Kündigung Arbeitsverhältnis aus Kurzarbeit/Gehaltszahlung bei Kündigungsfrist
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Ordemann,
beigefügt erhalten Sie das Kündigungsschreiben und das Einverständnis zur Kurzarbeit.
Meine Frage: Ist die in der Kündigung mitgeteilte Regelung in jedem Fall rechtlich bindend?
Ich verstehe meine Kündigung so:
Im April sollte mir mein gesamter restlicher Urlaub bis 30.6. zugeteilt und in Verbindung mit dem Kurzarbeitergeld ausgezahlt werden. Für Mai und Juni lese ich daraus, dass mir mein reguläres Gehalt zusteht (bei Freistellung).
Fakt ist:
Für April wurde mir nur der für April eingereichte Urlaub ausgezahlt plus Kurzarbeitergeld. Bei telefonischer Rücksprache mit der Personalabteilung wurde mir gesagt, dass gerade geprüft wird, ob mir das Gehalt für die 2 Monate überhaupt zusteht oder ob ich lediglich die Zahlungen aus der Kurzarbeit erhalten werde. Es gebe von verschiedenen Stellen dazu unterschiedliche Informationen.
Vorausgesetzt die in der Kündigung festgeschriebene Regelung ist rechtlich bindend:
Ich bitte um eine Antwort, die ich schriftlich an den Arbeitgeber weiterleiten kann. Würde das per Email ausreichen?
Wäre es sinnvoll, in dem Schreiben zu fordern, dass die April-Abrechnung entsprechend korrigiert wird?
Mit freundlichen Grüßen
M. S.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Rechtsanwältin Uta Ordemann
Sehr geehrte Mandantin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, zu der Folgendes anzumerken ist:
1.
Das Kündigungsschreiben datiert vom 30.03.2020. Durch den Boten und den Zeugen wurde dann bestätigt, dass die Kündigung vom 27.04.2020 am 29.04.2020 zugestellt wurde. Eine Kündigung, die das Datum 27.04.2020 trägt, gibt es aber offensichtlich nicht.
Falls das Unternehmen regelmäßig mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt, empfehle ich Ihnen unbedingt, Kündigungsschutzklage zu erheben, da Sie dann Kündigungsschutz haben. In der Regel erwarten die Arbeitsagenturen für den Bezug von ALG 1 auch, dass der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhebt, da hierdurch gleichzeitig dokumentiert wird, dass der Arbeitsplatz nicht freiwillig aufgegeben wurde. Etwas anderes gilt nur dann, wenn es sich um einen Kleinbetrieb handelt, in dem kein Kündigungsschutz besteht. In diesem Fall ist dann die Erhebung einer Kündigungsschutzklage in der Regel nicht erforderlich.
Daher würde ich in Ihrem Fall die Erhebung einer Kündigungsschutzklage empfehlen, da Sie auf diesem Wege möglicherweise auch noch eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes mit dem Arbeitgeber aushandeln können.
Sie sollten vorsorglich auch noch mit der Arbeitsagentur klären, ob die Erhebung einer Kündigungsschutzklage in Ihrem Fall erforderlich ist. Ich würde in jedem Fall aber zu der Erhebung einer Kündigungsschutzklage raten, da der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen von Kündigungsgründen ist. Die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast sind sehr hoch.
2.
Der Arbeitgeber kann Kurzarbeit nur dann einführen, wenn sich der Arbeitnehmer individuell hiermit einverstanden erklärt hat oder die Einführung kollektiv durch eine Betriebsvereinbarung geregelt ist. Sofern es keine Betriebsvereinbarung in dem Unternehmen dazu gibt, muss der Arbeitnehmer hierzu sein Einverständnis erteilen. Häufig sehen Arbeitsverträge eine dahingehende Regelung vor, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, bei Vorliegen der betrieblichen Notwendigkeiten Kurzarbeit einzuführen. Falls es eine solche Regelung in Ihrem Arbeitsvertrag nicht gibt, benötigt der Arbeitgeber noch Ihr gesondertes Einverständnis zur Einführung von Kurzarbeit. Vor diesem Hintergrund hat er offensichtlich die Erklärung "Einverständnis Kurzarbeit" der Kündigung beigefügt.
Selbst wenn Sie diese Erklärung unterzeichnet hätten, wozu Sie nicht verpflichtet sind, kann der Arbeitgeber für Sie aber kein Kurzarbeitergeld mehr beantragen; denn die Einführung von Kurzarbeit für einen Arbeitnehmer setzt voraus, dass das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Antragstellung ungekündigt ist. Das Arbeitsverhältnis ist aber gekündigt, so dass der Arbeitgeber bereits für den Monat April kein Kurzarbeitergeld mehr für Sie beantragen kann: Der Antrag auf Erstattung des Kurzarbeitergeldes wird immer nachträglich für den jeweiligen Vormonat vom Arbeitgeber bei der Arbeitsagentur eingereicht. Da Sie offensichtlich weder Ihr Einverständnis für die Einführung von Kurzarbeit erteilt haben noch das Arbeitsverhältnis ungekündigt ist, kann der Arbeitgeber für Sie auch keine Kurzarbeit einführen und auch keinen Antrag auf Erstattung des Kurarbeitergeldes bei der Agentur stellen.
