Kündigung Weiterbildungskosten sofortige Rückzahlung vs Raten
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Meyer,
nach Abschluss eines dualen/berufsbegleitenden Studiums (Bachelor), bei dem der Arbeitgeber Weiterbildungskosten i.H.v. 18 T€ übernommen hat, möchte ich den Arbeitgeber wechseln.
Angehängt finden Sie den Abschnitt bzgl. der Rückzahlungsvereinbarung.
Ist es rechtens den hohen Betrag sofort zurückzuverlangen? Eine Ratenzahlung ist seitens des Arbeitgebers nicht gewünscht.
Mit freundlichen Grüßen
S. H.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Rechtsanwalt Ruben Meyer
Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihre Anfrage über yourxpert.
Sie möchten die Rückzahlungsmodalitäten bezüglich der Kosten für Ihr Studium geklärt wissen.
Im Auszug aus dem Arbeitsvertrag sind dazu folgende Regelungen relevant.
"Für die Vertragslaufzeit während des Studiums:
(1) Die DekaBank fördert das Studium von Herrn H. an der Frankfurt School für das sechste und siebte Semester durch Übernahme dieser Semesterbeiträge gegen Nachweis.
(4) Bei einem Ausscheiden vor Beendigung des siebten Semesters, bei Abbruch des Studiums oder bei endgültigem Nichtbestehen der Abschlussprüfung sind die von der DekaBank gewährten Semesterbeiträge gemäß Absatz (1) sowie die gewährten Leistungen gemäß Absatz (3) durch Herrn H. zurückzuerstatten. Als Fälligkeit gilt der Tag des Ausscheidens bzw. der Tag des Abbruchs oder bei Nichtbestehen der Tag der Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse."
Bereits vorab kann ich Ihnen mitteilen, dass die Vereinbarung laut Vertrag unwirksam ist und Sie daher - jedenfalls für das 5.-7. Semester - keine Rückerstattung leisten müssen.
Aus der Regelung im Arbeitsvertrag ergibt sich folgende Rechtslage:
1. Es wurde lediglich die Übernahme der Kosten für das 5.-7. Semester geregelt. Für die weiteren Semester gibt es keine Regelung. In diesem Zusammenhang stellt sich mir die Frage, ob für diese Semester insgesamt 18 T€ angefallen sind oder ob auch weiter Semester finanziert wurden und ob für die anderen Semester eine weitere Vereinbarung existiert. Ich bitte Sie, dies anhand Ihrer Unterlagen zu prüfen.
2. Nach der Vereinbarung sind bei einem Ausscheiden vor dem Ende des 7. Semesters die gewährten Leistungen (hier wird auch auf das 5. Auslandssemester Bezug genommen und auf eine Zusatzvereinbarung verwiesen, die mir leider nicht vorliegt) zurück zu gewähren.
3. Eine Ratenzahlung wird nicht vereinbart, daher wäre die Gesamtsumme mit dem Ausscheiden fällig.
4. Die Rückzahlungsklausel ist allerdings unwirksam.
Die Rechtslage bezüglich der Wirksamkeit von Rückzahlungsklauseln ist Dank der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts
1. v. 19.01.2011, Az. 3 AZR 621/08
2. v. 13.12.2011, Az. 3 AZR 791/09
3. v. 28.05.2013, Az. 3 AZR 103/12
klar und eindeutig.
Gern kann ich Ihnen diese Entscheidung bei Bedarf übermitteln.
Arbeitgeber müssen die Rückzahlungsklauseln in Weiterbildungsvereinbarungen
aufgrund dieser Rechtsprechung sehr sorgfältig gestalten, um im Falle eines
Ausscheidens des Arbeitnehmers vor Ablauf der Bindungsfrist nicht „mit leeren Händen“ dazustehen.
Voraussetzung für eine wirksame Rückzahlungsklausel ist vor Allem die genaue Definition der Voraussetzungen für die Entstehung der Rückzahlungspflicht. Eine solche genaue Definition wurde in der Vereinbarung, die Sie als Anlage beigefügt haben, nicht vorgenommen.
Eine Unangemessenheit einer Rückzahlungsklausel ergibt sich bereits dann, wenn diese hinsichtlich des die Rückzahlungspflicht auslösenden Tatbestandes „Kündigt
der Mitarbeiter“ bzw. "wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird" zu weit gefasst ist, da diese Formulierung dann auch Kündigungen / Beendigungen erfasst, deren Gründe der Sphäre des Arbeitgebers entstammen.
In der Weiterbildungsvereinbarung wurde die seitens des Bundesarbeitsgerichts
verlangte Differenzierung nicht vorgenommen. Es ist hier eine
Rückzahlungspflicht im Falle einer Beendigung ohne jede Ausnahme formuliert.
Dies umfasst auch denkbare Konstellationen, in der die Eigenkündigung durch Sie durch den Arbeitgeber veranlasst wurde.
Dazu klarstellend das Bundesarbeitsgericht (Entscheidung vom 28.05.2013; 3 AZR
103/12): „Die Klausel knüpft die Rückzahlungspflicht schlechthin an das Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung des Mitarbeiters innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist. Dies stellt eine unangemessene Benachteiligung des Beschäftigten dar, da sie nicht danach differenziert, ob der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Sphäre des Arbeitgebers oder der des Arbeitnehmers entstammt.“
Die Umstände vor Abschluss der Vereinbarung spielen dabei keine Rolle. Auch wenn der Arbeitnehmer die Kostenübernahme wünscht und beantragt, muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass er eine wirksame Weiterbildungsvereinbarung abschließt.
Das Bindungs- bzw. Rückzahlungsrisiko bei einem Ausscheiden liegt angesichts der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts allein beim Arbeitgeber. Er muss im Fall der Übernahme der Finanzierung eine wirksame Regelung zur eventuellen Rückforderungsmöglichkeit treffen.
Fazit:
1. Die von Ihnen vorgelegte Rückzahlungsvereinbarung ist unwirksam. Sie müssen dem Arbeitgeber keine Kosten für das 5.-7. Semester zurück erstatten.
2. Bitte prüfen Sie, ob ggf. weitere Rückzahlungsvereinbarungen existieren und senden Sie mir diese zur Prüfung zu.
3. Sollte der Arbeitgeber die Kosten weiterhin geltend machen, kann ich Sie gern in dieser Angelegenheit vertreten. Hierfür müsste dann eine gesonderte Vereinbarung getroffen werden.
Wenn Sie Rückfragen zu einzelnen Erläuterungen / Formulierungen haben, können Sie gern weitere kostenfreie Nachfragen per E-Mail stellen, bis Sie Klarheit haben.
Freundliche Grüße
Ruben Meyer
Rechtsanwalt und Personalfachkaufmann
Langenweißbach
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