Kooperationsvertrag: Regelung im Falle Firmenverkauf
Beantwortet in unter 1 Stunde
Fragestellung
Hallo,
ich bin seit 3,5 Jahren im digitalen Werbebereich tätig (als Einzelunternehmer) und habe damals einen Kooperationsvertrag mit einem französischen Unternehmen unterschrieben und habe diesem Unternehmen dafür eine Pauschalgebühr bezahlt.
Damals haben wir rein analogische Werbeflächen vertrieben, dass heißt keine digitale Medien. Die Entwicklung des Know-Hows im digitalen Bereich haben wir gemeinsam vorgenommen. Vor Verkauf meines Betriebes war ich ausschließlich im digitalen Bereich tätig, auch wenn im beigefügten Kooperationsvertrag (siehe Anlage) steht, dass der Kooperationspartner mir "eventuell andere Produktneuheiten anbieten kann".
Heute habe ich meinen Betrieb verkauft und der ehemalige Kooperationspartner verlangt von der Gesellschaft, die meinen Betrieb erworben hat, dass sie ihm die gleiche Lizenzgebühr wie ich ihm damals bezahlt habe, bezahlt. Eventuell wäre er auch einverstanden, dass ich ihm diese Gebühr bezahlen würde.
Im Kooperationsvertrag steht, dass ich die Gesamtkonzeption (damals und zu Erinnerung auf analogische Medien bezogen) nicht veräußern darf.
Das kann ja wohl nicht sein? Könnte mir jemand bestätigen, dass nichts gegen den Verkauf meines Betriebes spricht und, dass weder ich noch der Erwerber den ehemaligen Kooperationspartner erneut irgendwelche Vergütung bezahlen muss?
Es ist nicht als ob ich meinen Betrieb weiterbesitzen und das Know-How an einen Drittern veräußern würde.
Zur Ergänzung möchte ich dazu mitteilen, dass der ehemalige Kooperationspartner und ich geografisch uns nicht auf den gleichen Vertriebsgebieten befinden, so dass den Verkauf keine neue Konkurrenz für ihn bildet.
Danke im Voraus für die Beantwortung dieses Rechtsfalles.
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Antwort des Experten
Sehr geehrter Ratsuchender,
vorausschicken darf ich, dass anhand der Umstände des Einzelfalles ggf. zu überprüfen ist, ob nicht französisches Recht auf diese Vertrag Anwendung findet. Der Vertragspartner, die "Agentur" hat ihren Sitz in Frankreich. Auch erfolgte - jedenfalls nach dem Vertrag - die Übergabe der Unterlagen und die Einarbeitung ebenfalls in Frankreich. Damit bestehen deutliche Berührungspunkte zum französischen Recht.
Nach der "ROM I"-Verordnung (VO (EG) Nr. 593/2008), dort Art. 4 Abs. 1, hängt es von der Natur des Vertrages ab, welches Recht anwendbar ist. Ohne Details der Zusammenarbeit zu kennen ist die Einordnung schwierig. Ausgehend von der Bezeichnung Kooperationsvertrag ist der Vertrag als mit einem "Vertriebsvertrag" oder gar einem "Franchisevertrag" vergleichbar anzusehen. Für derartige Verträge gilt nach Art. 4 Abs. 1 lit. e) und f) ROM-I-VO deutsches Recht.
Hinzu kommt aber auch, dass der Vertrag eine offenkundig enge Beziehung zu Deutschland hat. So mag es zwar sein, dass nach Art. 4 Abs. 2 ROM-I-VO auch französisches Recht zur Anwendung berufen sein kann. Art. 4 Abs. 3 ROM-I-VO stellt dann jedoch klarstellend auf das Recht des Staates ab, zu dem der Vertrag eine engere Bindung hat. Hier ist zu sehen, dass der Vertrag in deutscher Sprache verfasst ist, die Agentur auch einen Sitz in Saarbrücken hat (§ 1 am Ende) und dort auch weitere Schulungen stattfinden sollen.
Damit ist zur Bewertung deutsches Recht maßgeblich.
Die fragliche Klausel, dass "die Gesamtkonzeption" nicht an Dritte veräußert werden darf ist damit zunächst nach hiesigen Grundsätzen auszulegen. Der Vertrag bezeichnet als "Gesamtkonzeption" die in § 1 aufgelistete Erstaustattung. Die Auflistung steht unter der Überschrift "Die Gesamtkonzeption besteht aus:"
Somit enthält die Bestimmung in ihrem Kerngehalt - wie der sich daran anschließende Satz zur Geheimhaltung auch bestätigt - lediglich eine Regelung dahingehend, dass die von der "Agentur" erhaltenen Unterlagen und Werbematerialien etc. und insbesondere deren Konzeption (s. Auflistung) nicht veräußert werden darf.
Die Frage, ob Sie Ihren Betrieb als solchen verkaufen dürfen, ist davon nicht betroffen. Nach dem Vertrag ist es folglich so, dass Sie Ihren Betrieb mit dem von Ihnen erworbenen Know-How, Kundenstamm etc. verkaufen dürfen. Die von der Agentur erhaltenen Unterlagen, Werbemittel etc. dürfen Sie jedoch nicht veräußern.
