Kindesunterhalt - Welche Kosten entfallen auf Mutter/ Vater
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Joachim,
mein Exmann und ich haben zwei Kinder (7 und 3 Jahre), leben getrennt seit dem 15.10.2015 und sind seit dem 11.11.2016 rechtskräftig geschieden.
Mit meinem neuen Partner habe ich ein gemeinsames Kind (9 Monate).
Mein Exmann zahlt für die beiden Kinder einen Unterhalt, den ich nicht rechtsverbindlich prüfen lassen habe, laut Aussage einer Anwältin bei pro familia aber in etwa passt (zum Zeitpunkt kurz vor der Scheidung). Seitdem wurde der Unterhalt von meinem Exmann gekürzt, aufgrund der Tatsache, dass ich das Kindergeld ab August 2016 erhielt.
Mein Exmann erhielt bis Juli 2016 das komplette Kindergeld für beide Kinder. Der Kinderfreibetrag von 2 war bis Dezember 2015 auf ihn eingetragen.
Unsere beiden Kinder sind im Wechsel bei meinem Exmann und mir (etwa 60% bei mir, 40% bei ihm).
Nun meine Frage:
Wie verhält es sich bezüglich der Ausgaben vom Unterhalt? Was genau muss ich hiervon zahlen, was entfällt auf meinen Exmann?
Aktuell zahlt mein Exmann Kitagebühren sowie Schulbetreuung. Ich bezahle die Verpflegungsgelder, das heißt Essensgeld Schule + Kita, Kleidung, Sportvereine, Kurse, sonstiges etc..
Dadurch, dass ich drei Kinder habe, profitiert mein Exmann zum Teil von Geschwisterboni bei den Gebühren (bspw. für Kita und Schule). Er verlangt aber von mir, dass ich z.B. Kleidung etc. ausreichend auch für die Zeit, wo die Kinder bei ihm sind, anschaffe. Was für mich eine doppelte Ausgabe bedeutet, da sie ja 40% bei ihm sind.
Wie bereits erwähnt, erhielt mein Exmann das Kindergeld und den Freibtrag bis Mitte letzten Jahres. Wie kann man diesbezüglich verfahren?
Ist es möglich, diese finanziellen Angelegenheiten überhaupt ohne einen Anwalt hier vor Ort zu regeln? Ich arbeite nicht und kann die Prozessbeihilfe nur für gerichtliche Auseinandersetzungen in Anspruch nehmen.
Für Ihre Rückmeldung besten Dank im Voraus!
Freundliche Grüße
M. M.
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Antwort von Rechtsanwalt und Mediator Christian Joachim
Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für die Frage und das damit entgegengebrachte Vertrauen.
Grundsätzlich ist es so, dass in Ihrem Fall Ihnen der Kindesunterhalt für die beiden Kinder vollständig zusteht, da sie zwar eine Art Wechselmodells im Rahmen des Umgangs betreiben, dieses allerdings kein echtes Wechselmodells ist, da die Zeiten, in denen sich die Kinder bei Ihnen und dem Kindesvater befinden nicht gleich lang sind.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und anderer Gerichte liegt etwa dann kein echtes Wechselmodell vor, wenn die Betreuungsleistungen wie zum Beispiel bei Ihnen hier bei 40 zu 60 liegt. damit bleibt es bei dem Anspruch auf Unterhaltszahlung gegen den Elternteil, der eine geringere Betreuungsleistungen erbringt.
Dies bedeutet, dass eine Kürzung des Kindesunterhaltes nicht zulässig ist und viel mehr nach der Düsseldorfer Tabelle die entsprechenden Tabellen Unterhaltsbeiträge zu zahlen wären, abzüglich jeweils des hälftigen Kindergeldes.
Sofern der Kindesvater teilweise diese Unterhaltszahlungen auf anderem Weg erbringt, könnte diese angerechnet werden. Dabei ist es allerdings so, dass, wenn man strikt auf die Barunterhaltszahlung abstellt, sämtliche Dinge, die in die Lebensführung der Kinder fallen, auch finanziell, sofern es kein Sonderbedarf oder Mehrbedarf ist, in den Bereich des überwiegend betreuenden Elternteils fällt. Des bedeutet, dass dieser dann aus den Barunterhaltszahlungen auch sämtliche Kosten bestreiten muss, der nicht überwiegend betreuende Elternteil muss dann natürlich auch den vollen Barunterhalt an den anderen Elternteil zahlen.
Insofern sind vom Unterhalt sämtliche Ausgaben durch den überwiegend betreuenden Elternteil zu leisten, sofern es keine andere Vereinbarung gibt.
