Kassen führung Heilpraktiker
Fragestellung
1.
"Müssen Heilpraktiker ihre Bareinnahmen für jeden Patienten einzeln und namentlich erfassen oder reicht die Erfassung der Tageseinnahme aus?
2.
Ist der Heilpraktiker verpflichtet, für jeden Patienten eine Quittung auszustellen, wenn dieser eine solche nicht braucht oder möchte?
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Antwort von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Sehr geehrter Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ich möchte Ihnen nachfolgend im Rahmen einer Erstberatung einen Überblick über die steuerlichen Besonderheiten Ihres vorgetragenen Sachverhalts geben:
Sie erzielen im Rahmen Ihrer Heilpraktikertätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Diese ermitteln Sie durch Einnahme-Überschussrechnung, nehme ich an. Die Leistungen aus der Heilpraktikertätigkeit sind umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 14a UStG.
Da diese Fragen ein brisantes Thema, nämlich die Kassenführung betreffen, möchte ich nachfolgend Ihnen umfangreicher antworten:
Unabhängig von der Art der Gewinnermittlung besteht für den Unternehmer die Verpflichtung, Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben durch Belege nachzuweisen. Für die Bilanzierung und die Einnahmen-Überschuss-Rechnung gibt es unterschiedliche Regelungen, wie die Einnahmen und Ausgaben aufzuzeichnen sind.
Die Aussage der finanzgerichtlichen Rechtsprechung ist eindeutig: Wer seinen Gewinn mithilfe einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt, ist nicht verpflichtet, ein Kassenbuch zu führen.
Die Begründung lautet: Bei einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung werden im Gegensatz zur Bilanzierung keine Bestandskonten ausgewiesen, also auch kein Kassenkonto. Das bedeutet, dass Betriebseinnahmen, die in bar vereinnahmt werden, sofort ins Privatvermögen übergehen, also vom Unternehmer privat entnommen werden. Im Gegensatz dazu muss bei einer Bilanzierung eine Barkasse geführt werden, die den Kassenbestand nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ausweist.
Dass Einnahmen-Überschuss-Rechner kein Kassenbuch führen müssen, bedeutet jedoch nicht, dass sie darauf verzichten können, ihre Umsätze (also auch ihre Barumsätze) vollständig aufzuzeichnen.
Die Aufzeichnungspflicht gilt immer, also auch für Barumsätze. In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, ob der Unternehmer seine Umsätze ausschließlich oder überwiegend in bar abwickelt, oder die Bareinnahmen geringfügig sind.
Aufzeichnung der Bareinnahmen bei einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung: Vollständig, zeitgerecht und geordnet
Aus § 146 Abs. 1 AO und § 147 AO ergibt sich, dass Unternehmer ihre
• Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen haben und
• Kasseneinnahmen und Kassenausgaben täglich festhalten sollen.
Wie dies im Einzelnen geschehen soll, ist weder im Steuerrecht noch im Handelsrecht geregelt. Bei einer einfachen Einnahmen-Überschuss-Rechnung können die Buchführungsunterlagen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen in der geordneten "Belegablage" bestehen. Aber auch die Belegablage muss den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen. Das bedeutet, dass bei einer Belegablage im Rahmen einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung
• die Bareinnahmen und Barausgaben anhand von Rechnungen und Quittungen nachgewiesen werden können,
• die chronologisch nach dem Tag des Geldeingangs bzw. Geldabgangs abgelegt und
• in einer zusätzlichen Liste erfasst werden, in der die Ein- und Ausgaben eingetragen werden (handschriftlich oder per EDV, z. B. mit Excel-Tabellen).
Was Einnahmen-Überschuss-Rechner unbedingt tun sollten
• Rechnungskopien für die eigenen Unterlagen erstellen bzw. alle Ausgangsrechnungen ein 2. Mal für die eigenen Unterlagen ausdrucken.
• Auf den Rechnungskopien vermerken, ob der Betrag bar vereinnahmt wurde oder ob er aufs Konto überwiesen wurde.
• Der Einnahmen-Überschuss-Rechner braucht dann nur eine Liste, in die er alle Einnahmen einträgt.
• Gesonderte Listen sind nicht erforderlich, wenn sich die entsprechenden Daten unmittelbar aus den Konten der EDV-Buchführung ergeben.
§ 22 UStG enthält die Aufzeichnungspflichten, die für die Umsatzsatzsteuer erfüllt werden müssen. Danach ist der Unternehmer verpflichtet, seine Einnahmen einzeln und getrennt nach Steuersätzen aufzuzeichnen. Dabei muss er festhalten, wann er die Rechnung ausgestellt hat und wann der Kunde die Rechnung bezahlt hat. Ein Kassenbuch ist gem. § 22 UStG nicht erforderlich. Umsatzsteuerlich ist es ohne Bedeutung, ob die Beträge bar vereinnahmt oder auf das Konto überwiesen wurden.
Die umsatzsteuerlichen Aufzeichnungspflichten müssen lt. BFH auch bei der Gewinnermittlung für Zwecke der Einkommensteuer beachtet werden.