Das bedeutet, dass Ihr Arbeitgeber Ihnen bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses das volle Gehalt fortzahlen muss. Die April-Abrechnung ist damit zu korrigieren.
3.
Der Arbeitgeber kann auch nicht ohne nähere Konkretisierung bestimmen, dass Ihnen jetzt zunächst Ihr Urlaub gewährt wird und Sie anschließend unwiderruflich von der Erbringung der Arbeitsleistung frei gestellt werden. Wenn er den Resturlaub auf die Freistellungsphase anrechnen will, muss er dies entweder so formulieren, dass Sie unter Anrechnung noch bestehender Resturlaubansprüche bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unwiderruflich von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt sind. Alternativ kann er sonst auch eine dahingehende Formulierung wählen, dass Ihnen von ..............bis.......Ihr Resturlaub gewährt wird und dass Sie anschließend unwiderruflich von der Erbringung der Arbeitsleisung freigestellt sind. Beides hat er hier aber nicht richtig formuliert. Daher muss der Arbeitgeber Ihnen den Zeitraum, in denen Ihnen Urlaub gewährt wird, auch konkret mitteilen. Unterlässt er dies, stellt sich die Frage, ob der Urlaub dann überhaupt schon "verbraucht" ist duch die erfolgte Freistellung während des "angeordneten" Urlaubs.
Ich würde den Arbeitgeber daher jetzt zunächst auffordern, Ihr Gehalt in voller Höhe weiterzuzahlen, da Sie Ihr Einverständnis zur Einführung von Kurzarbeit nicht gegeben haben und unabhängig davon ein Anspruch auf Erstattung von Kurzarbeitergeld gegen die Arbeitsagentur auch nicht besteht, da das Arbeitsverhältnis gekündigt ist. Daher ist auch die Abrechnung für April zu korrigieren. Unabhängig davon würde ich ihn um Mitteilung bitten, wie viele Tage (Rest-)Urlaub Ihnen zustehen.
Parallel dazu empfehle ich Ihnen, kurzfristig Kündigungsschutzklage zu erheben. Die Klage muss innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung bei dem zuständigen Arbeitsgericht eingegangen sein. Sie können diese Klage auch selbst erheben, indem Sie direkt zum Arbeitgericht gehen und die Kündigung mitnehmen. Die zuständige Geschäftsstelle nimmt die Klage dann zu Protokoll und stellt sie dem Arbeitgeber zu.
Falls noch Fragen hierzu bestehen, melden Sie sich jederzeit gern.
Mit freundlichen Grüßen
Uta Ordemann
Rechtsanwältin
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Ich präzisiere meine Frage nochmal dahingehend, ob die Kündigung in Kurzarbeit überhaupt rechtmäßig ist. Und ich möchte wissen, ob mir unter diesen Umständen (unabhängig von einer evtl. Kündigungsschutzklage) die restlichen zwei Monatsgehälter in voller Höhe zustehen. Dazu benötige ich einen Text zur Hand, um die Gehaltszahlungen einzufordern.
Die Frage, ob Ihnen die restlichen 2 Monatsgehälter in voller Höhe zustehen, hatte ich bereits beantwortet. Wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt ist, muss das reguläre Gehalt weiter gezahlt werden. Es besteht dann kein Anspruch mehr auf Kurzarbeitergeld, da dies nur der Überbrückung einer vorübergehenden Auftragsschwanlung in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis dient. Dies ergibt sich auch aus den Durchführungsanweisungen der Bundesagentur. Da der Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld rückwirkend für April beantragt, das Arbeitverhältnis aber im April noch gekündigt wurde, hat er m.E. bereits für den Monat April auch keinen Anspruch auf Erstattung des KUG mehr, da bei diesem Antrag angegeben werden muss, ob das AV ungekündigt ist.
Daher schlage ich den folgenden Text in enger Anlehnung an den vorletzten Absatz meiner Antwort vor:
".....ich weise darauf hin, dass Kurzarbeit nur dann eingeführt werden kann, wenn das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbesteht. Dementsprechend besteht ein Anspruch auf Erstattung des Kurzarbeitergeldes durch die zuständige Arbeitsagentur auch nur dann, wenn das Arbeitsverhältnis des betreffenden Arbeitnehmers ungekündigt ist. Da das Arbeitsverhältnis aber noch im April gekündigt wurde, ist mir das volle Gehalt auch für den Monat April fortzuzahlen. Ich bitte Sie daher, die April-Abrechnung entsprechend zu korrigieren. Auch für die nachfolgenden Monate ist aufgrund des Ausspruchs der Kündigung das volle Gehalt zu zahlen. "
Freundliche Grüße, M. S.
Melden Sie sich immer gern, falls noch einmal Fragen auftreten sollten.
Freundliche Grüße
Uta Ordemann
Mit den besten Grüßen
Uta Ordemann