Für den Umgang kann dies ebenfalls eine entsprechende Folge sein, wenn es keine andere Vereinbarung gibt, zum Beispiel hinsichtlich der Kleidung. Der Elternteil, bei dem der Umgang stattfindet, muss durchaus auch entsprechende Kleidung vorhalten. Auch hier ist eine einvernehmliche Regelung sinnvoll, um eine ausufernde Ausstattung der Kinder zu verhindern.
Grundsätzlich sind abweichende Regelungen einvernehmlich möglich, es sollte allerdings darauf geachtet werden, dass dann dem überwiegend betreuenden Elternteil keine Nachteile entstehen, insbesondere auch dann, wenn zum Beispiel der andere Elternteil über ein höheres Einkommen verfügt.
Das Kindergeld stände sodann demjenigen zu, bei dem sich die Kinder überwiegend aufhalten. Dies wäre in diesem Fall sie.
Dabei ist es allerdings notwendig, gegenüber der Familienkasse eine Berechtigtenbestimmung zu treffen, was bei Ihnen nunmehr wohl erst ab Juli 2016 geschehen ist. Man müsste dann für die vergangenen Monate prüfen, inwieweit hier der Kindesvater entweder kein Kindergeld hätte bekommen dürfen und ob gegebenenfalls zu wenig Unterhalt gezahlt worden ist, da, wenn der Kindesvater den vollständigen Unterhalt erhält, selbstverständlich auch keine hälftige Anrechnung des Kindergeldes auf den Barunterhalt hätte erfolgen dürfen.
Sofern Unterhaltsansprüche bereits für den zurückliegenden Zeitraum geltend gemacht worden sind, können Sie möglicherweise auch noch Nachzahlungen einfordern.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass ab dem Jahr 2017 die Unterhaltsbeträge gestiegen sind, so dass hier auch gegebenenfalls eine Neuberechnung notwendig wäre.
Grundsätzlich, sofern dies möglich ist, können Sie versuchen, sich mit dem Kindesvater zu einigen und Sie können auch, falls das nicht klappt, die Hilfe des Jugendamtes in Anspruch nehmen. Hier stehen Ihnen grundsätzlich keine Kosten, da Sie eine entsprechende Beistandschaft beim Jugendamt beantragen können. Das Jugendamt wird dann die Unterhaltsansprüche berechnen, geltend machen und gegebenenfalls auch durchsetzen.
Hinsichtlich des Freibetrages haben Sie ebenfalls Anspruch auf die Hälfte der Kinderfreibeträge, d.h. hier, einen Kinderfreibetrag bei zwei Kindern.
Auch hier müsste man, lenkt der Kindesvater nicht ein, gegebenenfalls im Rahmen der Steuererklärung die Übertragung verlangen. Dies würde allerdings, weigert sich der Kindesvater, wohl nur gerichtlich funktionieren.
ich hoffe, dass ich ihre Fragen zunächst hilfreich beantwortet habe und stehe Ihnen gerne weiterhin zur Verfügung.
Über eine anschließende positive Bewertung freue ich mich.
Viele Grüße
Christian Joachim
Rechtsanwalt
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vielen Dank für Ihre Antwort.
Sie schreiben: ...wenn man strikt auf die Barunterhaltszahlung abstellt, sämtliche Dinge, die in die Lebensführung der Kinder fallen, auch finanziell, sofern es kein Sonderbedarf oder Mehrbedarf ist, in den Bereich des überwiegend betreuenden Elternteils fällt. Des bedeutet, dass dieser dann aus den Barunterhaltszahlungen auch sämtliche Kosten bestreiten muss,...
Heißt dies: ich muss für sämtliche Ausgaben aufkommen, d.h. neben Verpflegungskosten, Kleidung, Sonderausgaben für Sport/ Freizeit etc. auch Kindergarten- und Schulgebühren?
Für Ihre Rückmeldung besten Dank im voraus!
Freundliche Grüße
Die beiden Elternteile müssen natürlich weiterhin gemeinsam für die Kinder sorgen. Hierzu gehört sodann auch eine gerechte Aufteilung der allgemeinen Kosten, die Kindertagesstätte, Schulgebühren et cetera.
Dies bedeutet also, dass nicht nur sie, sondern genauso der andere Elternteil für diese Ausgaben aufkommen muss, die monatlich insgesamt anfallen.
Nur für die Kosten, die bei Ihnen konkret entstehen, zum Beispiel Besuch des Kinos oder Eintrittsgelder, Kauf von Kleidung für den Aufenthalt bei Ihnen et cetera - für diese müssten sie dann natürlich aufkommen. Diese fallen dann aber auch, wie auch die monatlichen Zahlungen grundsätzlich, in den Bereich des Unterhaltes und werden entweder durch den Naturalunterhalt oder den Barunterhalt abgedeckt.
Gerne können Sie sich weiter an mich wenden.
Viele Grüße
Christian Joachim
Rechtsanwalt