Einnahmen-Überschuss-Rechner haben bei allen Beträgen, die sie bar erhalten bzw. bar zahlen, die Wahl, sich für eine der beiden folgenden Lösungen zu entscheiden:
• Sie führen ein Kassenbuch (= geschlossene Kassenführung), das sämtliche Bargeldbewegungen beinhaltet (es muss jede Barzahlung, jede Privatentnahme bzw. Privateinlage oder Bareinzahlung bei der Bank im Kassenbuch erfasst werden).Diese Variante sollten Einnahmen-Überschuss-Rechner nicht wählen, auch nicht bei umfangreichen Bareinnahmen! Kassenberichte zur Ermittlung der Einnahmen können hingegen sinnvoll sein.
• Sie zeichnen alle Bargeldbewegungen ohne Kassenbuch (Kassenführung) getrennt voneinander auf, wie z. B. Einnahmen, Betriebsausgaben, Entnahmen und Einlagen. Die Belege über bar bezahlte Betriebsausgaben, die z. B. aus dem Portemonnaie bezahlt wurden, müssen aufbewahrt werden, wie es auch bei allen anderen Belegen erforderlich ist.
Erleichterung bei großem Barzahlungsgeschäft
Erleichterungen gibt es, wenn eine Vielzahl von Geschäften mit oft nur geringen Beträgen gegen Barzahlung an unbekannte Personen ausgeführt werden. Hier ist es unzumutbar, jede Bareinnahme einzeln zu erfassen. Aus diesem Grund dürfen Tageseinnahmen auch summarisch ermittelt werden.
Erst ab einem Betrag von 15.000 EUR pro Kunde müssen die Barverkäufe zwingend einzeln aufgezeichnet und der Name und die Anschrift des Kunden sowie der Inhalt des Geschäfts angegeben werden (Meldepflicht nach dem Geldwäschegesetz).
Die Tageseinnahmen dürfen nicht summarisch ermittelt werden, wenn es sich um Bareinnahmen handelt in bestimmten einzelnen Branchen wie Autowerkstätten. In diesen Fällen müssen also die Daten der Kunden festgehalten werden.
Vorlagepflicht nur bei gesetzlicher Aufzeichnungspflicht
Wie Bargeldbewegungen ohne Kassenbuch zu erfassen sind (Kassenführung)
Wenn Unternehmer ihre Einnahmen-Überschuss-Rechnung mit einer einfachen Belegablage ermitteln, müssen sie ihre Belege über Einnahmen und Ausgaben geordnet ablegen. Es reicht aus, wenn sie auf ihrer Ausgangsrechnung vermerken, ob und wann der Kunde bar gezahlt hat.
Bei einer EDV-Buchführung sollte
• das Konto "Kasse" 1000 beim SKR 03 bzw. 1600 beim SKR 04 nur dann verwendet werden, wenn tatsächlich ein vollständiges Kassenbuch geführt wird,
• ohne Kassenbuch das Konto "Verrechnungskonto für Gewinnermittlung § 4/3 EStG, ergebniswirksam" 1370 beim SKR 03 bzw. 1485 beim SKR 04 verwendet werden.
Besser und zweckmäßiger ist es jedoch, wenn
• die Bareinnahmen als Erlös gebucht und als Gegenkonto das Konto Privatentnahmen verwendet wird. (Buchungssatz: Privatentnahmen an Erlöse)
• bar bezahlte Betriebsausgaben auf das jeweilige Aufwandskonto gebucht werden und als Gegenkonto das Konto Privateinlagen verwendet wird. (Buchungssatz: Betriebsausgaben an Privateinlagen).
Entscheiden Sie für Ihre Einnahme-Überschussrechnung und Ihren Aufzeichnungen dazu, wie Sie es handhaben wollen. Im übrigen sind Sie nicht verpflichtet, eine Rechnung an Privatpersonen zu erstellen, wenn diese es nicht benötigt, zum Beispiel für deren Steuererklärung.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen.
Mit freundlichen Grüßen
Jeannette Uhlig, Steuerberaterin
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danke für die Ausführungen.
Aber doch nochmals kurz nachgefaßt. Müssen Heilpraktiker dem Patienten eine Quittung ausstellen, sofern er diese nicht verlangt und eine Kopie als beleg nehmen.
Wenn ich es richtig verstehe, reicht also zur Erfassung der Einnahmen die Tageseinnahme insgesamt und es muß nicht jeder Patient einzeln, sei des in einem Kassenbuch oder an anderer Stelle erfaßt werden. Ist das richtig.
Weiteres Honorar für die ergänzende Beantwortung erforderlich?
gerne gehe ich nachfolgend auf die Fragen:
Wenn Sie im Rahmen einer Einnahmen-Überschussrechnung kein Kassenbuch führen, sind Sie dennoch verpflichtet, Bargeldbewegungen und den Bargeldbestand nachvollziehbar zu dokumentieren. Belege über Einnahmen und Ausgaben sind chronologisch zu ordnen, Einnahmen müssen mindestens tagesweise in einer Liste aufgezeichnet werden. Am einfachsten ist es für Sie, die Einnahme der Geldbeträge sich quittieren zu lassen. Dies ist aber nicht vorgeschrieben.
Sollten Sie aber ein Kassenbuch führen, ist dies an strenge Regelungen gebunden, an die Sie sich auch halten müssen. Hier haben Sie auf jeden FALL jede Bareinnahme einzeln zu erfassen.
Mit freundlichen Grüßen
Jeannette Uhlig
Ich zahle gerne noch einen Zuschlag, wenn dies erforderlich ist.