Krankheitsvertretung
Fragestellung
Hallo,
ich arbeite in der häuslichen Intensivpflege, als 1:1 Betreung, die Patienten muss rund um die Uhr von einem Mitarbeiter versorgt sein.
Bei Krankmeldungen von Kollegen sind wir verantwortlich, Ersatz zu beschaffen. An Wochenenden und auch nach Feierabend der Pflegedienstleitung ist zudem auch niemand aus der Leitungsebene erreichbar. Das führt dazu, dass man dann schon mal einen Nachtdienst an einen Spätdienst anhängen muss oder den Nachtdienst morgens noch um drei Stunden verlängern muss, weil niemand kommt.
Darf der Arbeitgeber uns in diese Verantwortung ziehen den Ersatz besorgen zu müssen, ist es rechtens, dass oft auch niemand erreichbar ist aus der Leitungsebene?
Zudem bin ich allein erziehend mit zwei Kindern und sollte dann aus einem Frühdienst eine Doppelschicht machen, das ist mir nicht möglich, ich kann meine Kinder nicht 12 Stunden allein lassen, sie sind 11 und 13 Jahre alt.
Mündlich wurde mit mir vereinbart, dass ich nur Frühdienste mache und nur die Hälfte der schulfreien Tage, dass möchte man mir aber jetzt absprechen, da dieses ja nicht 8 Jahre aufrecht erhalten werden kann, sagt der Arbeitgeber. Leider ist das nicht schriftlich vereinbart.Diese Änderung möchte der Arbeitgeber jetzt, da er jemanden in unserem Team einstellen möchte, der auch Frühdienste arbeiten möchte.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin Uta Ordemann
Sehr geehrte Mandantin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die wie folgt zu beantworten ist:
1.
Es ist grundsätzlich Sache des Arbeitgebers, den Betrieb zu organisieren und für Krankheitsvertretungen zu sorgen. Dies ist nicht Sache des Arbeitnehmers. Hierfür muss der Arbeitgeber dann ggfls eine Person in der Leitungsebene abstellen, die in solchen Fällen erreichbar ist und Vertretungen organisiert.
Falls der Mitarbeiter, der die Schicht zuvor absolviert hat, noch eine weitere Schicht übernehmen muss, dürften auch die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes überschritten sein. Die tägliche Arbeitszeit beträgt danach 8 Stunden und darf nur in Ausnahmefällen auf 10 Stunden am Tag erhöht werden. Dann ist auch immer für die entsprechenden Ausgleichs- und Ruhezeiten zu sorgen. Sie können daher gegenüber Ihren Arbeitgeber darauf verweisen, dass es nicht Ihre Aufgabe ist, den Betrieb zu organisieren.
2.
Eine andere Frage ist, ob Sie überhaupt regelmäßig zu Mehrarbeit bzw Überstunden verpflichtet sind. Hierzu würde ich nähere Informationen dazu benötigen, ob in Ihrem Vertrag eine generelle Verpflichtung enthalten ist, Mehrarbeit und Überstunden zu leisten. Sollte dies der Fall sein, müssen dabei aber auch immer Ihre privaten bzw. familiären Interessen berücksichtigt werden.
3.
Hinsichtlich der Frühdienste kommt es zunächst darauf an, ob die Lage der Arbeitszeit im Vertrag festgelegt ist, was hier offensichtlich nicht der Fall ist. Vermutlichist in Ihrem Vertrag auch geregelt, dass Änderungen zu Ihrem Arbeitsvertrag immer schrifltich zu vereinbarn sind.. Eine solche Klausel ist in den meisten Arbeitsverträgen enthalten. Eine mündliche Vereinbarung würde dann nicht ausreichen.
Ich gehe aufgrund Ihrer Ausführungen davon aus, dass Sie bislang nicht fast ausschließlich in der Frühschicht tätig waren. In diesem Fall würde sich sonst die Frage stellen, ob eine Konkretisierung der Lage der Arbeitszeit aufgrund betrieblicher Übung eingetreten ist. In diesem Fall müssten Sie aber über einen längeren Zeitraum fast ausschließlich in der Frühschicht tätig gewesen sein.
Falls es keine vertragliche Festlegung und auch keine Festlegung durch betriebliche Übung über einen längeren Zeitraum gibt, kann der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionrechtes die Lage der Arbeitszeit nach § 106 der Gewerbeordnung nach billigem Ermessen näher bestimmen. Das bedeutet, dass er bei der Festlegung der Lage der Arbeitszeit auch Ihre familiären Verpflichtungen mit berücksichtigen muss und die Arbeitszeit nicht einseitig willkürlich festgelegt werden kann. Falls Sie wegen Ihrer schulpflichtigen Kinder nicht 12 Stunden von zuhause wegbleiben können, muss der Arbeitgeber dem bei der Festlegung der Lage der Arbeitszeit Rechnung tragen und darf nicht nur seine betrieblichen Belange berücksichtigen. Im Übrigen hat er bei der Festlegung der Arbeitszeit insbsondere auch immer die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes zu beachten. Das kann insbesondere bei der Ableistung von Doppelschichten relevant werden.
Falls Sie noch weitere Fragen haben, melden Sie sich jederzeit gern.
Mit freundlichen Grüßen
Uta Ordemann
Rechtsanwältin
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