Anschaffungskosten entstehen. Dies ist in der Regel der Zeitpunkt in dem die Liquidation der Gesellschaft abgeschlossen ist. Die Liquidation ist dann abgeschlossen, wenn die Gesellschaft aufgelöst ist.
Beantwortung der Frage 2:
Offensichtlich hat das Stammkapital Ihrer GmbH nicht ausgereicht, sodass von Ihnen ein Gesellschafterdarlehen zur Verfügung gestellt wurde. Fraglich ist nun, ob und in welcher Höhe Sie den wirtschaftlichen Verlust in Höhe der Darlehnsvaluta steuerlich geltend machen können. Es ist also zu beurteilen, inwiefern das Darlehen als nachträgliche Anschaffungskosten auf die GmbH-Beteiligung zu klassifizieren ist.
Hier sind vier verschiedene Fallkonstellationen zu unterscheiden:
1. Hingabe des Darlehens in der Krise
Ist das Darlehen durch Sie in einer Krise gewährt worden, so stellt der Nennbetrag des Darlehens nachträgliche Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung dar. Die Frage, ob eine Krise vorliegt, beantwortet der BFH nach dem Maßstab eines ordentlichen Kaufmanns.
2. Stehen gelassenes Darlehen
Das wird angenommen, wenn ein Darlehn aufgrund der Gesellschafterstellung nicht abgezogen wurde. Maßstab ist auch hier der ordentliche Kaufmann. Hätte der ordentliche Kaufmann das Darlehen abgezogen und tat dies der Gesellschafter nicht, so ist dies im Gesellschaftsverhältnis veranlasst.
Auch ein stehen gelassenes Darlehen führt prinzipell zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung. Beim stehen gelassenen Darlehen aber lediglich zum Teilwert. Der Teilwert ist der werthaltige Teil des Darlehens. Im Zweifel 0 €, wenn es nicht zurückgezahlt werden kann.
3. Finanzplandarlehen
Ein Finanzplandarlehen ist ein Gesellschafterdarlehen, welches z. B. bei Gründung der GmbH schon gewährt wird. Es dient dazu, die GmbH mit dem erforderlichen Kapital zur Aufnahme und krisenunabhängigen Fortführung der Geschäftstätigkeit auszustatten. Ein krisenunabhängiges Finanzplandarlehen wird immer mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis gewährt. (BFH) Folge: Nachträgliche Anschaffungskosten.
4. Krisenbestimmtes Darlehen
Als krisenbestimmt wird ein Darlehen verstanden, welches Sie Ihrer GmbH vor Beginn der Krise gewähren. Das krisenbestimmte Darlehen wirkt sich im Falle des Darlehensausfalls ebenfalls in voller Höhe als nachträgliche Anschaffungskosten aus.
Hinweis: Welche Art von Darlehen vorliegt unterliegt immer der Einzelfallbewertung und wird gerne von den Finanzämtern thematisiert.
Zu Fragen 3+4:
Das Darlehn muss aus der Liquidations- Bilanz nicht raus. Wenn es eigenkapitalersetzenden Charakter hat, s. o., kann es gemeinsam mit dem verlorenen Stammkapital als Verlust gem. § 17 EStG in Ihrer Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden.
Ich hänge einmal den § 17 EStG an:
§ 17 EStG Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften
(1) 1Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 Prozent beteiligt war. 2Die verdeckte Einlage von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft steht der Veräußerung der Anteile gleich. 3Anteile an einer Kapitalgesellschaft sind Aktien, Anteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Genussscheine oder ähnliche Beteiligungen und Anwartschaften auf solche Beteiligungen. 4Hat der Veräußerer den veräußerten Anteil innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung unentgeltlich erworben, so gilt Satz 1 entsprechend, wenn der Veräußerer zwar nicht selbst, aber der Rechtsvorgänger oder, sofern der Anteil nacheinander unentgeltlich übertragen worden ist, einer der Rechtsvorgänger innerhalb der letzten fünf Jahre im Sinne von Satz 1 beteiligt war.
(2) 1Veräußerungsgewinn im Sinne des Absatzes 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. 2In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 tritt an die Stelle des Veräußerungspreises der Anteile ihr gemeiner Wert. 3Weist der Veräußerer nach, dass ihm die Anteile bereits im Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Absatz 1 zuzurechnen waren und dass der bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Vermögenszuwachs auf Grund gesetzlicher Bestimmungen des Wegzugsstaats im Wegzugsstaat einer der Steuer nach § 6 des Außensteuergesetzes vergleichbaren Steuer unterlegen hat, tritt an die Stelle der Anschaffungskosten der Wert, den der Wegzugsstaat bei der Berechnung der der Steuer nach § 6 des Außensteuergesetzes vergleichbaren Steuer angesetzt hat, höchstens jedoch der gemeine Wert. 4Satz 3 ist in den Fällen des § 6 Absatz 3 des Außensteuergesetzes nicht anzuwenden. 5Hat der Veräußerer den veräußerten Anteil unentgeltlich erworben, so sind als Anschaffungskosten des Anteils die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers maßgebend, der den Anteil zuletzt entgeltlich erworben hat. 6Ein Veräußerungsverlust ist nicht zu berücksichtigen, soweit er auf Anteile entfällt,
a)
die der Steuerpflichtige innerhalb der letzten fünf Jahre unentgeltlich erworben hatte. 2Dies gilt nicht, soweit der Rechtsvorgänger anstelle des Steuerpflichtigen den Veräußerungsverlust hätte geltend machen können;
b)
die entgeltlich erworben worden sind und nicht innerhalb der gesamten letzten fünf Jahre zu einer Beteiligung des Steuerpflichtigen im Sinne von Absatz 1 Satz 1 gehört haben. 2Dies gilt nicht für innerhalb der letzten fünf Jahre erworbene Anteile, deren Erwerb zur Begründung einer Beteiligung des Steuerpflichtigen im Sinne von Absatz 1 Satz 1 geführt hat oder die nach Begründung der Beteiligung im Sinne von Absatz 1 Satz 1 erworben worden sind.