Sollte der Erwerber Ihres Betriebes diese Mittel nutzen wollen und diese Produkte künftig vermarkten wollen, hat er sich selbst mit der Agentur zu einigen. Durch den Verkauf Ihres Betriebes ist jedenfalls kein Übergang des Vertrages mit der Agentur erfolgt.
Der Verkauf Ihres Betriebes hat - jedenfalls dann, wenn Sie keine juristische Person gegründet hatten - im Wege der Übertragung der Einzelrechtsverhältnisse zu erfolgen. Den Kooperationsvertrag mit der Agentur können Sie jedoch nicht übertragen. Sie sind zudem zur Geheimhaltung der Informationen von der Agentur verpflichtet. Veräußern Sie Ihren Betrieb, bleibt der Kooperationsvertrag folglich bei Ihnen. Sie bleiben verpflichtet, die Gebühr von 14.500 Euro zu zahlen (sollten Sie diese nicht ohnehin längst bezahlt haben). Der Erwerber hat mit der "Agentur" keine Verbindung.
Zusammengefasst:
Sie haben Recht! Weder der Erwerber noch Sie selbst sind verpflichtet, ein zweites Mal die Gebühr von 14.500 Euro zu bezahlen. Allenfalls könnte die Agentur Schadensersatzansprüche aus der Verletzung der vertraglichen Geheimhaltungsverpflichtung gegen Sie geltend machen, wenn Sie dem Erwerber die "Gesamtkonzeption" mit verkauft haben. Sie bleiben der Kooperationspartner der Agentur und sollten den Vertrag beenden, da Sie Ihren (übrigen) Betrieb verkauft haben.
Ich hoffe Ihre Frage verständlich und umfassend beantwortet zu haben und verbleibe mit den besten Grüßen,
S. Jordan
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Einfach klasse!
vor allem möchte ich mich bei Ihnen herzlich bedanken für die ausführlichen Erklärungen.
Ein Satz im Vertrag beschäftigt mich jedoch noch, und zwar Seite 3 unter §5 Sonstiges: "Die Agentur bietet dem Vertragspartner eventuell andere Produktneuheiten an, sofern er diese in seinem Programm aufnehmen möchte".
Kann die Agentur mir vorwerfen, dass der Erwerber meines Betriebes jetzt mit digatalen Medien arbeiten, die wir gemeinsam entwickelt hatten, auch wenn diese nicht in der urspünglichen Gesamtkonzeption beinhaltet waren?
Ansonsten haben Sie alle meine Fragen mit großer Sorgfalt beantwortet und meine Bewertung wird sehr positiv sein.
In Erwartung Ihrer Antwort verbleibe ich,
mit freundlichen Grüßen
Christophe Meyer
Die von Ihnen zitierte vertragliche Regelung habe ich mir nochmals angesehen. die Bestimmung besagt, dass die Agentur (eigene) Produktneuheiten anbieten kann, wenn Sie dies im Rahmen des Kooperationsvertrages wünschen.
Offenbar wurde Ihrerseits aber nicht der Wunsch geäußert, weitere Produkte der Agentur vertreiben zu dürfen. Zudem ist nach dieser Regelung gänzlich offen, was die Konsequenz des Anbietens weiterer Produkte sein soll. Mit anderen Worten: Eine Gegenleistung (Kaufpreis, Lizenzgebühr, Ratenzahlung etc.) kann aus dieser Klausel heraus nicht gefordert werden.
Es kann sich allenfalls die Frage stellen, ob Sie geschütztes Know-How erworben haben und die Agentur bei dem Vertrieb der digitalen Medien stets in gewissem Umfang (Provision) daran mitverdiente. Dies ist dann allerdings keine Frage dieses Kooperationsvertrages sondern vielmehr eine Frage, wie das Verhältnis zwischen Ihnen und der Agentur im übrigen ausgestaltet war.
Jedenfalls steht fest: Der Kooperationsvertrag bietet keine Grundlage dafür, dass vom Erwerber oder von Ihnen nochmals 14.500 Euro gefordert werden. Wenn Sie zusammen ein Produkt entwickelt haben (digitale Medien), dnan stellt sich die Frage, ob nicht ein mündlicher Vertrag besteht, wenn Sie stets eine Provision auch für die digitalen Medien zu zahlen hatten bzw. unter wessen Label diese vertrieben wurden etc.
Jedenfalls: Auf der Grundlage Ihrer Schilderungen sehe ich für Sie die einzige Veranlassung dahingehend, dass Sie die Medien und Informationen, die im Vertrag als "Gesamtkonzeption" beschrieben sind (die Auflistung), nicht an den Erwerber weiter geben dürfen.
Beste Grüße und einen schönen Abend.
S. Jordan
ich möchte mich herzlich bei Ihnen bedanken für die Präzision und die Qualität Ihrer Antwort.
Ihre Arbeit werde ich mit sehr positiv bewerten.
Mit freundlichen Grüßen,
C. Meyer