(3) 1Der Veräußerungsgewinn wird zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er den Teil von 9 060 Euro übersteigt, der dem veräußerten Anteil an der Kapitalgesellschaft entspricht. 2Der Freibetrag ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn den Teil von 36 100 Euro übersteigt, der dem veräußerten Anteil an der Kapitalgesellschaft entspricht.
(4) 1Als Veräußerung im Sinne des Absatzes 1 gilt auch die Auflösung einer Kapitalgesellschaft, die Kapitalherabsetzung, wenn das Kapital zurückgezahlt wird, und die Ausschüttung oder Zurückzahlung von Beträgen aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes. 2In diesen Fällen ist als Veräußerungspreis der gemeine Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft anzusehen. 3Satz 1 gilt nicht, soweit die Bezüge nach § 20 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gehören.
(5) 1Die Beschränkung oder der Ausschluss des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile an einer Kapitalgesellschaft im Fall der Verlegung des Sitzes oder des Orts der Geschäftsleitung der Kapitalgesellschaft in einen anderen Staat stehen der Veräußerung der Anteile zum gemeinen Wert gleich. 2Dies gilt nicht in den Fällen der Sitzverlegung einer Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 und der Sitzverlegung einer anderen Kapitalgesellschaft in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union. 3In diesen Fällen ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung dieser Anteile zu besteuern gewesen wäre, wenn keine Sitzverlegung stattgefunden hätte. 4§ 15 Absatz 1a Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.
(6) Als Anteile im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gelten auch Anteile an Kapitalgesellschaften, an denen der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft nicht unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 Prozent beteiligt war, wenn
1.
die Anteile auf Grund eines Einbringungsvorgangs im Sinne des Umwandlungssteuergesetzes, bei dem nicht der gemeine Wert zum Ansatz kam, erworben wurden und
2.
zum Einbringungszeitpunkt für die eingebrachten Anteile die Voraussetzungen von Absatz 1 Satz 1 erfüllt waren oder die Anteile auf einer Sacheinlage im Sinne von § 20 Absatz 1 des Umwandlungssteuergesetzes vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2782, 2791) in der jeweils geltenden Fassung beruhen.
(7) Als Anteile im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gelten auch Anteile an einer Genossenschaft einschließlich der Europäischen Genossenschaft.
Ich hoffe Ihre Anfrage richtig verstanden- und ausreichend beantwortet zu haben. Sollten Rückfragen bestehen, nutzen Sie bitte gerne die Nachfragefunktion.
Sollte meine Antwort zu Ihrer Zufriedenheit ausgefallen sein, würde ich mich sehr über eine Bewertung freuen.
Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuerberater
vereidigter Buchprüfer
Potsdamer Str. 148a, 33719 Bielefeld
Telefon (0521) 92420-0
E-mail: info@ingo-kneisel.de
Internet: www.ingo-kneisel.de
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besten Dank für Ihre ausführliche Antwort.
Meine Befürchtung war, dass ich das Darlehen ausbuchen müsste, wodurch ein außerordentlicher zu versteuernder Ertrag entstünde. Ich entnehme Ihren Ausführungen , dass dies nicht der Fall ist, sondern dass das Darlehen in der (zweiten) Schlussbilanz stehen bleibt und die GmbH so wie sich am Ende des Sperrjahres darstellt gelöscht wird.
Die nächsten Schritte wären also ein Gesellschafterbeschluss, eine Eintragung im Handelsregister (notariell), eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger und die Erstellung einer Schluss- und Eröffnungsbilanz mit Information an das Finanzamt.
Die Aktiva – hier in erster Linie das Anlagevermögen (PKW) – würden versilbert werden und daraus das Darlehen zum Teil zurückgezahlt bzw. alle sonstigen Verbindlichkeiten ( Pflichtkosten wie Handelskammer, Rundfunkgebühren etc. und Steuern getilgt werden.
Bitte um kurze Info, ob meine Annahmen so richtig sind.
Ich plane, den GS-Beschluss am bzw. per 30.06.2017 durchzuführen, so dass die Frage der Verlustverwertung des Darlehens wie von Ihnen beschrieben dann im nächsten Jahr nach der Löschung geklärt werden kann.
Besten Dank schon einmal.
Mit freundlichem Gruß
H. G.
da hat gerade etwas nicht hingehauen. Ich versuche es noch einmal:
Sie haben alles richtig verstanden, das Darlehn bleibt stehen, soweit es nicht zurückgezahlt werden kann. Wichtig für § 17 EStG ist, wie Ihr Gesellschafterdarlehn zu bewerten ist.
Alle Formalitäten haben Sie richtig beschrieben. Zu beachten ist noch, dass das Wirtschaftsjahr der i.L. auch mehr als 12 Monate betragen kann. Steuererklärungen will das FA jährlich.
Sollte meine Antwort zu Ihrer Zufriedenheit ausgefallen sein, würde ich mich sehr über eine Bewertung freuen. Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuerberater, vBP